Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
oder vielleicht ... vielleicht doch nicht so ungewöhnlich, wenn man an all die Sagen und Märchen denkt ... manche davon hast du mir selbst erzählt, Erilea.«
»Ihr zwei habt schon eine merkwürdige Art, in Rätseln zu sprechen«, rief Rael verärgert, »ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
»Ich auch nicht«, beruhigte ihn Erilea. »Aber du hast Recht, der Junge setzt einem manchmal zu.«
»Ein Cirlim«, verkündete Alduin schnell, damit sie nicht noch wütender wurden.
»Ein was?« Rael schaute Erilea verblüfft an. »Jetzt weiß ich genauso viel wie vorher. Und du?«
»Das ist ein Schiffsfisch. Erinnerst du dich, unten am Hafen? Kirstie sprach von einem Delfin und die Elben nennen ihn Cirlim.« Sie schaute Alduin fragend an. »Ein Schiffsfisch hat Rihscha geholfen? Wie denn das?«
Alduin erzählte ihnen sprudelnd, was sich zugetragen hatte. Dann verband er sich wieder mit seinem Falken, der heißhungrig bereits den dritten Fisch verschlang. Erleichtert kehrte er zu seinen Freunden zurück, um selbst zu essen, was Jungfer Calborth Erilea mitgegeben hatte.
»Wie geht es Sivella?«, nuschelte er, während er die dritte Scheibe Brot mit Käse mampfte.
»Sie ist inzwischen zum Liebling der Fischer geworden«, antwortete Rael mit breitem Lachen. »Und sie genießt es in vollen Zügen. Sie wollten sie dazu bringen, einen Fisch zu probieren, dafür war sie nicht zu haben. Aber weil sie so hungrig war, hat sie dann doch tatsächlich ein Stück Wurst gefressen!«
»Klingt so, als würde sie ihre weiblichen Reize voll einsetzen«, sagte Alduin mit einem Zwinkern.
»Könnte man fast sagen«, stimmte Rael zu. »Und bevor ich es vergesse - die Schiffsfische folgen auch unserem Boot?«
Alduin schaute ihn verblüfft an. »Erstaunlich. Ob es irgendeinen Zusammenhang gibt?«, überlegte er laut.
»Wäre gut, zu wissen, dass es so ist«, warf Erilea ein. »Es beruhigt mich schon, dass sie sich um Rihscha kümmern. Wie geht es ihm jetzt?«
Alduin verband sich wieder mit Rihscha und antwortete kurz darauf, ohne die Augen zu öffnen. »Er ist bereit weiterzufliegen ...« Seine Stimme verklang, als er sich mit Rihscha von seinen Freunden entfernte.
Rael warf Erilea einen Blick zu. Als er ihre Besorgnis erkannte, versuchte er sie zu beruhigen.
»Sivella und das Fischerboot sind unterwegs. Natürlich kommen sie nicht so schnell vorwärts, wie Rihscha fliegt, aber wenigstens fahren sie in dieselbe Richtung.«
Mit frischer Energie und neu erwachtem Tatendrang flog Rihscha südwärts. Die ebenholzfarbenen Untiefen machten dem Namen des Schwarzen Ozeans alle Ehre, obwohl die untergehende Sonne in goldenen Lichtblitzen vom Wasser zurückgespiegelt wurde. Von Zeit zu Zeit bemerkte Alduin einen Cirlim, der unter ihnen mit dem Falken Schritt hielt. Doch er wusste, dass es nicht derselbe Schiffsfisch sein konnte - kein Meereswesen konnte mit Rihschas Fluggeschwindigkeit mithalten. Doch der Gedanke, dass ihn die Cirlims in einer Art Staffellauf begleiten könnten, war nicht nur erstaunlich, sondern auch sehr beruhigend.
Und weiter flogen sie. Alduin begann allmählich zu verzweifeln, als er erneut spürte, wie die Erschöpfung durch Rihschas Körper zu kriechen begann. Wo nur war das Boot? Er hatte den Horizont so oft abgesucht, dass er nur noch verschwommen sehen konnte. Er suchte weiter - und endlich wurde seine Hartnäckigkeit belohnt. Weit entfernt erspähte er es: einen winzigen Punkt, der sich schnell nach Süden bewegte. Die Bugwellen schäumten hoch auf, als wollten sie dem Boot Platz machen. Diese Szene unter wolkenverhangenem Himmel hatte etwas Unwirkliches, schien keinen Sinn zu ergeben, und auch der Nordwind war keine Erklärung für die Geschwindigkeit, mit der es durch das Wasser pflügte. Jenseits des kleinen Schiffs tauchten die Umrisse der beiden westlichen Buchtinseln mit ihren Gebirgsstellen auf. Die Meerenge zwischen ihnen führte in unerforschte Gewässer. Nur wenige hatten sich aus dem Schutz der Inseln weiter auf das Meer hinausgewagt, obwohl dort die legendäre Insel Wyron lag. Und noch weniger waren zurückgekehrt.
Entgegen seinem Instinkt, bei seinem Falken zu bleiben, riss sich Alduin für kurze Zeit los und wandte sich an Erilea. Rael war noch mit Sivella verbunden.
»Wir haben sie gefunden«, rief Alduin aus. »Sie sind jetzt direkt vor uns. Ich glaube, sie halten auf die Meerenge zwischen den südlichen Inseln zu - oder sie steuern eine der Inseln an.«
»Dank sei Emo und allen Göttern!«,
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