Fallen Angels 02 - Der Dämon
dessen leichtem Windzug zwei rote Fähnchen bebten. »Die Klimaanlage saugt mehrere Blocks von hier entfernt an, daher besteht keine Gefahr von Kontaminierung. Außerdem gibt es hier einen Tunnel nach draußen und einen Radiowellentransmitter, der unsere Stimmen unkenntlich macht, falls wir aufgezeichnet werden.«
Von einem Tunnel hatte Grier noch nie etwas gehört; sie sah sich um. Soweit sie das beurteilen konnte, waren alle Regale festgedübelt und der Fußboden durchgängig aus Stein, aber in Anbetracht der anderen kleinen Gimmicks, die das Haus zu bieten hatte, konnte sie nicht behaupten, überrascht zu sein.
lsaac meldete sich zu Wort. »Wenn ich mit jemandem reden wollte, wer wäre das?«
»Das hängt davon ab, w ...«
»Was ist mit Mutter?«, unterbrach Grier ihn selbstvergessen. Sie musterte das Gesicht ihres Vaters, forschte darin nach kaum merklichen Zuckungen um Augen und Mund. »Als sie gestorben ist, war das wirklich Krebs?«
Obwohl das sieben Jahre her war, standen ihr diese furchtbaren letzten Tage noch so lebendig vor Augen, und sie ging im Geiste jeden Moment noch einmal durch, suchte nach Rissen in den Wänden der Ereignisse, nach Orten, an denen Dinge in Wirklichkeit anders gewesen sein könnten, als sie erschienen.
»Ja«, gab ihr Vater zurück. »Ja ... sie ... ja, es war Krebs. Das schwöre ich dir.«
Grier stieß hörbar die Luft aus. Kaum zu fassen, dass sie tatsächlich erleichtert über diese furchtbare Krankheit war. Aber immerhin war es besser, wenn Mutter Natur die Schuldige gewesen war. Einer war mehr als genug.
Sie räusperte sich. Nickte. »Also gut. Gut.«
Eine warme Hand legte sich auf ihre und drückte sanft zu. Da ihr Vater beide Hände auf den Tisch gelegt hatte, begriff sie, dass es Isaacs war. Sobald sie ihn ansah, löste er die Verbindung, seine Berührung dauerte nur gerade so lange, dass sie wusste, er war bei ihr, aber nicht so lang, dass sie sich eingeengt fühlte.
Diese Widersprüchlichkeit in ihm. Brutal. Sinnlich. Fürsorglich.
Mit einem mentalen Klaps auf die eigene Wange wandte sie sich wieder ihrem Vater zu. »Was wolltest du vorhin sagen?«
Childe riss sich sichtlich zusammen und sah lsaac an. »Wie weit sind Sie bereit zu gehen?«
»Über andere Agenten rede ich nicht, aber was meine Aufträge betrifft, werde ich nichts verschweigen: Was ich für Matthias getan habe. Was ich über ihn und seinen Stellvertreter weiß. Wohin die beiden mich geschickt haben. Das Blöde daran ist, dass es Flickwerk bleiben wird - von vielen Aufträgen weiß ich nicht alles, nur Bruchstücke.«
»Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Griers Vater stand auf, und ehe sie noch erkennen konnte, was er tat, rückte ein Teilstück des Regals von der Wand ab, schob sich nach links und enthüllte einen eingebauten Safe. Durch den Abdruck seiner Handfläche auf einem Sichtfenster öffnete Childe die robuste Tür. Das Innere war nicht sehr groß - circa zwanzig Zentimeter breit und nicht mehr als fünfzehn Zentimeter hoch.
Mit einem dicken Ordner kam er schließlich zurück an den Tisch. »Hier ist alles drin, was ich sammeln konnte. Namen, Daten, Menschen, Orte. Vielleicht hilft das Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.« Er tippte auf den Umschlag. »Und zu wem Sie gehen müssen, kriege ich heraus. Man kann nie mit Sicherheit wissen, wer zu Matthias' engstem Zirkel gehört - Verschwörungen in Regierungskreisen haben dicke Wurzeln, aber auch Ranken, die man nicht sehen kann. Das Weiße Haus ist keine Option, und da es eine Angelegenheit auf Bundesebene ist, helfen uns Kontakte auf Staatsebene nicht weiter. Aber ich überlege Folgendes ...«
Die Stimme ihres Vaters wurde mit jedem Wort bestimmter, seine wachsende Entschlusskraft verwandelte ihn in die Säule, für die Grier ihn immer gehalten hatte. Und während er seine Pläne darlegte, spürte sie eine Verschiebung tief in ihrem Herzen.
Obwohl das genauso viel einem Satz geschuldet war, den lsaac gesagt hatte. Keiner von uns weiß, worauf wir uns einlassen, bis es zu spät ist ...
Ihr Bruder war ein geliebter Junkie gewesen, ein Süchtiger reinsten Wassers, der sehr wahrscheinlich eines Tages von eigener Hand gestorben wäre - wobei das natürlich keine Rechtfertigung für das war, was man ihm angetan hatte, sondern einfach nur die Realität der Situation. Und Grier war damals überrascht gewesen, wie stark der Verlust ihren Vater mitgenommen hatte. Er und Daniel hatten mindestes ein Jahr vor jener furchtbaren Nacht keinen Kontakt
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