Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
Druckerfarbe gefärbtes Seifenwasser getaucht.
»Du musst nach Hause zu Matthew gehen, Ellie.«
»Ich habe ihm gesagt, was ich getan habe, und er hat gesagt, ich soll es wieder saubermachen. Jeden einzelnen Fleck.«
Ich erwiderte, es sei meine Schuld gewesen, aber das half ihr nicht. Ich hatte an der Presse zu arbeiten, und ich war spät dran. Sie wollte mir helfen, sagte, sie hätte es von Nehemiah gelernt. Erneut sagte ich ihr, sie solle nach Hause gehen, aber die Arbeit an der Druckerpresse ist für eine Person ermüdend langsam, und nachdem ich die Lettern mit Farbe bestrichen und sie das Papier eingelegt hatte, versuchte ich nicht länger, sie davon abzuhalten. Während die Druckerfarbe trocknete, ging ich zum Markt und holte einen Laib Brot und ein paar Heringe, von denen ich wusste, dass Ellie sie gern mochte. Sie schnupperte, als sie den Fisch sah, und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. Sie hatte Kohlen auf das Feuer gelegt. Der Feuerschein und das Licht der Kerzen schimmerten auf dem polierten Fußboden. Sie hatte den eingefressenen Schmutz von Monaten mit großem Erfolg entfernt, aber dadurch fielen die Farbflecke nur noch mehr auf. Ich erwähnte es, aber sie sah so verletzt aus und war schon halb draußen, um erneut den Eimer zu holen, dass ich hastig sagte, ich hätte einen Scherz gemacht und schwor, ich könnte nicht sehen, wo der Farbtiegel gelandet war.
Ich aß immer dort, wo ich mich gerade befand, aber jetzt breitete sie ihre Schürze auf dem Fußboden aus, und wir ließen uns darauf nieder, den Rücken an die Druckerpresse gelehnt. Wir aßen schweigend. Die einzigen Geräusche kamen von dem Knacken der Kohlen und dem Rascheln ihrer Röcke, wenn sie sich vorbeugte, um noch einen Hering zu nehmen. Sie aß vorsichtig, zupfte jedes Stückchen Fisch von den Gräten, vom Kopf bis zum Schwanz. Sie hatte ihre Holzpantinen abgeschüttelt, und als ein Stückchen Kohle aus dem Feuer fiel, huschte sie auf nackten Füßen hin, um es wieder hineinzuwerfen.
Allmählich lullte uns die Wärme des Feuers ein. Seit ich Anne verlassen hatte, hatte ich nicht mehr so gegessen, mit jemanden zusammen, ohne das Gefühl zu haben, etwas sagen zu müssen. Ich konnte verstehen, warum Scogman dachte, ich sei gefühllos. Die einzige Möglichkeit weiterzumachen bestand für mich darin, die Empfindungen auszuschließen. Jetzt, wo sie zurückfluteten, verspürte ich solch ein niederschmetterndes Verlangen nach Anne, dass ich leise aufgestöhnt haben musste, denn Ellie sah mich besorgt an.
»Was ist los? Ist es der Fisch?«
Ich lachte und schüttelte den Kopf. Sie wirkte gekränkt, weil ich lachte, und wollte mir offenbar zu verstehen geben, dass sie nur zu gut wusste, dass nicht alle Schmerzen körperlich waren: »Ist es …« Und sie ahmte erneut Anne nach, hob ihr Kinn und deutete verächtlich mit der Zehenspitze auf einen Farbfleck. Ich wandte mich scharf ab. Auf der Stelle sprang sie auf und ließ sich zerknirscht vor mir auf die Knie sinken.
»Macht sie Euch unglücklich?«
Ich schwieg.
»Was dann?«
Sie war so voller Leben, so erfüllt von diesem Augenblick, in dem sie sich kein Jota um die Vergangenheit oder die Zukunft scherte, dass es unmöglich war, ihre Freude nicht zu teilen, nicht wieder zu lachen, nicht über sie, sondern mit ihr. Und zu reden. Sie hörte mir mit unerwarteter Ernsthaftigkeit zu. Im flackernden Licht des Feuers bekamen ihre klaren, braunen Augen einen grünlichen Schimmer, wie die Augen einer Katze. Jede ihrer Bewegungen war genauso erlesen sparsam wie die einer Katze, sie schnellte vor, hielt inne, lauschte, jeder ihrer Sinne in Alarmbereitschaft.
Ich versuchte zu erklären, dass Liebe nicht einfach nur Liebe war, sondern Kampf, manchmal sogar Hass. Das klang haarsträubend, also sagte ich, um es zu veranschaulichen, dass, anders als Anne, die nichts von dem tat, was ich wollte, Ellie alles für mich tun würde. Das klang so arrogant, dass ich kurz über mich selbst das Gesicht verzog. Aber fern davon, beleidigt zu sein, beugte Ellie sich vor und sagte, das würde sie. Was sollte sie für mich tun?
Sie sprach mit solcher Leidenschaft, mit solch kindlicher Unschuld, dass mir jegliche Lust zu lachen verging. Doch zur selben Zeit waren ihre Worte wissend und lüstern. Ihr Korsett war so eng um ihre ohnehin schon schmale Taille geschnürt, dass es ihre sich abzeichnenden Brüste nach oben schob. Zwischen ihnen verströmte ein Duftkissen starken Moschusgeruch. Ein lebhaftes Bild
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