Fallen Angels 02 - Der Dämon
erstes Mordopfer gewesen, da Matthias genau gewusst hatte, was er sagen musste, um die Pumpe seines alten Herrn zum Stillstand zu bringen. Damals war er fünfzehn gewesen. Sein Vater einundvierzig. Und Matthias hatte in seinem Zimmer auf dem Fußboden gesessen, sich die ganze Sache angesehen, dabei am Knopf des Radioweckers gedreht und in dem ganzen Sendermüll nach einem guten Lied gesucht.
Währenddessen war das Gesicht seines Vaters rot angelaufen, dann blau ... dann war es zu grau verblasst.
Der perverse Wichser hatte es verdient. Nach allem, was er getan hatte ...
Matthias schüttelte die Vergangenheit ab und holte seinen Mantel. Wie immer war der schlichte Vorgang des Anziehens ein Riesenakt, sein ganzer Rücken verspannte sich, um die Arme hin und her zu schieben. Dann verließ er sein Büro und lief durch die unterirdischen Flure des anonymen Bürokomplexes, in dem er arbeitete, wenn auch sein Körper ihm die Bewegung schwer übelnahm.
Sein Wagen samt Fahrer wartete in der Tiefgarage auf ihn, und als er auf den Rücksitz der Limousine kletterte, stöhnte er.
Flaches Atmen hielt ihn bei Bewusstsein, als der Schmerz heftig aufloderte ... und dann allmählich nachließ, während das Auto sanft anfuhr.
Von vorne hörte er den Fahrer sagen: »Voraussichtliche Ankunft in zehn Minuten.«
Matthias schloss die Augen. Er war nicht ganz sicher, warum er diesen Ausflug überhaupt unternahm ... aber irgendetwas zog ihn mit einem Zwang in den Nordosten der Vereinigten Staaten, den nicht einmal seine rationale Seite verleugnen konnte. Er musste einfach fahren, auch wenn ihn das Bedürfnis überraschte.
Andererseits hatte Matthias in genau dem Moment, als seine Nummer zwei sein eigenes Ziel aufgespürt hatte, den Soldaten geortet, hinter dem er persönlich her war, und dieser lange Flug zurück übers Meer fand statt, weil er dem Mann, der ihm das Leben gerettet hatte, ein letztes Mal ins Gesicht sehen wollte - bevor der Leichnam des Dreckskerls begraben wurde.
Er redete sich ein, nur bestätigen zu wollen, dass Jim Heron wirklich tot war.
Aber es steckte mehr dahinter.
Selbst wenn er das Warum nicht verstand ... für ihn steckte viel mehr hinter dieser Reise.
Zwölf
Mehr als alles andere war Grier wütend auf sich selbst.
Während sie zu ihrem Audi stapfte, sich zwischen den anderen Autos durchschlängelte und hier und da von einem Schwachkopf einen Spruch nachgerufen bekam, stand ihr alles glasklar vor Augen: Wo sie sich befand, was sie vorhin im Gericht getan hatte, wen sie zu retten versuchte.
Isaac hatte diesem Mann den Arm gebrochen. Vor ihr und knapp hundert weiteren Zeugen. Und hatte dabei dasselbe Maß an Panik und Schock an den Tag gelegt wie beim Auflegen eines Telefonhörers.
Als tat er so etwas wohl jeden Tag.
Und dann hatte er auch noch Geld dafür angenommen.
Bei ihrem Wagen angelangt, zog sie den Schlüssel aus der Tasche und deaktivierte die Alarmanlage. Als sie ihr eigenes Spiegelbild in der Scheibe des Beifahrerfensters erhaschte, musste sie an ihren Bruder denken.
Diese höchste innere Anspannung, die sie heute Abend hierhergetrieben hatte, erinnerte sie an die Nacht, in der er gestorben war.
Grier war diejenige gewesen, die ihn gefunden hatte, und ihre Wiederbelebungsversuche hatten nichts bewirkt ... weil er schon tot gewesen war, bevor sie mit diesen anfing. Trotzdem hatte sie immer weiter seinen Brustkorb massiert und ihm in den Mund geatmet.
Die Sanitäter hatten sie von seiner Leiche wegzerren müssen. Schreiend.
Und Tatsache war, im Tod - wie im Leben - waren ihm all ihre Bemühungen, ihn zu retten, egal gewesen. Er hatte im Bann seines letzten Schusses gestanden, ein quälender Ausdruck ekstatischer Lust war auf dem grauen Gesicht eingefroren, die brennende Sucht erfüllt.
Leichtsinn konnte die unterschiedlichsten Formen annehmen.
Sie war immer stolz darauf gewesen, die Verantwortungsbewusste von ihnen beiden zu sein, diejenige, die gut in der Schule war und sich anstrengte, um voranzukommen, und die nichts tat, was ihre Eltern nicht gebilligt hätten. Und ganz sicher hatte sie nie, nie illegale Drogen ausprobiert. Nicht ein einziges Mal.
Und dennoch setzte sie gerade ihr Leben und ihre Karriere aufs Spiel, in der Hoffnung, einen Wildfremden zu überreden, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren. Wenn die Polizei aufgetaucht wäre - oder auftauchte, es konnte immer noch passieren - und sie als Zuschauerin verhaftet hätte, wäre sie ihre Anwaltszulassung schneller los, als
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