Fallen Angels 02 - Der Dämon
nicht sonderlich tief; Spuren auf dem Geist jedoch reichten viel, viel tiefer.
Und Unsterbliche waren in dieser Hinsicht ganz besonders lohnend, da mit dem Gehirn auch die Erinnerung fortdauerte - und das hieß, Devina konnte ewige Narben hinterlassen.
Ihre Wand betrachtend, die sich kilometerweit nach oben erstreckte, dachte Devina an ihre Therapeutin und die Arbeit, die sie zusammen geleistet hatten. Das hier war der eine Bereich, der sich ihrer »Heilung« entzog, und diese spezielle Situation mit Jim bewies wieder einmal, wie praktisch ihr kleiner Sammelzwang manchmal sein konnte.
Man wusste ja nie, was man noch einmal brauchen konnte.
Mit ausgestreckter Hand zog sie eine der schlankeren Formen aus einem der höheren Abschnitte herunter, lotste sie in und um die anderen Seelen herum, holte sie zu sich. Als die Seele unten ankam, rief Devina sie herbei und kleidete sie in die körperliche Gestalt, die sie auf Erden getragen hatte.
Devina musste lächeln. So viel Nutzwert in einer so farblosen und nichtssagenden kleinen Verpackung.
An ihren Tisch gewandt, sagte sie: »Jim? Ich habe hier jemanden, den du bestimmt gern sehen möchtest.«
Das bezweifelte Jim. Bezweifelte es sehr ernsthaft.
Außerdem war »Sehen« inzwischen vermutlich sowieso nicht mehr drin.
Immerhin tat nichts mehr weh, was den Mist so viel erträglicher machte. Der Preis für diese selige Empfindungslosigkeit war allerdings, dass sein Bewusstsein sich ganz in eine düstere Ecke seines Geistes zurückgezogen hatte. Es hatte sich zwar noch nicht komplett zu einem Nickerchen hingelegt, war aber auf dem besten Weg dahin: Sein Gehör hatte die Wattephase erreicht, wo alles gedämpft klang, und ihm war scheißkalt in seiner Haut.
Angesichts dieser klassischen Anzeichen eines Schocks musste er sich fragen, ob sie ihn vielleicht doch töten konnte.
Adrian hatte sie nicht den Rest gegeben, aber war das nur einer vorübergehenden Gewogenheit geschuldet gewesen?
»Dann lass ich euch beide mal allein, damit ihr euch beschnuppern könnt.«
Devinas hörbare Zufriedenheit war kein gutes Zeichen, immerhin hatte sie alles Menschenmögliche unternommen, um ihn in die Knie zu zwingen, und das seit ... wie lange? Stunden? Mussten Stunden sein.
Schritte. Die sich entfernten.
Eine Tür. Die zugeschlagen wurde.
Stille.
Aber etwas war bei ihm. Er konnte es links von sich spüren.
Hinter geschlossenen Lidern wusste er zwei Dinge ganz sicher: Devina konnte nicht weit sein, und mit wem oder was auch immer sie ihn zusammengesperrt hatte, war ganz in der Nähe.
Das Atmen war das Erste, was er bemerkte. Weich und stoßweise. So, wie man Luft holte, wenn man im Regenerationsmodus war. Vielleicht war es sein eigener Atem?
Nein. Ein anderer Rhythmus.
Vorsichtig wandte er dem Etwas den Kopf zu und sabberte dabei, sein Mund reinigte sich von dem, was er wegen des Drahts um seinen Hals nicht herunterschlucken konnte.
Was auch immer da bei ihm war, stieß einen weiteren stockenden Atemzug aus. Und dann hörte er ein leises Klicken.
Was zum Henker war das?
Schließlich gewann seine Neugier die Oberhand, und er zog mühsam ein Augenlid hoch ... beziehungsweise, er versuchte es. Es klappte erst im zweiten Anlauf, und er musste seine Augenbrauen bis hoch auf die Stirn ziehen, ehe sich ein kleiner Spalt öffnete ...
Zuerst begriff Jim nicht, was er da sah. Aber die blonden Haare waren nicht zu ignorieren ... diese langen, blonden Haare, die auf zarte Schultern fielen.
Er hatte sie erst vor wenigen Tagen zuletzt gesehen. In Devinas Badezimmer.
Da waren sie voller Blut gewesen.
Das Mädchen, das geopfert worden war, um Devinas Spiegel zu beschützen, war in ein fleckiges Kleid gehüllt, die dünnen Arme bedeckten ihre Brüste, eine kleine Hand schützte die Stelle, an der ihre Oberschenkel zusammentrafen. Sie wirkte wunderbarerweise unverletzt, doch das Trauma war unübersehbar: Ihre Augen waren weit aufgerissen und zu Tode verängstigt ...
Doch sie waren nicht auf den Raum gerichtet. Sie lagen auf ihm ... auf seinem Körper und den glänzenden, klebrigen Überresten all dessen, was ihm angetan worden war.
»Nicht ...« Seine Stimme war viel zu schwach, also zwang er mehr Luft durch die Drahtbarriere um seine Kehle. »Nicht ... mich ... anschauen. Dreh dich weg ... um Himmels willen, dreh dich weg ...«
Scheiße, er brauchte mehr Sauerstoff. Er musste sie dazu bringen ...
Ihr Blick begegnete dem seinen. Der Schreck und das Entsetzen in ihrer Miene verrieten
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