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Fallera

Fallera

Titel: Fallera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Reden. Und zwar gründlich. Ich übernahm das Reden, wie ein Lotse das Ruder übernimmt. Wir schlürften ein Schlückchen, und ich machte den Mund auf, und von da an war es meine Show und meine alleine.
    Es gab Spaghetti mit Olivensoße, und ich aß alles bis zur letzten Nudel auf und redete dabei. Nach dem Essen ging es der zweiten Flasche Rioja an den Kragen und meiner letzten Schachtel Kippen, und ich rauchte, trank und redete, während Mona abwechselnd trank und ihrem anderen Laster frönte. Noch eine Flasche später, und sie seufzte, zog eine robuste Zinkwanne unter der Werkbank hervor, erhitzte einen Riesentopf Wasser und füllte ihn in die Wanne, während ich redete.
    Redend zog ich mich aus, hockte mich in die Wanne, seifte mich ein, wusch mich von Kopf bis Fuß, trocknete mich ab, kramte ein sauberes Sweatshirt, eine saubere lange Unterhose und ein Paar frischer Socken aus dem Gestellrucksack, zog alles über, ohne auch nur für eine Sekunde aufzuhören zu reden, legte mich in Monas robustes Bett, ließ mich zudecken und fiel mitten im Satz in Ohnmacht.
    Als ich wieder zu mir kam, waren wir nicht nur munter dabei, sondern, wenn ich sowohl die Tiefe ihres Stöhnens wie die ihrer
    Wangenröte als auch die Heftigkeit und Synchronisation von Atem und Bewegung nur kurz in Betracht zog, schon lange genug, dass ein einfaches Hochgreifen und, wie soll ich sagen, eine gefühlvolle Feinjustierung von Bass und Balance ausreichten, Mona in einen minutenlangen Ausbruch wonnigen Schauderns zu schicken. (Als ich später einmal vorsichtig nachfragte, wie es denn, ähem, dazu gekommen sei, meinte sie, recht trocken, sie habe sich in aller Unschuld zu mir gelegt, nicht ahnend, dass ich im Tiefschlaf anfangen würde, mich hartnäckig an ihrer Kehrseite zu reiben, und dass sie schließlich, nachdem ich schon zweimal >quer über ihren Rücken< gekommen sei, entschieden habe, beim dritten Mal auch etwas von dem Spaß abkriegen zu wollen. - Es hatte, alles in allem, den Anschein, als ob ich dabei sei, ins Leben zurückzukehren.) Noch während Mona, an mich gepresst, ein kleineres Nachbeben auskostete, drehte ich sie vorsichtig auf den Rücken, um mir selber einen Abgang zu verschaffen, und sie reagierte begeistert. Verdammt, dachte ich, halt dich noch ein bisschen zurück, und du schubst sie noch mal über die Schwelle, und geriet darüber so in Fahrt, dass ich den kühlen Hauch, der zwischendurch über meinen verschwitzten Rücken strich, als geradezu angenehm empfand, und erst nachdem wir uns gemeinsam aufgebäumt und gemeinsam kollabiert waren, ging mir, peripher und keuchend, durch den Kopf, so etwas wie eine Bewegung hinter mir gespürt zu haben, und die Armee der Verdammten kreuzte flüchtig den Pfad meiner Gedanken, bis jemand nicht mehr anders konnte, als in ein verstohlenes »Gnihihihi« auszubrechen. Mona verkrampfte sich unter mir, und ihre Augen wurden weit, und ihre Nägel krallten, doch ich brummte ihr beruhigend ins Ohr, auch als das »Gnihihi« eine zweite Person zu einem halb erstickten »Hua, hua, hua!« ansteckte, woraufhin ein Dritter mehrere blasige »Pfffrr-pfrrr-pfrrr« von sich gab und schließlich eine weibliche Stimme theatralisch aufseufzte und bemerkte, manche Leute dächten aber auch immerfort und überall an nichts anderes als ihre niederen Instinkte und billigen Vergnügungen, selbst während andere am Ende ihrer Kräfte mit dem Tode rängen ... und so weiter ...
    Moment mal, rechnete ich nach und war für einen Moment besorgt, bis ein verächtliches »Ha! Immer schon gewusst. Lass mich doch von so was nicht verarschen!« den Chor abschloss.
    »Meine Gang«, erklärte ich Mona mit einer vage hinter mich zeigenden Armbewegung und glitt vorsichtig aus ihr heraus, »und die sich da beklagt, ist Frau Doktor Marx.«
    »Die haben mich als Brücke missbraucht!«, beschwerte sich Frau Doktor Marx. »Sie sind hingegangen, haben mich ausgestreckt mit diesen beiden Stahlrohren verflochten, senkrecht gestellt und, all meinen Protesten zum Trotz, quer über diese abgrundtiefe Schlucht gelegt, und sind anschließend einer nach dem andern auf allen vieren über mich drübergestiegen!«
    Ich ließ das unkommentiert, auch um Egon Gelegenheit zu geben, den letzten Teil der Bemerkung mit einem »Gnihihi« zu würdigen.
    Das Sweatshirt musste ich ein bisschen suchen, doch der Longjohn hatte es nur bis in meine Knieregion geschafft. Auch eine Socke baumelte noch von meinem linken Fuß. Nacheinander zog ich mir alles

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