Fallen Angels 01 - Die Ankunft
Mann?«
Robbie schwieg, die Augen auf seine Füße gerichtet, die Hände im Schoß gefaltet. In der Regel vermied er Blickkontakt mit Männern, und Marie-Terese wollte ihn auch nicht dazu zwingen.
»Ihm geht es gut.« Sie widerstand mühsam dem Drang, ihn noch einmal nach Verletzungen zu untersuchen.
Längere Zeit sprach keiner, dann trat der Mann zurück. »Dann will ich Sie jetzt mal nicht weiter aufhalten. Passen Sie auf sich auf.«
»Sie auch, und danke noch mal, dass Sie sich nach uns erkundigt haben.«
»Gern geschehen. Bis bald.«
Während sie das Fenster wieder schloss, ertönte ein Quäken vom Boden zu Robbies Füßen. »Das Handy!«, rief sie. »O mein Gott … Trez. Robbie, könntest du es mir bitte geben?«
Robbie bückte sich und hob das Telefon auf. Bevor er es ihr aushändigte, fragte er grimmig: »Soll ich nach Hause fahren?«
Marie-Terese musste fast lachen, aber die Ernsthaftigkeit in seiner Miene bremste sie. »Ich passe ab jetzt besser auf. Versprochen.«
»Ist gut, Mama.«
Sie tätschelte ihm das Knie, als sie das Handy wieder ans Ohr hielt. »Trez?«
»Was zum Henker war da los?«
Sie zuckte unwillkürlich zusammen und hielt den Hörer vom Ohr weg. »Ähm … das war eine rote Ampel, die ich wohl übersehen habe.« Gewissenhaft überprüfte sie jeden einzelnen Spiegel am Auto, bevor sie den Blinker setzte und sich wieder in den Verkehr einordnete. »Aber es ist nichts passiert.«
Als der blaue Subaru vorbeifuhr, winkte sie dem Fahrer zu. Paul … Peter … wie hieß er noch gleich?
»Grundgütiger … ich hatte fast einen Herzinfarkt«, murmelte Trez.
»Was meintest du vorhin gerade?« Als wäre der Beinahe-Unfall nicht schon Schock genug gewesen.
»Ruf mich doch einfach an, wenn du zu Hause bist. Ich weiß ja nicht, wie viele Ampeln noch kommen …«
»Ich passe jetzt auf.« Langsam fuhr sie an. »Versprochen.«
Man hörte ein zutiefst männliches Grummeln in der Leitung. Dann: »Na schön, die Sache ist folgende. Die Bullen sind vor einer halben Stunde hier aufgetaucht, um sich noch mal mit dem Personal zu unterhalten, speziell mit dir. Ich schätze mal, sie haben dich zu Hause nicht angetroffen und dann versucht, dich anzurufen, und als sie dich nicht erreicht haben, sind sie hierhergekommen. Viel weiß ich auch nicht, nur, dass an beiden Tatorten ein Fußabdruck gefunden wurde, der auf eine mögliche Verbindung zwischen den beiden Überfällen hindeutet. Ein Turnschuhprofil oder so. Übrigens darf ich das eigentlich gar nicht wissen, glaube ich, aber ich kam ganz zufällig vorbei, als zwei von den Bullen vor der Tür eine geraucht und sich dabei Fotos gezeigt haben, und da hab ich wohl ein paar Gesprächsfetzen aufgeschnappt. Stell dir das mal vor.«
Marie-Tereses erster Gedanke war, dass Vin keine Turnschuhe trug - zumindest hatte er an beiden Abenden Schuhe mit glatten Ledersohlen angehabt.
Merkwürdig, nicht wahr: Ihre Hauptsorge galt der Frage, ob Vin etwas damit zu tun hatte, nicht, ob Mark ihr aus dem Gefängnis heraus jemanden auf den Hals hetzte. Die Sache war doch die - sie war den Fängen ihres Exmannes einmal entkommen, sie konnte es wieder schaffen. Doch die Vorstellung, sich noch einmal in einen gewalttätigen Mann zu verlieben, war etwas, was sie nicht so leicht abschütteln konnte.
»Trez, hast du eine Ahnung, wann das …« Verstohlen schielte sie zu Robbie, der mit dem Finger auf der Fensterscheibe malte. »Weißt du, wann es passiert ist? Gestern Abend?«
»Nachdem du weg warst.«
Dann konnte es Vin also nicht gewesen sein …
»Dein Mann steckt übrigens in Schwierigkeiten.«
»Wie bitte?«
»Vin diPietro. Sein Bild schwirrt durch alle Nachrichten. Offenbar liegt seine Freundin schlimm verprügelt im Krankenhaus, und sie behauptet, dass er es war.«
Als diese zweite Bombe einschlug, nahm Marie-Terese den Fuß vom Gas und hob an der nächsten Kreuzung betont aufmerksam den Blick. Grün. Grün hieß Fahren, ermahnte sie sich. Fahren hieß Gas geben. Bemüht senkte sie den Fuß wieder aufs Pedal, und der Camry reagierte mit dem Überschwang eines künstlich beatmeten Patienten.
»Könnte es rein zufällig sein«, murmelte Trez, »dass ihr beide gestern Abend gegen zehn Uhr zusammen wart?«
»Ja.«
»Dann hol mal tief Luft. Denn laut Nachrichten ist es um diese Zeit passiert.«
Marie-Terese stieß hörbar den Atem aus. »O mein Gott … Was wird er tun?«
»Er ist schon auf Kaution draußen.«
»Ich kann ihm helfen.« Obwohl sie sich im selben
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