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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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Nicos Ton ein, er musste jede Form von Provokation vermeiden. Zeit gewinnen, dachte er, nur Zeit gewinnen. Irgendwie hatte er die Hoffnung, dass demnächst Polizisten den Keller stürmen und diesen Wahnsinnigen festnehmen würden.
    »Könntest du mir bitte einen Sherry oder, noch besser, einen Schnaps bringen? Vielleicht auch eine Zigarette. Hab seit Jahren keine mehr geraucht.« Vielleicht war das ja die bessere Strategie, hoffte Walcher.
    »Wünsche, der Herr Journalist äußert Wünsche. Schau an, schau an.«
    Walcher hatte nicht damit gerechnet, dass dieser Wahnsinnige tatsächlich auf seine Bitte eingehen würde, aber der verließ den Keller und kam Minuten später mit einem Wasserglas in der Hand und einer brennenden Zigarette im Mund wieder zurück.
    Beinahe zärtlich drückte Nico Walchers Kinn ein wenig in die Höhe, setzte ihm das Glas an die Lippen und flößte ihm die Hälfte des Inhalts ein. Walcher musste heftig schlucken, ohne probieren zu können, was er da zu trinken bekam. Wie flüssiges Feuer brannte das Zeug auf der Zunge und in der Kehle. Erst als er das Glas nicht mehr an den Lippen spürte, erkannte die Zunge, dass es sich um irgendeinen geschmacklosen Schnaps handelte. Wodka vielleicht, aber Walcher kam mit seiner Analyse nicht weiter, denn Nico drückte ihm bereits die Zigarette zwischen die Lippen, und Walcher zog daran und inhalierte den Rauch mit einem tiefen Zug.
    »Na, tut das gut, mein Freund?«
    Walcher konnte nicht antworten. Der Schnaps im Magen, der Rauch in der Lunge, und dann explodierte in seinem Kopf eine ganz anders geartete Welle des Schmerzes … Das war keine Zigarette, registrierte er, das war ein Joint, und zwar in höchstmöglicher Konzentration.
    Auch Nico zog daran, steckte Walcher dann den Joint wieder zwischen die Lippen und tat so, nachdem Walcher artig inhaliert hatte, als wollte auch er noch mal einen Zug nehmen, änderte jedoch die Bewegung der Hand zum Mund und drückte stattdessen die brennende Zigarette in Walchers rechtes Ohr.
    Nach einem Lidschlag des Begreifens versuchte Walcher sich den glühenden Stummel aus dem Ohr zu schütteln, aber der steckte fest, und seine Hände waren an das Rohr gekettet. In Panik rieb er sein Ohr an der hochgezogenen Schulter, aber dadurch drückte er den Stummel nur noch tiefer ins Ohr. Der Gestank wie kokelnde Schafwolle überlagerte den Apfelduft im Keller. Walcher unterdrückte seinen Impuls, mit dem Fuß nach Nico zu stoßen, dafür stieß er einen gellenden Schrei aus, mit dem Erfolg, dass sein Kopf zu explodieren schien.
    »Ein kleiner Ohrwurm«, Nico lachte irre und schlug sich vor Heiterkeit auf die Schenkel. »Wie wär’s mit einem Schluck zum Löschen? Ohne eine Antwort abzuwarten, flößte er Walcher den Rest vom Schnaps ein.
    Walcher verschluckte sich, würgte und hustete gequält. Und plötzlich presste etwas seinen Brustkorb zusammen und die Luft aus den Lungen – Angst. Die Vision, diesen Keller nicht mehr lebend zu verlassen, war derart real, dass sie allen Schmerz, der in seinem Körper tobte, vergessen machte.
    Nico zog den Zigarettenstummel aus Walchers Ohr. »Sie ist ausgegangen. Sicher möchtest du noch mal ziehen, mein Freund.«
    Nur schemenhaft nahm Walcher wahr, dass sein Peiniger den Keller verließ. War das sein Ende, verdammte Scheiße, wer war der Kerl? Der Alkohol, oder war es der Joint, aktivierte seine Gehirnzellen. Walcher konnte klar denken, zumindest bildete er es sich ein. Zeit gewinnen … Zeit gewinnen? Hatte das einen Sinn? Hatte er überhaupt eine Chance, diese Tortur zu überleben? Irgendwie spürte er seinen Körper nicht mehr. Er dachte an die Opfer von Folterungen, die er vor Jahren in Serbien heimlich interviewt hatte. Jetzt war er das Opfer. Würde er jemals darüber berichten können? Mit aller Kraft zerrte er an dem Stahlrohr, aber das hatte er ja schon versucht, als er aus seiner Betäubung aufgewacht war. Es war sinnlos, das Rohr saß fest. Er versuchte es trotzdem und gegen jede Vernunft. Aber was war in seiner Situation schon vernünftig?
    Walcher zog sich an dem Rohr hoch, bückte sich, packte es unten, wo es aus dem Boden kam, und zog daran, aber sein rechtes Bein knickte einfach weg, so, als gehöre es nicht zu ihm.
    In welchen Horrorstreifen war er hier hineingeraten? Schweiß stand ihm auf der Stirn. In seinem Kopf hämmerte es wie in einer Schmiede. Der Alkohol wirkte, sein Körper wurde zunehmend taub und schlaff. Die anregende Wirkung war verflogen, jetzt fühlte er

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