Fallen Angel 07 Tanz der Rose
geraten...
12. Kapitel
Rosalind wachte am nächsten Morgen ziemlich spät auf. Draußen schien die Sonne, und Jessica war schon aufgestanden, aber sie hatte am Vortag ja auch weder einen langen Spaziergang am Fluß gemacht noch Geburtshilfe geleistet.
Dem dramatischen Nachmittag war dann eine sehr erfolgreiche Vorstellung im kleinen Theater von Whitcombe gefolgt. Maria hatte in der Tragödie Isabella die Zuschauer wie immer zu Tränen gerührt, und anschließend hatten sie herzhaft über die Farce gelacht, bei der Rosalind und Stephen einander küssen durften, ohne befürchten zu müssen, jede Selbstbeherrschung zu verlieren.
Während Rosalind sich genüßlich im Bett rekelte, dachte sie nicht an diese Bühnenküsse, sondern an die Szene unter der Weide am Fluß, die ihr sogar in der Erinnerung heiße Schauer über den Rücken jagte. Sie malte sich aus, was geschehen wäre, wenn Stephen ihre schwachen Proteste mißachtet hätte, und ihr war klar, daß eine leidenschaftliche Vereinigung mit dem Mann, in den sie sich verliebt hatte, etwas einmalig Schönes gewesen wäre.
Seufzend schwang sie ihre Beine aus dem Bett. Weil ihre Liebe keine Zukunft hatte, war es nur vernünftig gewesen, Stephen gerade noch rechtzeitig Einhalt zu gebieten. Aber sie bereute auch nicht, daß es überhaupt so weit gekommen war, denn jene lustvollen Momente würden ihr für immer im Gedächtnis bleiben,
Besser als gar nichts...
Nachdem sie sich gewaschen und angezogen hatte, ging sie nach unten, doch Stephen war zu ihrer großen Enttäuschung nicht im Gasthof, und er versäumte auch das Mittagessen. Erst als Rosalind im ruhigen Nebenzimmer saß und sich eifrig Notizen machte, sah sie ihn auf dem Korridor und winkte ihm zu.
Lächelnd betrat Stephen den Raum. »Was treibst du denn hier so ganz allein? «
»Nichts Aufregendes. « Sie deutete auf ihre Listen. »In zwei Tagen geben wir eine Privatvorstellung auf einem nahe gelegenen Landsitz. Das ist für unsere Truppe eine hohe Ehre, und deshalb überprüfe ich, ob wir auch wirklich nichts übersehen haben. Leider Gottes kann ich für das Allerwichtigste - gutes Wetter - keine Garantie übernehmen. «
»Ist es eine Freilichtbühne? «
Rosalind nickte. »Ein kleines Amphitheater im griechischen Stil, ideal für den Sommernachtstraum. Bei miserablem Wetter können wir auch drinnen auftreten, aber das ist natürlich nicht so reizvoll. « Sie schob ihre Notizen beiseite. »Hast du zu Mittag gegessen? «
Stephen zuckte nur teilnahmslos mit den Schultern und rieb sich unbewußt den Magen - eine Geste, die Rosalind schon oft beobachtet hatte. Es war auch nicht zu übersehen, daß er immer magerer wurde. Vielleicht litt er an Magenverstimmung oder sogar an einem Magengeschwür?
Sie überlegte noch, ob es indiskret wäre, ihn direkt zu fragen, als er sagte: »Hättest du Lust, Ellie Warden zu besuchen? «
Rosalind vergaß seine Appetitlosigkeit und rief lächelnd: »Ich wüßte nicht, was ich lieber täte. « Sie setzte rasch ihre Haube auf.
Unterwegs berichtete Stephen: »Ich war heute vormittag in Cowley. «
»Und? « erkundigte sie sich interessiert. »Ist es dir gelungen, mit dem Vorsitzenden des Gemeinderats über Ellies Zukunft zu sprechen? «
»Ja«, erwiderte er einsilbig, und Rosalind verzichtete auf weitere Fragen, weil sie wußte, daß sie bald alles erfahren würde.
Mrs. Holt wohnte am Stadtrand in einem hübschen Häuschen, umgeben von einem Garten voller Spätsommerblumen in leuchtenden Farben - eine ideale Umgebung für die heitere Hebamme, die über das ganze Gesicht strahlte, als sie die Besucher erkannte. »Ah, Ellies Schutzengel! Mutter und Kind sind wohlauf. «
»Gott sei Dank! « Rosalind fiel ein Stein vom Herzen. »Dürfen wir sie sehen? «
»Aber ja. « Mrs. Holt führte sie eine schmale Treppe hinauf und öffnete die Tür zu einem sonnigen Zimmer. Ellie saß in einem Polsterstuhl am Fenster, und ihr Sohn schlief in ihren Armen. Rosalind hatte richtig vermutet -frisch gewaschen und in einen hübschen Morgenrock gehüllt, sah die junge Mutter mit ihren weichen braunen Locken und den lieblichen Gesichtszügen unwiderstehlich aus.
Sie lächelte ihren Helfern glücklich zu. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll... Ohne Ihr beherztes Eingreifen wären der Kleine und ich vielleicht gar nicht mehr am Leben... «
Rosalinds Herz schmolz beim Anblick des schlafenden Kindes mit dem seidigen dunklen Haarschopf dahin. »Darf ich ihn einmal halten?
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