Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
sondern hier, direkt vor unserer Nase, werden immer noch zahlreiche Kinder missbraucht.«
Walcher dachte daran, was Doro am Vortag im Zusammenhang mit den Erlebnissen der Kinder gesagt hatte: »Ich weiß, wovon ich spreche.« »Jetzt versuche ich mich als Hellseher, auch wenn es sehr indiskret ist. Sind Sie als Kind missbraucht worden?«
Doro sah ihn groß an und nickte dann zögernd. Es war nur ein kleines Nicken, dafür stand in ihrem Gesicht aber plötzlich eine tiefe Trauer. »Ach, wissen Sie«, begann Doro, und Walcher war gespannt, was er nun erfahren würde, »vielleicht ein andermal. Übrigens«, lenkte Doro vom Thema ab, »vorhin habe ich zwei Männer neben der Scheune gesehen.«
Walcher blieb äußerlich ruhig, stand aber sofort auf, ging zur Terrassentür und machte sie zu, ebenso schloss er das Küchenfenster. Dann eilte er zur Haustür und drückte sie ins Schloss. Ein leises Klacken war zu hören, als er den kleinen Hebel neben der Tür umlegte.
Doro war ihm gefolgt und beobachtete interessiert, wie er schließlich auch noch die Eisentür zur ehemaligen Scheune kontrollierte, im Wohnzimmer, in der Toilette und im unteren Badezimmer nachschaute, ob dort ein Fenster offenstand, und zwei gekippte Fenster schloss.
»So«, lächelte er sie an, »jetzt haben wir erst einmal unsere Ruhe.«
Dann rief er Brunner an, der sofort am Telefon war, als ob er das Handy bereits in der Hand gehalten hätte. Walcher erzählte ihm von den zwei Männern, die sich bei seiner Scheune herumtrieben, und wollte wissen, wie er sich verhalten sollte. Die Polizei in Weiler verständigen oder was?
»Nichts«, tönte Brunners Stimme lautstark aus dem Handy. »Doch, bringen Sie ihnen was zu trinken, es sind meine Leute, die sich bei Ihnen ein bisschen die Beine vertreten. Auch morgen und übermorgen übrigens wieder. Sie kommen die Polizei richtig teuer, und ich kann mich bald nach einem neuen Job umsehen, aber ich will kein Risiko eingehen.«
Walcher grinste und erklärte Doro den Grund seiner Heiterkeit.
»Wo wir gerade dabei sind«, war Walcher in seinem Element, weil es die Situation wieder mal erlaubte, die Sicherheitssysteme im Haus vorzuführen. »Nicht, dass ich ein überängstlicher Mensch wäre, aber hier im Parterre ist das Haus so gesichert, dass man glatt eine Bank installieren könnte. Die Haustür ist mit Stahlstiften verstärkt, eine Technik, wie sie bei Tresoren angewendet wird. Mit dem kleinen Hebel neben der Tür habe ich sie aktiviert. Die Fenster bestehen aus dicken Stahlrahmen mit Sicherheitsglas, das sogar Schüssen aus einem Maschinengewehr standhalten würde. Die Mauern sind doppelwandig und innen mit Stahlbeton ausgegossen. Und in der Küche – einen Moment, das zeige ich Ihnen auch – lassen Sie mit diesem Schalter ein Stahlrollo herunter, das ebenfalls ziemlich viel aushält …«
Walcher sah Doros Blick und vermutete, dass sie auf eine Erklärung wartete, warum er das Haus mit einer derartig aufwendigen Sicherheitstechnik ausgestattet hatte. Zunächst aber drückte er ihr ein Glas Sherry in die Hand, prostete ihr zu und meinte: »Kompliment, wie Sie die Ruhe bewahrt haben!«
Doro schüttelte den Kopf: »Wieso denn nicht? Ich wusste ja schließlich, dass der Kommissar Ihren Hof bewachen lassen wollte.«
Da verschluckte sich Walcher beinahe. »Ach ja? Trotzdem, sollte Ihnen da draußen noch mal irgendwas verdächtig vorkommen, verriegeln Sie erst Türen und Fenster und rufen dann die Polizei. Hier dringt, wie gesagt, keiner so schnell ein, jedenfalls nicht in der Zeit, bis die Polizei hier ist. Die Sicherheitsmaßnahmen haben sich bei der Renovierung des Hauses ergeben«, lieferte er seine Erklärung nach. »Die Türen und Fenster waren ein Sonderangebot der Baufirma, bei der diese Sachen herumlagen. Der Bauherr, für den sie bestimmt gewesen waren, hatte Pleite gemacht. Also bekam ich dieses Sicherheitspaket sogar günstiger als ganz normale Materialien. Und inzwischen war ich schon einige Male sehr froh über meine Festung, denn manchmal bringt es mein Beruf mit sich, dass sich hier zwielichtige Gestalten herumtreiben. So, ich soll den Jungs draußen was zu trinken bringen, hat mir Brunner aufgetragen.«
Dorothea Huber hatte wieder ihr Strahlen aufgesetzt und stieß mit Walcher an. »Danke für die Instruktionen, ist in jedem Fall sehr beruhigend … auch dass Sie kein Neurotiker sind, wie ich kurz befürchtete.«
Walcher lächelte, vermutlich dachte sich das jeder, dem er die
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