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Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Titel: Falkensaga 02 - Im Auge des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
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sehr von den Männern abgrenzen konnte und weshalb sie einen Falkner von Nymath so abschätzend behandeln konnte. Das Leben der Amazonen unterwarf sich zwar einer strengen Ordnung, ließ aber jedem von ihnen Freiraum, selbst über sein Leben zu bestimmen.
    »Erzähl mir von dir. Wohin bist du unterwegs«, riss Wendle sie aus ihren Gedanken.
    Erilea fing an zu erzählen, von ihrer Reise nach Lemrik, von ihrer Ausbildung in Sanforan, von ihrem Parna. Wendle wollte vieles wissen - über die verschiedenen Waffen, das Training, die Techniken und die Beziehung der Wunand-Amazonen während der Ausbildung. Sie fragte aber nicht nach den männlichen Schülern, den Lehrern oder anderen Stämmen. Als Erilea ihr voller Begeisterung von Alduin, Rael und deren Falken erzählte, blieb Wendle stumm. Für sie waren die jungen Raiden keiner Erwähnung würdig. Sie konnte sich auch nur schwer vorstellen, dass die Raiden die Wunand je gleichwertig behandeln würden. Doch Erilea ließ nicht locker. »Als Wunand bin ich natürlich stolz darauf, dass unser Lebensstil für euch Vorbild ist«, begann sie und hoffte sie damit nicht zu verärgern. »Andererseits kann ich eine so starre Trennung zwischen Mann und Frau nicht verstehen. In meinem Stammesverband wird zumindest ...«
    »... ja, aber bei den Wunand ist das anders«, fiel Wendle ihr ins Wort. »Bei euch hatten die Frauen schon immer die Oberhand. Ihr müsst nicht um euren Rang fürchten. Doch wir wollen nicht, dass die Männer ein falsches Bild bekommen und wieder in alte Muster zurückfallen!«
    »Aber wie betreibt ihr euren Handel? Gewiss habt ihr dabei auch mit Männern zu tun, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fath oder die Katauren es so einfach hinnehmen, von euch als minderwertig behandelt zu werden.«
    Wendle schüttelte den Kopf. »Wir haben deutlich gemacht, dass wir grundsätzlich nur mit Frauen verhandeln, und daran hat man sich gewöhnt. Wer unsere Waren haben will, muss sich unserer Tradition unterwerfen.«
    »Aber warum muss man so ... so hochmütig zu sein?« Erilea hielt sich die Hand vor den Mund, als ihr das Wort unbewusst herausrutschte. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich schnell. »So habe ich es nicht gemeint. Es ist nur so, dass ihr die Künstler und Handwerker achtet. Aber Männer können auch in anderen Bereichen geschätzt werden ... ohne eine Bedrohung darzustellen!«
    »Zweifellos schätzen wir sie«, sagte Wendle. »Sie werden gut behandelt, und es mangelt ihnen an nichts.«
    »Also betrachtet ihr sie wie eure Pferde.«
    Zu Erileas Überraschung schien Wendle über den Vergleich nicht einmal verärgert. Ganz im Gegenteil - sie bestätigte ihn mit einem Nicken.
    »Vergiss nicht«, sagte sie, »es waren Männer, die meine Vorfahren vor vielen Generationen vertrieben haben. Aus Furcht um ihren Rang waren sie auch nicht zu dem kleinsten Zugeständnis bereit. Sie verdienen keinen gleichwertigen Platz an unserer Seite.«
    »Und so seid ihr nun geworden, wie sie einst waren«, meinte Erilea.
    »Vielleicht«, räumte Wendle ein. »Aber so wie ich es sehe, kann es nur bedeuten: entweder sie oder wir.«
    Erilea verstummte. Alles das, was sie gehört hat, klang traurig, fast schon tragisch. Wendle und ihr Stammesverband würden wohl nur überleben, wenn sie weiterhin vom Rest der Welt abgeschnitten lebten. Wenn die wenigen Frauen, die nach Lemrik und an andere Orte reisten, ebenso unnachgiebig wären wie Wendle und wenn die Männer die Siedlung nie verließen, konnte sich wenig ändern. Sie fragte sich, wie es wohl Alduin bei den Männern erging. Ob sie gastfreundlich waren?
    »Komm mit«, forderte Wendle sie auf. »Ich führe dich herum. Du wirst sehen, die Arbeit geht gut voran, und jeder ist glücklich.«
    »Ich möchte, dass Alduin uns begleitet«, erklärte Erilea.
    Wendle zögerte, willigte dann aber ein.
    »Natürlich. Nur hier in der Halle bleibt den Männern der Zugang verwehrt.«
     
    Es war einer der seltsamsten Nachmittage, die Erilea und Alduin je verbracht hatten. Wendle zeigte ihnen zunächst die Ställe, dann die Weinkellerei und zuletzt einen großen Raum im hinteren Teil des zweistöckigen Gebäudes, in der eine Reihe junger Männer an Skulpturen arbeitete oder malte, während andere wunderschöne Kunstwerke aus Bergkristall meißelten. Die Arbeiten waren von atemberaubender Schönheit, und zum ersten Mal richtete Wendle ihr Wort an die Männer, wenngleich auch nur sehr knapp. Ab und an begegneten sie anderen Frauen. Eine jede von

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