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Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Titel: Falkensaga 02 - Im Auge des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
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anders als alles, was ich je zuvor gesehen habe. Einfach unvergleichlich«, stammelte sie fassungslos und ließ sich in das weiche Kissen fallen. »Es ist so fernab von jeder Tradition, die ich kenne.«
    »Nur fernab der alten Katauren-Traditionen«, meinte Wendle. »Sie hätte man damals in Andaurien lassen sollen. Einige von uns haben das auch so gehandhabt.«
    Ein Knabe unterbrach das Gespräch mit einer kurzen Begrüßung. Er stellte Erfrischungen vom Tablett auf einen Beistelltisch und eine Schale mit Süßigkeiten hin. Wendle wartete schweigend und nickte, als er eine klare rote Flüssigkeit in edle Silberbecher einschenkte, sich dann wieder verneigte und wortlos den Raum verließ.
    »Bitte trink doch«, forderte Wendle sie auf. »Das ist ein Wein, den wir hier seit Generationen herstellen. Er wird nur an den vornehmsten Tischen Sanforans getrunken.«
    »Mastrill-Wein!«, rief Erilea und erinnerte sich, schon davon gehört zu haben. Dieser edle Tropfen war rar in Sanforan, und man sagte, dass sein Gewicht Gold wert sei. Das stand durchaus in Einklang mit dem Wohlstand der Halle und dem Gut Mastrill Hall. Erilea griff nach ihrem Becher und nahm einen kleinen Schluck. Der Geschmack explodierte förmlich in ihrem Mund.
    »Woraus wird er gemacht?«, fragte sie.
    Wendle lächelte, aber schüttelte den Kopf.
    »Das ist ein wohlgehütetes Stammesgeheimnis. Ich fürchte, trotz meiner Achtung für meine Wunand-Schwestern bedaure ich, es dir nicht verraten zu dürfen.«
    Erilea neigte das Haupt, um Verständnis anzudeuten, dann trank sie noch einen Schluck, ehe sie weitersprach. Diesmal war ihr der Wein eine Spur zu süß, sodass sie den Becher abstellte.
    »Ihr habt gesagt, einige Katauren hätten ihre Traditionen in Andaurien zurückgelassen. Damit habt Ihr mich neugierig gemacht.«
    »Einige Katauren-Frauen«, ergänzte Wendle. »Genauer gesagt, meine Ahninnen. Auf der langen Flucht nach Nymath gab es unter ihnen drei Schwestern. Der Krieg hatte sie zu Witwen gemacht. Sie freundeten sich mit den Wunand an, die den Krieg überlebt hatten. Die Stärke dieser Amazonen und deren Rang innerhalb des Stamms beeindruckten sie. So versuchten sie, hier in Nymath unter den Katauren einiges zu verändern.« Wendle nahm einen Schluck des Weins und fuhr fort. »Doch die Männer waren nicht zu begeistern für Veränderungen. Sie waren auch nicht bereit, das, was sie an Macht zu besitzen glaubten, abzugeben. Sicher schätzten sie die Tapferkeit der Wunand-Amazonen gegen den Feind. Aber als Anführerinnen wollten sie sie nicht gelten lassen.« Über Wendles Gesicht legte sich ein Schatten. »Meine drei Ahninnen wurden geächtet. So machten sie sich auf und gründeten ihren eigenen Stammesverband. Ein paar Männer begleiteten sie - begabte Künstler und Handwerker, die nicht ungern ihre traditionellen Rollen eintauschten.«
    »Und die nachfolgenden Generationen hielten das aufrecht?«, fragte Erilea erstaunt. »Haben sie immer hier gelebt? Und wo sind die anderen Frauen? Ich habe bisher nur Männer gesehen.«
    Wendle griff sich eine Süßigkeit, bevor sie fortfuhr.
    »Wir haben dieses Gebiet westlich von Gwire schon früh besiedelt. Aber erst in jüngster Zeit ist das Gut aufgeblüht. Unser Wein wird geschätzt, ebenso unsere blütigen Pferde - selbst von den Katauren, die unsere Existenz nur allzu gerne verleugnen würden.«
    »Aber ihr seid nur wenige, wie mir scheint«, meinte Erilea.
    »Ja, wir sind wenige«, bestätigte Wendle. »Wir bekommen nicht sehr oft Kinder, und wenn, werden mehr Knaben als Mädchen geboren. Zwei von uns stehen kurz vor der Niederkunft, ein paar beaufsichtigen die arbeitenden Männer, andere sind in der Ferne unterwegs. Unlängst war in Lemrik die Pferdemesse, und die Tiere, die wir dort nicht verkaufen konnten, wurden nach Sanforan gebracht.«
    »Arbeiten alle Männer als Knechte?«, wollte Erilea wissen.
    »Nein. Diejenigen, die künstlerisch begabt sind, ermutigen wir, sich weiterzuentwickeln. Auf diese Weise stärken und ehren wir sie, die sich unseren Ahnen angeschlossen haben. Mit den Kunstgegenständen und dem Handwerkszeug können wir guten Handel betreiben.«
    »Und der Rest?«
    »Der Rest erledigt die Hausarbeit, kümmert sich um die Pferde, stellt den Wein her und zeugt die Kinder. Ganz wie bei den Wunand-Stämmen auch.«
    Erilea nickte zustimmend, denn vieles war vergleichbar mit ihrem Leben. Doch konnte sie nicht nachvollziehen, weshalb sich eine Wunand - sei sie Kriegerin oder Herrscherin - so

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