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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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Prostitution, Schutzgelderpressung, Menschen-, Drogen-, bis hin zum Waffenhandel und womit immer sich sonst Geld machen ließ, seien es Autos, Öl, Gas, Gold, Edelsteine, Ikonen, Pelze oder Antiquitäten. Das Spektrum seines Firmenimperiums hätte dem Beteiligungs-Portfolio einer modernen Bank alle Ehre gemacht. Dank seines Händchens für alle möglichen wirtschaftlichen Transaktionen wuchs sein Unternehmen rasch zu einem der führenden Syndikate Russlands. Erstaunlicherweise gab sich Ilija damit zufrieden und bekämpfte seine Mitkonkurrenten nicht, sondern betrachtete sie als »belebend fürs Geschäft« und nannte sie »meine lieben Mitbewerber«.
    »Meine Mitbewerber helfen mir, Märkte zu erschließen, und halten mir die Behörden vom Leib, die sonst meine Monopolstellung angreifen müssten. Warum also sollte ich sie bekämpfen?«, lautete seine Devise.
    Ilijas einzige und wirklich große Leidenschaft war allerdings nicht sein Geschäft, sondern seine Frau, eine überaus intelligente, bildschöne und faszinierende Person, die er mindestens alle vier Wochen am liebsten ermordet, auf den Mond geschossen oder in der Tiefsee versenkt hätte, um sie dann doch als seine angebetete Göttin auf den Thron seiner Liebe zu heben. Reja-Mira berief sich stolz auf ihre bojarische Familiengeschichte und ihre Zugehörigkeit zum alten russischen Hochadel. Seit dem Zarenerlass von 1818 allerdings, der damals alle Adeligen aufforderte, ihre Abstammung per Geburtsurkunde oder mit anderen schriftlichen Urkunden zu belegen – was die wenigsten konnten –, war in der Familie der Irrsinn ausgebrochen und setzte sich in unterschiedlicher Ausprägung bis in die Gegenwart hinein fort. Dass die derzeitigen Mitglieder der Familie, die noch heute auf ihrem Stammsitz lebten, bekannt wie bunte Hunde waren, verdankten sie wohl diesem Umstand. Den Stammsitz, der nach der Oktober-Revolution enteignet worden war, hatte Reja-Miras Großvater auf verschlungenen Wegen vom russischen Staat zurückgekauft und in eine Psychiatrie umgewandelt. Dort versammelte er einen skurrilen Hofstaat von psychisch Kranken um sich. Mit ihnen als Hilfskräften bewirtschaftete er die zum Schloss gehörende Landwirtschaft, alles mit dem Segen der Kommunisten und unter der Leitung eines echten Psychiatrieprofessors, seines Schwagers. Ob sich Reja-Mira nur dem Ruf ihrer Familie verpflichtet fühlte oder tatsächlich psychisch krank war, interessierte niemanden. Und wer würde sich darüber schon ohne Not äußern, gab es da doch ihren Mann, Ilija, den Boss.
    Wie von der Kraft des Mondes gesteuert, verhielt sich Reja-Mira mit schöner Regelmäßigkeit nur eine Woche im Monat so, wie Ilija sie unwiderstehlich süchtig machend fand: zärtlich, herzlich, liebesbedürftig, gesprächig, offen, verständig, ihm ewige Treue und Liebe schwörend. In den übrigen drei Wochen litt Ilija unter ihren unkontrollierbaren Wutausbrüchen, die schon ein unbedachtes Räuspern von ihm auslösen konnten.
    Darauf folgten Depressionen, die Ilija jegliche Lebenskraft raubten. Dazwischen herrschte eine Art explosiver Waffenruhe, die nur durch Distanz halbwegs gewahrt blieb. Kaum hatte er sich aber in seinen separaten Wohntrakt geflüchtet, litt er unter Verlustängsten, soff Tage und Nächte durch und hasste sich, seine Frau und jeden, der ihm über den Weg lief, dafür. Rappelte er sich endlich wieder auf, liebte er seine Reja-Mira oder hätte sie wieder am liebsten in der Tiefsee versenkt oder auf den Mond geschossen, und dieses Drama wiederholte sich regelmäßig.
    Seit einem Jahr hatte er sich angewöhnt, bei den ersten Anzeichen der »Verrücktzeit«, wie er Reja-Miras Phase der Unberechenbarkeit nannte, auf Geschäftsreise zu gehen. Das wiederum führte dazu, dass die Erträge stiegen, denn die Anwesenheit des Bosses stachelte die Verantwortlichen der Tochtergesellschaften und Niederlassungen im In-und Ausland zu Höchstleistungen an. Sein Grundsatz, »Mieteinnahmen sind gut, Mietausgaben schlecht«, veranlasste ihn, eine Vielzahl an Immobilien zusammenzukaufen.
    Allein die deutsche Tochterfirma besaß einen über die ganze Republik verstreuten millionenschweren Besitz an Wohnhäusern, Bürobauten, Hotels, Restaurants und Gewerbeobjekten, wie eben auch das Firmengebäude samt Lagerhalle der Spedition in Berlin-Schwanebeck.
    Die Mieteinnahmen aus diesen Immobilien fanden Eintrag in den Geschäftsbüchern der deutschen Tochter, nirgends hingegen wurde verbucht, dass der in Gorki aktive

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