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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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leben.
    »Heute wieder miese Laune, Petrowitsch?«, fragte Ursus gelassen, doch der Zug um seine Augen verriet eine Spur von Ärger.
    »Ist es denn ein Wunder, wenn man mit so einem Schwachkopf an seiner Seite Tag für Tag erwachen muss?«, gab der Kopf über der linken Brusthälfte zur Antwort.
    »Tut mir leid, Kleiner, ich bemühe mich ja nur mich deinem Niveau anzupassen«, erwiderte der rechte Zwilling. »Aber trotz größter Mühe gelingt es mir nur sehr selten so tief hinabzusteigen, dass du was kapierst.«
    »Du hast nichts als Hühnerscheiße im Kopf, Iwanowitsch, die dir den letzten Grips weggebrannt hat!«
    »Und du weißt nicht einmal, wie man so ein Wort buchstabiert, Petrowitsch!«
    Ursus wandte sich Tobias zu. »Bostia, ich habe das zweifelhafte Vergnügen, dir Iwanowitsch und Petrowitsch vorzustellen«, sagte er ironisch und vollführte eine dementsprechende Geste zu ihnen hin. »Nicht, dass sie tatsächlich Russen wären. Sie haben soviel russisches wie ich blaues Blut in den Adern – nämlich nicht einen lausigen Tropfen. Aber als siamesische Zwillinge aus dem Land der blutrünstigen Kosaken lassen sie sich nun mal besser verkaufen.«
    »Oh!«, war alles, was Tobias herausbrachte. Von siamesischen Zwillingen hatte er in der Enzyklopädie seines Onkels gelesen. Doch nie hätte er geglaubt, dass er einem solchen Paar einmal wirklich gegenüberstehen würde.
    »Dieses reizende Zwillingspaar zählt zu Meilers ›besten Pferden‹ im Stall«, fuhr Ursus etwas geringschätzig fort. »Immer ein Renner, wenn es darum geht, wer den dämlichen Gaffern durch ihren Anblick den schaurigsten Schauer über den Rücken jagt. Doch ihr wirklicher Lebensinhalt ist es, Kain und Abel zu spielen. Sie sind so gegensätzlich wie Feuer und Eis. Und sie hätten sich schon längst gegenseitig den Schädel eingeschlagen, wenn es da nicht das Dilemma gäbe, dass der Mord am anderen gleichzeitig auch Selbstmord bedeutet.«
    »Eines Tages ist mir auch das egal. Aber was verstehst du schon davon, du Muskelaffe!«, entgegnete Petrowitsch schroff.
    »Sag’ ich’s doch: Die Dummheit der Menschen ist grenzenlos, vor allem die meines kleinen Zwillingsbrüderchens«, höhnte Iwanowitsch.
    »Spiel dich bloß nicht so auf! Nur weil du dich mit deinem Querschädel ein paar Sekunden früher als ich in die Welt geschoben hast, bist du noch längst nicht mein großer Bruder!«, schimpfte Petrowitsch und drohte ihm mit der Faust.
    Tobias war von dem skurrilen Streit der siamesischen Zwillinge abgestoßen und fasziniert zugleich. Und er fragte sich, wie diese bitterböse Auseinandersetzung wohl ausgehen mochte. Doch der Streit fand ein abruptes Ende.
    Ein kleiner, schmächtiger Mann mit Halbglatze und dichtem Walrossbart, gekleidet in einen schwarzen Anzug mit gerüschter Hemdbrust, tauchte plötzlich zwischen den Wohnwagen auf. Mit wehenden Rockschößen eilte er auf sie zu.
    »Oje!«, stöhnte Ursus gedämpft auf. »Das ist Melli Meiler, der geschäftstüchtige Windhund, der uns in Brot und Arbeit hält. Er nennt sich Direktor oder auch Showmaster. Das hat er aus Amerika, wo er mal eine große Nummer war. Jedenfalls behauptet er das. Wie auch immer: Jetzt setzt es Zunder!«
    Melchior Meiler baute sich vor den Zwillingen auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. Sein Gesicht war hochrot wie eine reife Tomate und die pomadisierten, hochgezwirbelten Enden seines Schnurrbartes zitterten vor Erregung. »Seid ihr von allen guten Geistern verlassen, ihr Einfaltspinsel?«, herrschte er sie an und seine
    Stimme war für seinen schmächtigen Körperbau von überraschender Kraft und Schärfe. »Was habt ihr hier draußen zu suchen? Ich nehme Eintritt dafür, dass man einen Blick auf euch werfen darf! Wollt ihr mein Geschäft ruinieren, indem ihr Tölpel einfach vor dem Zelt herumspaziert und euch jedem zeigt, ohne dass er mir einen Kreuzer in die Kasse geworfen hat? Aber sagt es mir nur, wenn ihr eure eigene Vorstellung hier draußen haben und von Dreck leben wollt! Dann setze ich euch auf die Straße und ziehe ohne euch weiter! Das heulende Elend wird über euch Streithähne hereinbrechen, und dann habt ihr höllischen Grund euch endlich die Schädel einzuschlagen, weil ihr ohne mich und mein Kabinett nämlich elendig krepieren werdet!«
    »Ich habe damit nichts zu tun, Herr Direktor«, beteuerte Petrowitsch. »Mein Bruder wollte unbedingt rumspazieren und ich konnte ihn nicht davon abhalten.«
    »Lüg doch nicht! Du wolltest diesem drallen

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