Fallen Angels 01 - Die Ankunft
mach nur.«
Vin warf Jim einen Blick zu. »Ist es okay, wenn Sie hier warten?«
Der Angesprochene nickte. »Vor allem, wenn das heißt, dass Sie mir nachher nicht den ganzen Wagen vollbluten.«
»Ich beeile mich auch«, sagte die Frau.
Kein Problem , dachte Vin. Von ihm aus konnte sie sich ewig Zeit lassen - er stockte. Devina mochte ja wütend abgerauscht sein, aber sie war in genau diesem Augenblick in seinem Haus, in seinem Bett. Er war es ihr schuldig, sich nicht so in diese andere Frau reinzusteigern.
Sagen wir mal lieber, du glaubst zu wissen, wo Devina steckt , erinnerte ihn seine innere Stimme.
»Kommen Sie«, sagte die Frau und machte die Tür auf.
Aus irgendeinem Grund drehte sich Vin noch einmal zu Jim um - und dessen Gesichtsausdruck verkündete klar und deutlich: Sieh dich bloß vor, mein Freund.
Vin öffnete den Mund, er wollte wirklich vernünftig sein und sich am Riemen reißen.
»Bin gleich wieder da, Jim«, war alles, was er herausbekam.
Schlampe. Hure. Nutte.
Er konnte es nicht fassen. Sie ging auf den Strich. Verkaufte ihren Körper an Männer, die ihn zum Sex benutzten. Die Realität war unvorstellbar.
Anfangs hatte er gar nicht begriffen, was da offenbar vor sich ging. Schlimm genug, wenn sie eine Kellnerin oder Barkeeperin gewesen wäre oder, Gott bewahre, eine Käfigtänzerin in so einem Club. Aber dann hatte er sie mit offen zur Schau gestellten Brüsten und entblößten Oberschenkeln herumlaufen sehen - für jedermann zu beglotzen.
Und sie hatte bekommen, was sie verdiente: Diese beiden Jungs hatten sie verfolgt wie ein Beutetier, sie genauso behandelt, wie Männer solche Frauen eben behandelten.
Er wiederum war den beiden ebenfalls gefolgt und hatte zugesehen, wie die Schlägerei ausgebrochen war. Er hatte sich nicht rühren können, so groß war sein Schock. Bei allem, was er sich ausgemalt hatte, bei allen Mutmaßungen, die er über ihr Leben hier in Caldwell angestellt hatte, war dies nicht vorgekommen.
Das konnte einfach nicht sein.
Während die beiden aufdringlichen Burschen dort in dem Korridor verprügelt wurden, hatte er sich durch die Menge zurückgezogen und war in benebelter Hast durch den Vordereingang gestürmt, ohne jede Ahnung, was er da tat oder wohin er wollte. Die Kälte brachte keine Klarheit in seinen Kopf, lichtete die Verwirrung nicht, und er lief ohne jeden Plan zum Parkplatz. Als er in sein 08/15-Auto gestiegen war, schloss er sich ein und atmete schwerfällig.
Da erst kam die Wut in ihm hoch. In großen Wogen strömte die Empörung durch seinen Körper, brachte ihn zum Schwitzen und zum Zittern.
Er wusste genau, dass sein Jähzorn ihn schon früher in Schwierigkeiten gebracht hatte. Er wusste, dass diese brodelnde Raserei ein Problem war, und er erinnerte sich daran, was man ihm im Gefängnis beigebracht hatte: Bis zehn zählen. Versuchen, sich zu beruhigen. Sich das Sicherheitsbild ins Gedächtnis rufen …
Eine Bewegung am Hintereingang erregte seine Aufmerksamkeit.
Eine Tür öffnete sich, und die beiden Jungs, die Marie-Terese belästigt hatten, wurden von denen, die ihr zu Hilfe geeilt waren, wie Müllsäcke aufs Pflaster gesetzt. Ein schwarzer Mann blieb draußen in der Kälte, sprach einen Moment lang mit den beiden Übeltätern und ging dann wieder in den Club.
Über sein Lenkrad hinweg starrte er die beiden Jungs unverwandt an.
Der Blitz schlug in ihn ein, wie er es immer tat, und wischte alles andere weg: Sein Zorn verdichtete sich und kristallisierte dann. Als er die beiden am Hintereingang ins Visier nahm, fokussierten sich all die Wut und das Gefühl von Verrat und der Schock und die Verstörung, die diese Frau in ihm ausgelöst hatte, auf diese zwei.
Wie benommen vergewisserte er sich noch einmal, dass der falsche Schnauzbart und die Brille weiterhin saßen. Es war ziemlich wahrscheinlich, dass hinter dem Club Überwachungskameras installiert waren, und da man ihn mit der Methode schon einmal erwischt hatte, war sogar sein Jähzorn schlau genug, sich nicht vor neugierigen Linsen auszutoben, nicht einmal verkleidet.
Also wartete er.
Endlich kamen die College-Jungs steifbeinig auf die Füße, einer von ihnen spuckte Blut, der andere hielt seinen Arm fest, als hätte er Angst, dieser könnte abfallen. Nase an Nase stritten sie sich. Die schroffen Worte, die sie einander an den Kopf warfen, waren nur stumme Gesten, weil er zu weit weg stand, um sie zu verstehen. Aber der Streit währte nicht lange. Ziemlich bald verstummten sie, so
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