Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
Gebetsteppich?«
Tobias hob die Hand. »Alles der Reihe nach! Wir sind erst noch bei der Nilquellen-Expedition, an der auch ein gewisser Eduard Wattendorf und Armin Graf von Zeppenfeld teilnahmen, beides Jugendfreunde meines Vaters.«
Gaspard machte eine verblüffte Miene. »Zeppenfeld ist ein Freund deines Vaters – und trachtet dir nach dem Leben?«
Tobias verzog verächtlich das Gesicht. »Mein Vater glaubte damals, Zeppenfeld wäre sein Freund und ein Mann, auf den er sich auch in kritischen Situationen verlassen könne. Das hat sich leider als folgenschwerer Irrtum herausgestellt.«
»Was ist das überhaupt für ein Mann?«, wollte Gaspard wissen.
»Sadik konnte mir über ihn auch nicht viel berichten. Er soll früher einmal Offizier beim Militär gewesen sein, und so zackig und forsch wie ein Offizier auf dem Paradeplatz spricht er auch. Er soll wegen eines Skandals seinen Abschied genommen haben, aber das ist nur ein Gerücht. Sicher ist nur, dass er recht wohlhabend ist – und ein skrupelloser Ehrgeizling, der von Ruhm und Ehre ohne viel Arbeit träumt!«
»Und was ist mit diesem Eduard Wattendorf?«
»Er war, wie es hieß, der Spaßmacher der Gruppe. Ein Lyriker und Schriftsteller mit viel Begeisterung, aber wenig Talent. Sadik hat ihn mal als einen Mann der großen Worte bezeichnet, der sich zu großen Taten berufen fühlte und dann erkennen musste, dass er seinen Träumen in der Wirklichkeit nicht gewachsen war. Wattendorf hat meinen Vater nicht weniger bitter enttäuscht als Zeppenfeld,
während Roland und Burlington unverbrüchlich zu ihm gestanden und gemeinsam mit ihm alle Gefahren gemeistert haben, was ihre Freundschaft noch vertieft hat. Aber darauf komme ich gleich.«
»Sadik hat an dieser Expedition auch teilgenommen?«
Tobias nickte. »Sadik war damals schon seit Jahren der treue Begleiter meines Vaters. Begleitet von ihm, Wattendorf, Zeppenfeld, Roland und Burlington brach er also zu seiner zweiten Nilquellen-Expedition auf. Sie kamen jedoch nicht über Chartoum hinaus, weil sich die Stämme in dem Gebiet im Krieg befanden. Zudem waren die vier von den Strapazen der vergangenen Monate geschwächt und fieberkrank. Die Expedition stand unter einem schlechten Stern, wie Sadik erzählte. Jedenfalls mussten sie umkehren. Sie wollten nach Omsurman, einer größeren Handelsniederlassung an der Küste. Sie blieben auch weiterhin vom Unglück verfolgt, starben doch unterwegs mehrere Kamele. Zudem verloren sie durch die Unachtsamkeit eines Teilnehmers den Inhalt von mehreren Wasserschläuchen. Es kam nie heraus, wer daran schuld war, aber alles deutete auf Wattendorf hin. So konnten sie von Glück reden, dass sie auf halber Strecke nach Omsurman auf eine große Karawane stießen, die wie sie zum Roten Meer wollte und der sie sich anschließen durften. Der Führer, Scheich Abdul Batuta, nahm sie mit großer Gastfreundschaft auf, und so zogen sie gemeinsam durch die Wüste. Bis dann jene Nacht kam, in der Zeppenfeld das Unglück heraufbeschwor.«
Gaspard beugte sich gespannt vor. »Was geschah in dieser Nacht?«
»Im Gefolge des Scheichs befand sich eine bildhübsche junge Frau, die einem Mann in Omsurman versprochen war«, berichtete Tobias. »Ihr Name war Tarik, was übersetzt ›Nachtstern‹ bedeutet. Der Himmel allein mag wissen, was in Zeppenfeld gefahren sein mochte, aber er beging als Gast der Beduinen eine unverzeihliche Todsünde: Er stellte dieser Frau nach und drang in ihr Zelt ein, während alle anderen um das Lagerfeuer saßen und sich die Geschichten um das ›Verschollene Tal‹ anhörten, das sich in jenem Gebiet, in dem sie sich gerade aufhielten, der Legende nach befinden sollte. Zeppenfeld war jedoch allein an Tarik interessiert, die laut um Hilfe schrie, als er sich zu ihr ins Zelt schlich und zudringlich wurde, ohne auch nur im Geringsten von ihr dazu ermutigt worden zu sein. Das Lager befand sich sofort in größtem Aufruhr. Die Beduinen, deren Gastfreundschaft er so schändlich missbraucht hatte, verlangten seinen Tod. Und sie hätten Zeppenfeld auch getötet, wenn mein
Vater, obwohl er voller Abscheu für die Tat seines Freundes war, sie nicht beschworen hätte, sein Leben zu verschonen.«
Jana lachte bitter auf. »Er hätte es besser nicht getan – nun ja, wer weiß«, setzte sie gleich einschränkend hinzu.
»Ja, der Meinung war Sadik auch«, meinte Tobias. »Aber für meinen Vater war es eine Frage der Ehre, in dieser Situation trotz allem zu Zeppenfeld zu
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