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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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anscheinend einfach nicht warm. Jedes Mal wenn ein Bus vorbeifährt, scheppert das Fenster. Ich wünschte, ich hätte ein eigenes Haus. Aber ich glaube nicht, daß ich das je schaffe. Ich hätte das schönste Bad der Welt, ganz bestimmt. Das hasse ich am meisten an den möblierten Zimmern: Die Badezimmer sind grauenhaft. Kalt und muffig, und sie stinken. Ich schrubb mir noch die Haut von den Händen, so viel Vim nehm ich fürs Bad her.
    Trotzdem wird es nie ganz sauber. In dem Haus hier gibt es sechs möblierte Zimmer. Neulich hab ich mir das mal genau angesehen. So viel besser als in Ringsend ist es hier letztlich auch nicht.
    Ich bring’s einfach zu nichts in meinem Leben. Siebenundzwanzig bin ich jetzt, die besten Jahre hab ich hinter mir. Wer könnte mich jetzt noch wollen? Die Mädchen in der Arbeit glauben, ich sei dreiundzwanzig. So schlimm gelogen ist das eigentlich gar nicht, oder? Letzte Woche habe ich beim Tanzen einen netten Jungen kennengelernt. Fagan heißt er. Hoffentlich kommt er am Samstag auch. Ich hab schließlich doch für Rose Änderungsarbeiten gemacht. (Aber keine Mäntel gewendet, darauf habe ich bestanden!) Sie zahlt immer noch nicht viel, aber ich spare. Ich muß hier raus.
    1956. Diese Woche ist das neue Kinderkrankenhaus in Crumlin eröffnet worden. Das hat mich an Jimmy erinnert, all diese kleinen Kerlchen in ihren Betten. In den Zeitungen waren viele Bilder. Eins hab ich ausgeschnitten. Da war eine Menge Leute mit Fahrrädern drauf. Die Überschrift ist mir ins Auge gefallen. Pedaltreter für Kinder. £7500 wurden für die Kleinen gespendet. Ganz vorne war eine sehr gut aussehende Frau; einen Fuß hatte sie auf dem Boden, und sie hat lächelnd über die Schulter geschaut. Ihre Aufmachung war großartig. Schwarzer gerippter Rollkragenpullover und eine eng an den Knöcheln anliegende Hose – eine Radfahrerhose. Das würde mir auch gefallen, obwohl ich noch nie in meinem Leben Hosen angehabt hab. Aber ich werd’s mal probieren. Die Frau erinnert mich an irgend jemand. Ich glaube, eine von Roses Kundinnen. Jedenfalls, ich hab mir gedacht, ich schneider die Hose nach, die sieht elegant aus.
     
    1957. Ich habe ein französisches Mädchen kennengelernt. Und ich glaube, ich habe mich in sie verliebt. Sie ist klein und dunkelhaarig und ungeheuer lustig; das ist wirklich eine Abwechslung für mich. Sie ist so ohne Hemmungen, so exotisch. Wahrscheinlich will ich damit sagen: sexy. Erfahren. Sie hat es äußerst amüsant gefunden, daß ich noch Jungfrau bin, war. Sie hat gemeint, wahrscheinlich gibt es keinen einzigen Matrosen auf der ganzen Welt, der so in der Klemme steckt. Sie organisiert mein Leben für mich.
    Vor ungefähr einem halben Jahr sind wir uns vor dem Laden begegnet. Sie hat mich nach dem Weg gefragt, und da ich ihr Englisch kaum verstanden habe, habe ich ihr auf Französisch geantwortet. Sie hat laut losgelacht, wegen meines Akzents. Ich habe gesagt, das sähe ich nicht ein, wenn sie Englisch redet, findet man ihren Akzent bezaubernd, aber wenn ich ein grammatikalisch korrektes Französisch spreche, findet man meinen Akzent schrecklich. So verhalte ich mich normalerweise nicht. Sonst sage ich kein Wort. Sie hat geantwortet, um gut Französisch zu lernen, müsse man eine französische Geliebte haben. Vielleicht ist ihr Englisch doch nicht so schlecht, wie ich gedacht habe?
     
    Juni 1957. Ich habe beschlossen, die Bruchbude hier zu streichen, so sehr schäme ich mich dafür. Hat keinen Sinn, es länger- aufzuschieben. Was Besseres, das ich mir auch leisten kann, krieg ich nicht. Ich wünschte, ich könnte für Sybil Connolly arbeiten. Vielleicht gehe ich mal zu ihr. Mit meinem Hut auf.
    November 1957. Ich hab es aufgegeben, auch nur daran zu denken. Die ganze Zeit hab ich es nicht kapiert. Ich bin einfach zu dumm. Sie ist so groß wie ein Mann. Eine große, starke Frau. Eine von Roses Kundinnen. Zufällig hat Rose sie neulich abends zu mir geschickt. Gott, ich wär fast gestorben, als sie an die Tür geklopft hat. Ich bin auf dem Tisch gestanden und hab versucht, mit der Malerbürste an die Decke zu kommen. Als ich nicht geantwortet habe, hat sie den Kopf um die Tür gestreckt. Während wir das Geschäftliche geregelt haben, bin ich auf dem Tisch gestanden, und sie hat zu mir raufgeschaut. Ich wette, die hat noch nie zuvor in ihrem Leben zu jemand raufgeschaut.
    Erst als ich vom Tisch runtergesprungen bin, ist mir klar geworden, wie groß sie ist.
    »Rose Vavasour hat mich

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