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Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Titel: Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
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bist ...«
    Aranthia brach ab; offenbar wartete sie auf seine Antwort.
    »Aber wie kann ein Kind erkennen, was es ist?«, fragte er schließlich. »Lernen wir das nicht erst, wenn wir älter werden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Was ein Kind ist, ist Teil seines Wesens«, erklärte sie. »Es ist vollkommen. Im Laufe der Jahre lernt es, sich selbst auszudrücken, seine Gaben und Talente zu entwickeln. Es ist wie ein ewiger Kreislauf. Ein Kind wird niemals leugnen, wer es ist, es sei denn, man bringt es ihm bei. So war es auch bei mir - ich habe einen Teil von mir verleugnet und dann habe ich auch dir beigebracht einen Teil von dir zu verleugnen. Und das tut mir zutiefst Leid.«
    »Aber, Mutter, du hast nichts Falsches getan! Nichts braucht dir Leid zu tun!«
    Aranthia seufzte und lächelte ihren Sohn wehmütig an. »Du hast Recht. Was geschehen ist, ist geschehen. Es ist besser, in der Gegenwart zu leben, denn dann hat die Vergangenheit keine Gewalt mehr über uns. Wir können sie loslassen.«
    Eine Weile saßen sie in Gedanken verloren, bis Alduin schließlich nickte und sagte: »Ich habe nicht alles verstanden, was du sagst, aber ich spüre, dass du Recht hast. Irgendwie habe ich es schon immer gewusst, weil ich ständig durch viele Kleinigkeiten daran erinnert werde. Ich will versuchen immer daran zu denken ...«
    »Wie Madi immer sagt«, unterbrach ihn Aranthia flüsternd und benutzte bewusst die Gegenwartsform. »Versuche es nicht ... erinnere dich einfach ...«
    »Lebe hier, lebe jetzt«, ergänzte Alduin, »wie wenn ich mit Rihscha fliege.«
    Wieder schwiegen sie eine Weile, dann wechselte er das Thema und strahlte sie stolz an. »Wir haben die Nebelsängerin gefunden!«
    »Aber das ist wunderbar!«, rief sie aus. »Erzähle mir alles darüber!«
    Alduin erklärte ihr ausführlich, wo und wie sie nach ihr gesucht hatten und dass es letztlich Erilea gewesen war, die sie gefunden hatte.
    »Wenn ich es mir richtig überlege«, fügte er kleinlaut hinzu, »hätten wir uns viel Ärger ersparen können, wenn ich nicht so viel Angst gehabt hätte. Ich habe mir einfach zu viele Sorgen um Erilea gemacht und habe ihr immer nur Halbwahrheiten gesagt. So zog sie prompt auf eigene Faust los und geriet in noch größere Gefahr, als wenn ich ihr von Anfang an angeboten hätte mit dabei zu sein.«
    »Daran solltest du beim nächsten Mal denken«, nickte Aranthia zustimmend.
    »Nächstes Mal? Du glaubst also, dass es noch nicht vorüber ist?«, fragte Alduin erstaunt.
    »So habe ich es nicht gemeint, aber ...«, begann sie und brach ab. Ihr Blick wurde nachdenklich, schien sich nach innen zu kehren. Dann schüttelte sie entschlossen den Kopf. »Nein ... ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Es hat keinen Zweck, nur Vermutungen anzustellen! Wir werden einfach abwarten müssen, was geschieht.«
    Alduin nickte, aber die Besorgnis in ihrer Stimme war nicht zu überhören gewesen. Vielleicht war es wirklich besser, sich auf das wunderbare Gefühl zu konzentrieren, das er empfand, wenn er mit seinem Falken flog.
     
    Pünktlich zur zweiten Glocke betraten Alduin und Erilea das Ratsgebäude und wurden in die beeindruckende Bibliothek geführt. Die Wände waren von oben bis unten vollgestellt mit Regalen, auf denen unzählige Pergamentrollen sorgfältig aufgestapelt lagen. Verschieden große Sessel standen um einen niedrigen Tisch herum. Auf seiner Oberfläche war die Karte von Nymath in fein gearbeiteten Intarsien aus den verschiedensten Hölzern gelegt. Noch nie hatten sie ein solches Kunstwerk gesehen.
    »Schau mal her, das muss Sanforan sein!« Alduin deutete auf einen eingelegten Stern, der direkt an der Meeresküste lag. »Meine Mutter hat für mich eine Karte in den Sand gezeichnet, bevor wir von zu Hause weggingen.«
    »Und das hier ist wohl der Fluss Mangipohr«, meinte Erilea und fuhr mit dem Finger eine Linie entlang, die sich kurz vor der Küste verzweigte. »Hier am Delta leben die Wunand-Stämme.«
    »Und unser Haus liegt etwa hier, glaube ich«, sagte Alduin.
    »Wie konnten sie die Karte so genau zeichnen?«, wunderte sich Erilea.
    Alduin kannte plötzlich die Antwort. »Falken! Sie lassen sie hoch genug fliegen, dann sehen sie alles. Die Karte muss von den Falknern gezeichnet worden sein!«
    »Genau so ist es!«, erklang eine sanfte Stimme hinter ihnen.
    Melethiell und Kirstie waren so leise eingetreten, dass Alduin und Erilea sie nicht gehört hatten. Sie zuckten erschrocken zusammen, drehten sich schnell um und

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