Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
wie von Wellen, die das Ufer überspülten - wie eine Schiffbrüchige auf einem unbekannten Ozean. Sie drehte sich zu Bardelph um.
»Bardelph, wir stehen tief in Eurer Schuld. Ich kann Euch als Dank nur ein herzliches Willkommen anbieten, wann immer Ihr an unserem Haus vorbeikommt. Alduin bleibt vielleicht in Sanforan, aber ich habe nicht vor sehr lange dort zu verweilen ...«
»Was meinst du damit?«, rief Alduin aus. Er war ihm noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass seine Mutter vielleicht nicht in der Stadt bleiben wollte.
Aranthia schüttelte den Kopf und lächelte ihn liebevoll an. »Wenn man so jung ist wie du, genießt man jede neue Erfahrung. Ich dagegen vermisse schon jetzt mein stilles Haus und kann es kaum erwarten, dorthin zurückzukehren. Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde auf jeden Fall eine ganze Weile bei dir bleiben und erst abreisen, wenn ich ganz sicher bin, dass du allein zurechtkommst.«
Sie legte die Faust auf die Brust und streckte Bardelph dann die Hand entgegen. »Reist sicher und in Frieden! Ich hoffe, wir sehen uns eines Tages wieder.«
Auch der Raide berührte seine Brust und verbeugte sich. »Mögen Eure Schritte leicht bleiben und Euer Herz sich emporschwingen wie ein Falke«, antwortete er feierlich. »Auch ich hoffe, dass wir uns wieder begegnen.« Er wandte sich zu Alduin und fuhr ihm durch das Haar. »Und du, mein Junge, hast ein großes Abenteuer vor dir, wenn ich mich nicht täusche. Wenn Calborth noch lebt, richte ihm Grüße von mir aus. Wenn dir andere Schwierigkeiten machen, wende dich an ihn, er ist ein guter Mann. Und jetzt lass mich noch einen letzten Blick auf den Marven werfen!«
Er öffnete den Korb, griff vorsichtig hinein und hob Rihscha zu Alduins Erstaunen heraus. Der kleine Falke saß in seinen Händen wie in einem Nest. Seine Farbe änderte sich bereits; grün und blau schimmernde Federn bedeckten nun seine zarten Flügel. So klein er auch war, so stolz gebärdete er sich bereits.
»Das wird wirklich ein prächtiger Falke«, verkündete Bardelph, sodass es nicht nur Alduin, sondern auch ein paar Männer hören konnten, die in der Nähe beisammen standen. Er setzte Rihscha sorgfältig in den Korb zurück.
»Danke«, sagte Alduin und ahmte den Gruß nach, den er bei seiner Mutter beobachtet hatte. »Danke für alles ... Wir hatten wirklich sehr viel Glück, dass Euer Staken zerbrach und Euer Weg Euch zu unserem Haus führte!«
Bardelph grinste. »Wer so geschliffen reden kann wie du, wird wohl kaum Probleme bekommen!«
Aranthia und Alduin nahmen ihre Taschen sowie Rihschas Korb und gingen die Hauptstraße aus gestampftem Lehm entlang, bis sie zur Dorfmitte kamen. Die Häuser an der Straße waren einfach, aber massiv gebaut, die meisten hatten nur ein Stockwerk, eine Haustür, zwei Fenster und ein strohgedecktes Dach. Als sie weitergingen, eröffnete sich ihnen ein Platz, umrahmt von erhabenen Gebäuden. In der Mitte stand eine große Eberesche. Auf einer Seite sahen sie einen zweistöckigen Gasthof mit weiß getünchten Mauern. Die Eingangstür verbarg sich hinter einem gewölbten Torbogen. Von dort aus führte auch ein Weg zu den Ställen und den Nebengebäuden hinter dem Gasthof. Sie traten in die Wirtsstube. Drinnen war es düster, kühl und sehr ruhig. Es roch angenehm nach einer Mischung aus Bienenwachspolitur und süß duftendem Pfeifentabak. Der ganze Raum war voller langer dunkler Holztische mit Sitzbänken an beiden Seiten. Alles war bereit für die Gäste, die nach Sonnenuntergang eintreffen würden.
»Ist hier jemand?«, rief Aranthia.
Eine freundlich aussehende, dicke Frau schob sich durch die Schwingtür im hinteren Teil der Gaststube und kam auf sie zu, wo bei sie sich die Hände an der Schürze abtrocknete. Diese Geste erinnerte Alduin so sehr an seine Mutter, dass er sich sofort wie zu Hause fühlte und die Frau freundlich anlächelte. Sie erwiderte sein Lächeln und hieß die beiden willkommen. »Da bin ich. Was kann ich für Euch tun? Abendessen? Ein Zimmer für die Nacht?«
»Beides, danke«, nickte Aranthia. »Wir sind eben mit dem Floß angekommen und möchten uns erst einmal frisch machen.«
»Die Waschräume sind hinten auf dem Hof, neben den Ställen. Ihr könnt sie gerne benutzen. Aber lasst mich Euch erst einmal Euer Zimmer zeigen.«
Die Wirtin führte sie durch einen kurzen Flur und ein paar Treppenstufen hinauf. Sie betraten ein kleines, gemütliches Zimmer mit zwei einfachen, aber bequemen Betten. Neben dem Kamin
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