Fallen Angels 02 - Der Dämon
mehr miteinander gehabt: Nachdem der letzte Entzugsversuch in einer weiteren kostspieligen Suchtklinik wieder zu nichts geführt hatte, waren die Grenzen ihres Vaters erreicht gewesen, wie es oft bei Eltern und Angehörigen vorkam. Er hatte seinem Sohn alles gegeben, was er konnte, hatte sich durch zehn schwere Jahre gekämpft, in denen kurze Phasen der Besserung trügerische Hoffnungen weckten, dann aber unausweichlich von langen, dunklen Monaten gefolgt wurden, in denen keiner wusste, wo Daniel war oder ob er überhaupt noch am Leben war.
Doch über seinen Tod war ihr Vater untröstlich gewesen. Bis zu dem Punkt hin, an dem er eine komplette Woche in einem Sessel sitzend verbracht hatte, nur eine Flasche Gin neben sich.
Und jetzt wusste Grier, warum. Er hatte geglaubt, er allein wäre verantwortlich.
Als sie ihn jetzt beim Sprechen beobachtete, bemerkte sie das Alter in seinen Zügen ... die Falten um Augen- und Mundwinkel, das leichte Hängen der Kieferkontur. Er war immer noch ein gut aussehender Mann, doch geheiratet hatte er nicht noch einmal. Lag das an der verfahrenen Situation, in der er sich befand? Wahrscheinlich.
Bestimmt sogar.
Diese Anzeichen von Alter waren nicht nur eine Folge der Zeit, die verstrichen war. Es waren auch Stress und Kummer und ...
Sie wandte sich lsaac zu. Sein schmaler, laserartiger Blick war durchdringend, die hellen Iriden leuchteten geradezu vor Tatendrang. Komisch, was Herkunft, Bildung, gesellschaftlichen Status, Erfahrung betraf, hatte er überhaupt keine Gemeinsamkeiten mit ihrem Vater. Und trotzdem waren sie einander in vielerlei Hinsicht so ähnlich.
Vor allem waren sie vereint in der Mission, das Richtige zu tun.
»Grier?«
Sie schüttelte sich und sah ihren Vater an. Er streckte ihr etwas entgegen ... ein Taschentuch? Aber warum ...?
Als sie etwas auf ihrem Unterarm spürte, senkte sie den Blick. Eine silbrige Träne sammelte sich gerade nach dem Sturz aus ihrem Auge wieder, verschmolz zu einem schimmernden runden Fleck auf ihrer Haut.
Noch eine tropfte herunter und brachte den hübschen Kreis durcheinander - aber dann taten sich die beiden zusammen, und die kritische Masse verdoppelte sich.
Sie nahm das Taschentuch und trocknete sich die Augen.
»Es tut mir so leid«, sagte ihr Vater.
Grier wischte sich das Gesicht ab und faltete das zarte Leinen wieder zusammen, genau wie er es vorher oben in der Küche getan hatte.
»Weißt du was«, murmelte sie. »Entschuldigungen bedeuten gar nichts.« Sie legte die Hand auf den Ordner, den er auf den Tisch gelegt hatte. »Das hier ... was ihr vorhabt ... das bedeutet alles.«
Es war das Einzige, was irgendetwas wiedergutmachen konnte.
Um das Gespräch zu beenden, klappte sie den Deckel auf ...
Sie runzelte die Stirn und beugte sich vor. Die erste Seite war ein Ausdruck von vier Verbrecherfotos. Alles Männer. Alle sahen wie unterschiedliche Versionen von lsaac aus. Unter den Bildern standen in der Handschrift ihres Vaters Namen, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern, letzte Sichtungen - aber nicht alle Steckbriefe waren komplett. Und unter drei Bildern stand quer: Verstorben.
Sie blätterte zur nächsten Seite und zur nächsten. Alle gleich. So viele Gesichter.
»Ich möchte Jim Heron mit ins Boot holen«, sagte lsaac. »Je mehr Leute auspacken, desto besser ...«
»Jim Heron?«, sagte Griers Vater. »Sie meinen Zacharias?«
»Genau. Ich habe ihn heute und gestern Abend getroffen. Erst dachte ich, er wäre geschickt worden, um mich zu töten, aber es hat sich herausgestellt, dass er mir helfen will - zumindest behauptet er das.«
»Sie haben ihn gesehen?«
»Ja, in Begleitung von zwei anderen Männern. Die habe ich zwar nicht erkannt, aber sie sehen aus, als könnten sie auch zu den X-Ops gehören.«
»Aber ...«
»Oh mein Gott«, flüsterte Grier und hob eins der Blätter etwas höher. »Das ist er.«
Sie zeigte mit dem Finger auf eines der Bilder und hörte ihren Vater sagen: »Jim Heron ist tot. Er wurde in Caldwell, New York, erschossen. Vor vier Tagen.«
»Das ist er«, wiederholte sie und klopfte mit dem Finger auf das Foto.
lsaac klang verwirrt. »Woher weißt du das? Grier ... woher weißt du das?«
Sie blickte auf. »Woher weiß ich was?«
»Dass das Jim Heron ist.«
Sie schob den Finger zur Seite und entdeckte den Namen Zacharias unter dem Bild. »Wer das ist, weiß ich nicht, aber das ist der Mann, der gestern Nacht in meinem Schlafzimmer aufgetaucht ist. Als
Weitere Kostenlose Bücher