Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
im Tunnellabyrinth fanden, geriet er ganz außer sich vor Begeisterung. Er behauptete, die Kraft des Rings sei dieselbe wie die, von der die Sterne bewegt würden. Ich habe noch nie so viel Freude in seinem Gesicht gesehen ... grade so, als hätte man ihm ein unbeschreibliches Geschenk gemacht. Und schon vorher hat er mir einmal erzählt, dass er die Luft in Schwingungen versetzen und Wind erzeugen könne, nur durch seinen Willen ... Ich ...« Alduin versuchte sich an etwas zu erinnern, das sich ihm immer wieder entzog. »Er hat von einem Experiment gesprochen. Er glaubte, dass er irgendwann sogar in der Lage sein würde, einen Sturm hervorzurufen ...«
»Er will die Naturgewalten beherrschen?«, fragte Erilea ungläubig.
»Sieht so aus«, nickte Alduin. »Ich glaube, er ist überzeugt davon, dass wir das Recht dazu haben.«
»Es kommt mir so vor, als ob er gern mit dem Feuer spielt«, meinte Erilea.
»Damit könntest du Recht haben. Aber eigentlich geht es nicht darum, wie gefährlich das ist, was er da macht, ich will nur herausfinden, was ihn antreibt«, sagte Alduin nachdenklich. »Ich glaube, seine Absichten waren immer edel, bis ... bis er irgendwie in Kontakt mit diesem anderen Wesen kam.«
»Du meinst die schöne Frau in deiner Vision?«
»Wie ich sagte, ich habe sie so gesehen. Die Frage ist: Ist sie echt?«
»Ich weiß, was du meinst.« Erilea stand auf, ging ein paar Schritte auf dem Hof hin und her und blieb dann vor ihm stehen. »Fällt dir nicht sonst noch etwas ein?«
Alduin rieb sein müdes Gesicht mit beiden Händen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Plötzlich trat ein verblüffter Ausdruck in sein Gesicht.
»Bei Gilians Heiliger Feder!«, stieß er hervor, ein Raiden-Ausruf, den er noch nie benutzt hatte. »Was ist, wenn Malnar ganz woandershin will?«
»Was meinst du?«
»Mir ist gerade eine andere Vision eingefallen. Sie war so flüchtig, dass ich sie nicht beachtet und fast wieder vergessen habe. Aber jetzt frage ich mich ...« Er brach ab und verband sich für kurze Zeit mit seinem Falken, bis sich die kleine Wunand-Amazone vor Neugier kaum noch beherrschen konnte.
»Alduin«, flüsterte sie, hin und her gerissen zwischen ihrer Neugier und dem Wissen, dass man einen Falkner niemals stören durfte, solange er mit seinem Falken verbunden war. Sie versuchte ihre Ungeduld zu unterdrücken.
»Rihscha ist auf dem Weg hierher«, sagte Alduin ein paar Augenblicke später. »Wir treffen ihn am Aussichtspunkt.«
»Am Aussichtspunkt?«, echote Erilea verblüfft.
»Ja. Dort hatte ich die Vision.«
»Die mit dem Boot?« Erilea erinnerte sich an die kurze Episode, die sich vor einiger Zeit abgespielt hatte, als noch niemand von Alduins zweitem Gesicht wusste.
Er lächelte nur. Obwohl noch viele Fragen offen waren, war er ganz sicher, dass er sich diesmal nicht irrte: Malnar wollte Kirstie über die See entführen.
»Ich bin ziemlich sicher. Aber es wird wohl besser sein, wenn wir Rael bitten mit uns zu kommen. Die Suche auf dem Land soll weitergehen, aber wir brauchen Sivella, denn sie ist stark. Vielleicht kann sie uns helfen.«
»Willst du Rihscha wirklich auf den Ozean hinausschicken?«, fragte Erilea ungläubig und mit banger Stimme. »Aber dort kann er sich nirgends ausruhen. Wie lange würde er das wohl durchhalten können?«
Alduin blickte unsicher zu Boden. »Weiß ich nicht. Wenn es nicht anders geht, muss er es eben bis zu den Buchtinseln schaffen.«
»Unmöglich. Alduin, wir müssen mit Melethiell sprechen. Vielleicht haben die Seeleute etwas gesehen, die heute Morgen im Hafen ankamen. Und vielleicht sind manche von ihnen sogar bereit noch mal hinauszufahren ... nur für den Fall ...«
»Gute Idee«, stimmte Alduin erleichtert zu. »Ja, bitte geh! Ich werde Rael und die anderen in unseren Plan einweihen. Wir sehen uns dann am Aussichtspunkt.«
21
Die Sonne stand noch höher am Himmel als in seiner Vision vor vielen Siebentagen, in der er ein kleines Boot auf stürmischem Ozean sah. Er hoffte inständig, dass er die Vision durch die Augen seines Falken gesehen hatte, denn dann würde Rihscha eine Chance haben, das Boot noch rechtzeitig zu erreichen.
Aber die Angst um den Falken legte sich wie ein eisiger Griff um seine Brust, doch es war ihm klar, dass er keine andere Wahl hatte - er musste das Risiko auf sich nehmen.
Erilea war noch nicht angekommen, als er und Rael den Aussichtspunkt erreichten. Offensichtlich war es Erilea
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