Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
Er hob den Kopf mit einem Ausdruck des Kummers, beinahe, als würde er den Pfarrer einladen, ihn zu schlagen.
Aus Angst, Mr Tooley könnte ihn schlagen – und aus irgendeinem Grund fürchtend, dass George genau das wollte –, trat ich aus dem Korridor in die Kammer.
Die Wirkung auf die beiden Männer hätte unterschiedlicher nicht sein können. Mr Tooley sah mich so an, wie er mich immer angesehen hatte.
»Der verlorene Sohn«, sagte er mit einem schiefen Lächeln und streckte seine Hand aus.
George verbeugte sich. »Mylord, ich gratuliere Euch zu Eurem Glück. Ich gestatte mir die Hoffnung, Eure Lordschaft weiß, dass es in bescheidenem Maße auch mein Verdienst ist, da ich es nie an der Rute habe mangeln lassen, wie sehr es mich auch schmerzte.«
Es folgte noch mehr in der Art, doch ich nahm die Salbung entgegen, wie ich die Schläge ertragen hatte. Ich hatte Gott versprochen, nie wieder die Beherrschung zu verlieren. Keine weiteren Scogmans. Diplomatie, nicht Konfrontation. Ich erklärte ihnen, dass es nicht nötig sei, Nehemiah in der Kirche als Ketzer zu brandmarken.
»Er hat widerrufen?«, sagte George.
»Er wird Mr Black verlassen.«
»Hat er ihn entlassen?«
Ich verbeugte mich fast so tief, wie er. »Ich denke, die Menschen sollten auf die Weise zu Gott beten, wie ihr Gewissen es ihnen vorschreibt, aber Gesetz ist Gesetz. Nehemiah wird durch einen anderen Lehrjungen ersetzt, der dem Gottesdienst gebührlich beiwohnt.«
Ich zuckte zusammen, als er in die Hände klatschte und die Augen zum Himmel hob. »Gott sei gepriesen! Ich habe gelitten, weil ich Mr Black solche Qualen bereiten musste, genau, wie ich litt, als ich die Rute bei Euch benutzte, aber es war nur zum Besten Eurer beider Seelen.«
Er streckte die Hand aus. Sie fühlte sich so kalt und schlüpfrig an wie die Haut einer Kröte. Mit Mr Tooley vereinbarte ich einen Tauftermin in zwei Wochen. Als ich ging, meinte ich immer noch, Georges klamme Hand zu spüren. Matthew, der Hellseher und Heiler, der mich aufgezogen hatte, hätte gesagt, ich sei gezeichnet. Es war ein dummer Aberglaube, trotzdem wischte ich meine Hand im Gras ab.
Meine Stimmung hob sich, als ich zum Half Moon Court ritt. Der Apfelbaum war nur noch ein trauriger, verwitterter Stumpf, aber aus der Werkstatt ertönte das vertraute Klopfen und Seufzen der Druckerpresse. Sarah, die Magd, kam zu meiner Begrüßung heraus. Sie humpelte mittlerweile, doch an ihren Neckereien hatten sich nichts geändert, seit sie mir damals die schmerzenden Prellungen mit Schweineschmalz eingerieben hatte.
»Was hast du mit dem Master angestellt, Tom?«
»Angestellt?«, rief ich alarmiert.
»Seit Wochen läuft er mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter herum. Jetzt ist er wie ein Zweijähriger mit der Mistress davongehüpft, um ihr einen neuen Hut für die Taufe zu kaufen.«
»Ich habe nur mit ihm über seine Probleme gesprochen«, sagte ich bescheiden
»Ich wünschte, du könntest mit meinem Rheumatismus sprechen. Meine Knie machen mir zu schaffen.«
»Welches?«, fragte ich und streckte meine Hand aus.
»Bleib mir bloß weg! Ich kenne dich! Du glaubst, du könntest die Welt in einer Minute heilen, und musst dich danach erst einmal selbst behandeln.«
Sie drückte mich, wie sie es getan hatte, als ich ein Kind war, dann ging sie, ohne zu humpeln, zurück zum Haus, bis sie plötzlich stehen blieb und mich anstarrte. »He, Tom! Du hast mein Knie gesund gemacht!«
Ich starrte zurück, und mein Herz schlug schneller. Vielleicht hatte das etwas mit meinen Gebeten von heute Morgen zu tun.
Sarah lachte, dann zuckte sie zusammen, weil es so anstrengend gewesen war, normal zu gehen. Sie beugte ihr Knie und rieb es reuevoll, ehe sie wieder ins Haus humpelte. »Ach Tom, mein lieber Tom. Wenn du das geglaubt hast, glaubst du alles.«
Nehemiah war so gut wie jeder Geselle, das konnte ich sehen. Er war so in Anspruch genommen von dem, was einst mein täglich Brot gewesen war, dass er nicht bemerkte, wie ich in der Tür stand und ihn beobachtete. Er war größer als ich, und er hätte gut ausgesehen, wenn da nicht die Pickel um seinen Mund und am Hals gewesen wären. Es war nicht einfach für einen Mann allein, das Papier in die Druckerpresse zu legen und den Drucktiegel nach unten zu pressen, doch er bewältigte diese Aufgabe mit Leichtigkeit.
Aber warum legte er die Blätter nicht zum Trocknen aus, so wie er es hätte tun müssen? Stattdessen legte er sie zwischen saugfähiges Papier,
Weitere Kostenlose Bücher