Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
für dich bedeutend ungefährlicher, wenn wir getrennt …«
»Nein, Sadik!«, fiel Tobias ihm scharf ins Wort. »Ich will davon nichts mehr hören! Und ein Junge bin ich auch nicht! Ich stehe meinen Mann – wie du hoffentlich zu deinem Wort stehst, das da hieß: Wir halten zusammen!«
Der Araber räusperte sich. »Also gut, vergiss, was ich vorgeschlagen habe. Wir bleiben zusammen. Womit das Problem, wie wir allzu große Aufmerksamkeit auf der Landstraße und in den Ortschaften vermeiden können, aber nicht gelöst ist.«
»Uns ist bisher noch immer etwas eingefallen«, sagte Tobias zuversichtlich und konnte sich eine Spitze nicht verkneifen: »Wo bleibt nur dein Vertrauen auf Allah, der doch mit den Rechtschaffenen ist?«
Sadik grinste. »Es ist ungebrochen. Doch der kluge Beduine bindet seine Kamele erst an, bevor er sich gen Mekka wendet und Allahs Güte preist.«
Tobias fand die Gelegenheit günstig über seinen Herzenswunsch zu sprechen. »Wir sollten uns noch nicht gen Speyer wenden. Es ist erst eine Woche her, seit wir von Falkenhof geflüchtet sind. Bis nach Speyer ist es nicht mehr weit. In zwei Tagen könnten wir bei den Detmers sein.«
»Richtig.«
»Aber was dann? Mit Jakob Weinroths Eintreffen ist frühestens in zweieinhalb Wochen zu rechnen. Dieser Musikus und seine Frau, die Dichterin, mögen ja nette Leute sein und uns aus Freundschaft zu Onkel Heinrich so lange in ihrem Haus beherbergen. Doch fast drei Wochen an einen Ort gebunden zu sein, zu warten und zu hoffen, dass Zeppenfeld uns nicht schon wieder auf die Spur gekommen ist, gefällt mir gar nicht.«
»Mir auch nicht. Aber was sollen wir deiner Meinung nach dann tun? Du klingst mir so, als wüsstest du auf diese Frage schon eine Antwort, Tobias.«
»Nun ja, ich schlage vor, dass wir nicht nach Süden weiterziehen, sondern die nördliche Richtung einschlagen und versuchen in die Gegend von Worms zu gelangen.«
»Nach Worms und damit wieder zurück ins Großherzogtum Hessen-Darmstadt?«, fragte Sadik verblüfft. »Wenn das ein gerissener Schachzug sein soll, so ist er dir wirklich gelungen, denn ich verstehe ihn absolut nicht – und also wird auch Zeppenfeld seine Schwierigkeiten damit haben.«
Tobias blieb der leicht spöttische Unterton in Sadiks Stimme nicht verborgen. »Sicher wird er das. Dass wir wieder nach Norden gehen, vermutet er nie. Damit führen wir ihn also erst einmal in die Irre.«
»Möglich. Aber früher oder später müssen wir umkehren und wieder nach Süden«, sagte Sadik. »Also was bringt uns das? Da steckt noch etwas anderes hinter deinem Vorschlag. Ich kenne dich doch. Nun rück schon endlich damit heraus!«
Tobias zuckte ein wenig verlegen mit den Schultern. »Na ja, vielleicht treffen wir dabei auf Jana.«
»Jana?«, echote sein arabischer Freund verdutzt. »Habe ich richtig gehört? Du willst dieses Zigeunermädchen suchen?«
Tobias ging sofort hoch. »Jana ist kein Zigeunermädchen, das weißt du genau. Sie ist Landfahrerin, Kartenleserin und Akrobatin. Als sie vom Falkenhof aufbrach, hat sie mir gesagt, dass sie nach Worms fahren und unterwegs an den jeweiligen Mai-Jahrmärkten teilnehmen wird. Also warum sollen wir nicht unterwegs auf sie treffen?«, sprudelte es ihm über die Lippen, als hätte er Angst, Sadik könnte ihm ins Wort fallen und sein Anliegen als völlig lächerlich und undurchführbar ablehnen. »In der Zeit, die inzwischen verstrichen ist, kann sie gar nicht viel weiter als bis Worms gereist sein. Außerdem haben wir ja Zeit genug und nichts zu verlieren.«
»Du willst also von Volksfest zu Volksfest ziehen und nach deiner Jana Ausschau halten?«
Tobias schoss das Blut ins Gesicht. »Sie ist nicht meine Jana.«
»Was du nicht sagst!«, spöttelte Sadik.
»Gut, ich mag sie und würde sie gerne Wiedersehen. Aber tu du jetzt nicht so, als hättest du sie nicht auch in dein Herz geschlossen. Wer hat sie denn auf Falkenhof gesund gepflegt und nächtelang an ihrem Krankenbett gesessen?«, ereiferte sich Tobias. »Sogar ihren Affen Unsinn hast du neben dir geduldet! Dabei kannst du Affen doch sonst auf den Tod nicht ausstehen!«
Ein Schmunzeln huschte über das Gesicht des Arabers. »Mir ging es allein um ihre rasche Gesundung. Ansonsten sind Weiber …«
Tobias drohte ihm mit dem Zeigefinger: »Komm jetzt bloß nicht wieder mit Sprüchen wie: ›Die Frauen sind die Fallstricke des Satans!‹ oder ›Die Hölle ist gepflastert mit Weiberzungen!‹ Das verfängt nicht mehr bei mir und
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