Fallen Angels 01 - Die Ankunft
sich in sein Gesichtsfeld, und über der schmucken Fußbekleidung hing eine Leinenhose mit rasiermesserscharfer Bügelfalte in der perfekten Länge über den Knöcheln.
Der Saum wurde zackig nach oben gerafft, und dann ging Nigel vor ihm in die Hocke. »Wie nett, dich mal wieder zu sehen. Und doch, du gehst wieder runter. Du hast noch einige Aufträge vor dir.«
Jim stöhnte. »Muss ich jedes Mal erst sterben, bevor ich herkomme? Denn nehmt’s mir nicht übel, aber ich könnte euch auch einfach ein Handy schenken, dann könnt ihr mich anrufen.«
»Du hast dich sehr gut geschlagen«, fuhr der Mann … Engel … was auch immer ungerührt fort und streckte seine Hand aus. »Wirklich sehr gut.«
Jim stieß sich von dem federnden Untergrund ab und drehte sich halb um. Als er die angebotene Rechte schüttelte, blendete ihn der Himmel, so dass er blinzeln musste und schnell wieder losließ, um sich die Augen reiben zu können.
Mann, Mann, Mann, das war vielleicht alles ein Trip gewesen. Aber wenigstens ging es Vin und Gretchen gut.
»Ein feines, aber ausschlaggebendes Detail hattet ihr leider versäumt zu erwähnen«, wandte er sich an den Engel. »Dieser Scheideweg war mein eigener, richtig? Als die Kugel angeflogen kam, lag die Schlüsselentscheidung bei mir und nicht bei Vin.«
»Genauso war es. Als du die Wahl getroffen hast, sie statt dich selbst zu retten, war das ein entscheidender Wendepunkt.«
Jim ließ die Arme an die Seiten fallen. »Das war ein Test.«
»Den du übrigens bestanden hast.«
»Hey, weiter so, Jimmie«, meinte Jim ironisch.
Jetzt schlenderten auch Colin und die anderen beiden Dandys herbei. Alle drei waren gekleidet wie Nigel: gebügelte weiße Hose, dazu Kaschmirpullis, einer in Pfirsich, einer in Gelb und einer in Hellblau. Nigels Oberkörper steckte in einem zarten Korallenrot.
»Tragt ihr Jungs jemals irgendwelche dunklen Farben? Oder verletzt das euer Feingefühl?«
Colin kniete sich hin und stützte doch tatsächlich ein Knie auf dem Rasen auf - was darauf hindeutete, dass es im Himmel leistungsstarke Waschmittel gab. »Ich bin ziemlich stolz auf dich, Kumpel.«
»Genau wie wir.« Bertie streichelte den Kopf des Wolfshundes. »Das hast du fabelhaft gemeistert.«
»Fabelhaft, in der Tat.« Auch Byron nickte, seine rosa Brillengläser funkelten im diffusen Licht. »Aber ich wusste ja gleich, dass du eine kluge Wahl treffen würdest. Von Anfang an, ja, wirklich.«
Jim konzentrierte sich auf Colin. »Was verheimlicht ihr mir noch?«
»Ich fürchte, mein lieber Junge, die Dinge bedürfen noch einiger Erklärung.«
Jim ließ den Kopf in den Nacken fallen und betrachtete den milchig blauen Himmel, der gleichzeitig meilenweit entfernt und zum Greifen nah erschien. »Ihr kennt nicht rein zufällig einen Drecksack namens Matthias, oder?«
Eine sanfte Brise wehte heran und raschelte durch die Grashalme, doch die Frage blieb unbeantwortet, also kam Jim mühsam auf die Füße. Als Bertie und Byron ihm zu Hilfe eilen wollten, wehrte er sie ab, obwohl er ungefähr so sicher auf den Beinen stand wie ein Bleistift auf seinem Radiergummi.
Jim wusste genau, was jetzt kam. Der nächste Auftrag. Sieben Seelen da draußen, und eine hatte er gerettet … oder waren es zwei?
»Wie viele muss ich noch verarzten?«, wollte er wissen.
Colin schwenkte den Arm nach rechts. »Sieh selbst.«
Mit gerunzelter Stirn wandte Jim den Blick gen Schloss. Oben auf der hohen Mauer kräuselte sich eine gigantische, dreieckige, knallrote Flagge im Wind. Der Stoff war unglaublich leuchtend, so lebendig wie das Grün des Rasens, und Jim konnte den Blick nicht davon abwenden.
»Deshalb tragen wir Pastellfarben«, erklärte Nigel. »Deine erste Ehrenflagge ist gehisst, und nichts außer dem grünen Gras hier soll mit ihr wetteifern.«
»Die ist für Vin?«
»So ist es.«
»Wie wird es den beiden ergehen?«
Byron ergriff das Wort. »Sie werden ihre Tage gemeinsam in Liebe verbringen, und wenn sie hierherkommen, werden sie bis in alle Ewigkeit in Freude fortleben.«
»Vorausgesetzt, du vermasselst es nicht bei den anderen sechs«, warf Colin im Aufstehen ein. »Oder schmeißt den Kram vorher hin.«
Jim richtete den Zeigefinger wie eine Pistole auf den Kerl. »Ich gebe nicht auf.«
»Wir werden sehen … wir werden sehen.«
»Du bist so ein Armleuchter.«
Nigel nickte ernsthaft. »O ja, das ist er.« »Weil ich mitdenke?« Den Engel schien diese Bezeichnung überhaupt nicht zu stören. »Bei jeder
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