Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
den König nicht ablehnte, versuchte Nehemiah, der Wildman einen »aalglatten Schwätzer« nannte, ständig herauszufinden, was wir vorhatten. Zusammen mit Bennet, dem Scharfschützen meines alten Regiments, schlich er immer wieder unter einem Vorwand in den Raum, in dem die Presse stand. Jetzt, wo es nichts mehr zu kämpfen gab, hatte Bennet sich gehen lassen und trank mit den Fährleuten, mit denen er früher zusammengearbeitet hatte, und tat wenig, außer Nehemiah zuzuhören und ihm zuzustimmen.
Eines Tages musste ich dringend fort. Ellie schwor, sie würde die Presse im Auge behalten, bis ich wieder da wäre. Als ich zurückkehrte, war nicht sie bei der Presse, sondern Bennet. Er behauptete, auf der Suche nach Nehemiah zu sein. Er schien nichts mitgenommen zu haben, aber als er ging, durchsuchte ich meine Truhe und konnte die Notizen von einem Treffen mit Wildman nicht finden. Als Ellie vom Abtritt draußen hereinkam, war ich außer mir.
»Hättest du nicht warten können?«
»Nein! Wollt Ihr, dass ich mich beschmutze?«
»Du bist so grob, wie du dumm bist. Jetzt weiß er, was wir vorhaben. Du hast alles ruiniert!«
»Ich werde alles ruinieren!«, schrie sie. Sie hob ein paar Quadraten auf, Holzklötze, mit denen die Lettern an Ort und Stelle gehalten wurden, und warf damit nach mir. Sicherheitshalber kam noch der Farbtiegel hinterher, der mein Wams mit Druckerfarbe bespritzte. Dann brach sie in Tränen aus und floh.
Ich sammelte die Quadraten ein und hob das Papier auf, das nicht von der Tinte ruiniert worden war, als es mir wieder einfiel. Ich durchsuchte das Regal, in dem die Druckfahnen aufbewahrt wurden. Unter einem Stapel fand ich die Notizen, von denen ich überzeugt gewesen war, Bennet hätte sie mitgenommen. Ich hatte in der Nacht zuvor so lange gearbeitet, dass ich, benommen vor Müdigkeit, vergessen hatte, sie dort hingelegt zu haben.
Ellie war nicht bei Matthew. Auch nicht auf dem Markt, wo er sie beim Einkaufen vermutete. Auf dem Rückweg kam ich an dem Haus vorbei, in dem Scogman eine Kammer hatte. Wir gingen ständig im Raum des jeweils anderen ein und aus, so dass ich mir nicht die Mühe machte anzuklopfen. Ich hatte oft genug gehört, wie Scogman Frauen mit Worten entzückte, aber ich hatte ihn nie dabei gesehen. Er hatte seine Kniehosen ausgezogen, und sein behaarter Arsch war kurz davor, sich über jemanden zu senken. Ich begann eine Entschuldigung zu murmeln, als ich die bunten Unterröcke der Frau erkannte, auf der er lag. Ellies ängstliches Gesicht tauchte auf. Sie brüllte, trat nach Scogman und biss ihn. Ich riss ihn von ihr weg und schleuderte ihn gegen die Wand.
»Kannst du nicht mal eine Frau in Ruhe lassen? Hast du überhaupt keine Gefühle?«
Schluchzend und jammernd bedeckte sich Ellie mit einem Laken.
»Zieh dich an, Mann.« Ich warf ihm seine Kniehose zu.
Er schnappte sie sich, und die Worte platzten aus ihm heraus, während er die Hosen an den Metallringen unter seinem Hemd befestigte. »Ihr seid es, der nichts für die Menschen empfindet – nur für Menschen auf dem Papier.« Er trat auf eine Flugschrift am Boden. »Ich bin ein Mensch. Anders als Ihr. Sie ist zu mir gekommen. So war es doch, oder?«
Sie schrie auf, als er ihr das Laken fortriss.
»Sie will nicht mich. Sie will Euch, diesen gottesfürchtigen Schnösel. Gott allein weiß, warum. So ist es doch, oder? Sie konnte es nicht mehr ertragen. Oder?«
Sie war aufgestanden. Ich starrte sie an, wartete auf eine Antwort, aber sie wich schluchzend zurück.
»Na los, weiter. Erzähl es ihm!«
Sie sah aus wie eine zerbrochene Puppe. Sie hatte sich etwas rötliches Ocker, das man für ein paar Penny auf dem Markt kaufen konnte, ins Gesicht geschmiert. Die Naht eines zerlumpten Fetzens an ihrem Unterrock war aufgerissen. Sie zog ihren Rock darüber, sah sich wild um und schoss zur Tür. Ich packte ihre Handgelenke. Sie trat um sich und kämpfte, aber am Ende erschlaffte sie, keuchend und mit gesenktem Kopf. Sie hatte ihr Haar zu einem modischen Haarknoten gewunden, der jetzt verrutscht war. Das Band, das ihn hielt, war kurz davor, sich zu lösen. Ich nahm es ab und hielt es ihr hin, erklärte ihr, dass ich die Notizen gefunden hatte und dass es mir leidtäte, sie fälschlicherweise beschuldigt zu haben. Misstrauisch und argwöhnisch beäugte sie mich, schnappte sich das Band und lief davon.
Als ich nach Hause kam, kauerte sie auf allen vieren neben der Druckerpresse, die Hände bis zu den Ellenbogen in von
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