Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
erklären. »Auch wenn sein Körper vielleicht nicht mehr sein mag - Krath selbst ist immer noch bei dir. Wenn du dir das vergegenwärtigen kannst, wirst du wieder Verbindung mit ihm aufnehmen können.«
Unfähig, die Worte seines Sohnes zu verstehen, schüttelte Cal den Kopf.
»Keine Sorge«, meinte Alduin. »Wir haben Zeit. Wir reden darüber, wenn du kräftiger bist.«
Im Verlauf des restlichen Tages und auch der folgenden Tage konnten die jungen Abenteurer nach und nach ihre Geschichte zum Besten geben. Es hatte sich so viel ereignet, dass es ihnen anfangs schwerfiel, sich an alle Einzelheiten zu erinnern. Aber je länger sie sprachen, desto öfter gab ein Wort das andere, und zum Schluss erzählten sie alle drei gleichzeitig. Nur Alduin konnte wenig über seine einzigartige Reise mit Rihscha erzählen. Er war unfähig, die richtigen Worte zu finden, und vieles hatte sich wie in einem Traum verloren.
Irgendwann traf in der Stadt die Kunde ein, dass Harman, Pendar und die anderen Männer aus Sean Ferll die Schmuggler in einer versteckten Bucht an der Küste auf frischer Tat beim Handel mit einer kleinen Gruppe Uzoma ertappt und überwältigt hatten.
Doch entgegen ihren Befürchtungen drohte nicht die Gefahr eines Angriffs der Uzoma auf dem Seeweg. Das Boot, mit dem sie angereist waren, zeugte von ihrer Verzweiflung, und es kam einem Wunder gleich, dass es sich überhaupt über Wasser gehalten hatte. In dieser Hinsicht war Nymath nach wie vor sicher.
Die meisten der gefangenen Falken konnten wieder in die Freiheit entlassen werden, drei von ihnen wurden vorher gesund gepflegt - eine Aufgabe, der sich Pendar und die anderen Raiden mit großer Freude annahmen.
Während Cal allmählich wieder zu Kräften kam und Marla seine Pflege übernahm, kehrten Aranthia und Bardelph für den Rest des Sommers in die Hütte am Fluss zurück. Alduin verbrachte viel Zeit mit seinem Vater. Sie schlenderten gemeinsam durch die geschützten Gärten des Hohen Rats oder saßen am Hafen und beobachteten die Boote, die aufs Meer hinausfuhren. Häufig war auch Erilea bei ihnen. Alduin erzählte Cal von seiner Ausbildung in Sanforan, die Entdeckung seiner einzigartigen Begabung und die packende Geschichte der Rettung der Nebelsängerin.
Schließlich kehrte er zu seinen Abenteuern zurück, die mit Cal im Emmerfeld begonnen hatten und im Herzen der Schöpfung geendet hatten. Ohne zu drängen, ermutigte er Cal zu begreifen, dass sein Bund mit Krath immer noch wirklich sein konnte, doch seinem Vater fiel es schwer, daran zu glauben. Alles zu seiner Zeit, hoffte er, alles zu seiner Zeit. Das war es, was auch für jene Erkenntnisse galt, die sie von der Insel im See mitgebracht hatten.
Anfangs waren sie noch überzeugt gewesen, dass sie all das, was sie erfahren hatten, sofort weitergeben konnten. Doch während Aranthia verstand, was sie sagen wollten, fiel es nicht allen leicht, es zu verstehen. Sie würden geduldig sein, ihre Saat pflanzen und abwarten müssen, bei wem sie Wurzeln schlug.
Eines Tages geschah jedoch etwas, was Alduin und Erilea überraschte.
Gemeinsam verbrachten sie mit Rael einen geruhsamen Nachmittag auf den Klippen westlich der Stadt. Ausgestreckt lagen sie nebeneinander in einer kleinen, geschützten Senke, während Rihscha und Sivella über den Wellen herumtollten. Das war schon immer ein bevorzugter Zeitvertreib für Rihscha gewesen, und nun schien auch Sivella sich dafür zu begeistern. Wolken trieben von Norden heran und brachten einen Hauch von Herbst mit sich. Die Ernte war bereits eingebracht, die Händlertrosse kamen häufiger in die Stadt, und die Tage wurden merklich kürzer.
Sivella wurde des Spiels überdrüssig, flog die Klippen herauf und gesellte sich zu Rael. Sie weckte ihn aus seinem Schlummer und lud ihn ein, ihr die Wange zu streicheln. Doch kaum hatte er seine Hand ausgestreckt, erregte etwas ihre Aufmerksamkeit. Der Falke erhob sich in die Lüfte und flog in Richtung der Straße davon, die aus dem Gebiet der Wunand kam. Rael war neugierig, worauf sie gestoßen sein mochte, nahm Verbindung mit ihr auf und sah einen Wagen, der auf die Stadt zurollte.
»Sivella, das ist bloß ein Wagen«, sagte er verschlafen und brach die Verbindung ab. Doch etwas zerrte an ihm, und er kehrte zu ihr zurück.
Sivella kreiste mittlerweile über dem Wagen - sehr zur Freude des Knaben, der vorne auf dem Kutschbock saß. Es war Triel.
»Sivella, Sivella! Schau, Mama, es ist Sivella!«
Rael öffnete jäh
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