Falling in love
Lieblingsfach. Kram, der vor Jahrmillionen irgendwelchen Leuten zugestoßen ist, die längst tot sind. Echt aufregend. Wie kann Dave so was nur interessant finden? Und wie kann ich jemanden interessant finden, der so was interessant findet?
»Sara, jetzt stress dich nicht so.« Dave steht auf und setzt sich neben mich auf den Boden. »Du bist so schlau, am Ende kapierst du alles.« Er streicht mir über die Haare.
Ich möchte mich konzentrieren, aber an dieser wackligen Schreibtischkonstruktion ist das nahezu unmöglich. »Ich will aber…« Als ich einen richtigen Schreibtisch brauchte, hat Mom vorgeschlagen, auf ein paar alte Ziegelsteine ein Brett zu legen. Die Ziegelsteine haben wir in alte Jutesäcke gesteckt. Wirklich wahr. Und hier sitze ich Abend für Abend und arbeite wie eine Maschine. Es ist gerade mal Oktober und ich habe schon jetzt die Nase voll.
Dave sitzt immer noch neben mir. Er krault meinen Nacken. »Ich habe das Gefühl, eine Pause würde dir guttun.« Er lässt seine Hand meinen Rücken hinunterwandern. »Wann kommt deine Mom nach Hause?«
Dienstags und donnerstags arbeitet Mom lange. Heute ist Dienstag. Erst in zwei Stunden kommt sie von der Arbeit zurück, aber eigentlich ist das egal. Immer wenn Dave bei mir ist, landen wir irgendwann im Bett, selbst wenn meine Mom nebenan sitzt. Man kann meine Tür nicht abschließen und mir ist klar, dass ihr klar ist, was wir machen. Aber da ihr mein Leben sowieso egal ist, tun wir, was wir wollen.
»Sie kommt heute spät«, sage ich. »Warum?«
»Weil ich dachte, wir könnten vielleicht… du weißt schon.«
»Was?«, frage ich, dabei weiß ich genau, was Dave meint.
»Nichts«, sagt er, »außer dem hier vielleicht.« Und er küsst mich.
Innerhalb weniger Sekunden entspanne ich mich. Dave ist atemberaubend. Dave küsst mich. Dave lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern. Seltsam: Eben war ich noch total unzufrieden. So langsam verstehe ich, warum manche Menschen rein körperliche Beziehungen eingehen.
Dave schiebt mich zu meinem Bett. Wir setzen uns hin und seine Küsse werden fordernder. Warum hatte ich vorhin noch mal schlechte Laune?
Aber dann beugt er sich vor und öffnet seinen Rucksack. Nimmt ein Kondom heraus. Und legt das Kondom auf mein Bett.
Total unromantisch.
Er sagt: »Ich weiß, dass du es auch willst.« Er lächelt mich an, als wäre er unwiderstehlich.
Total arrogant.
»Äh… eigentlich…«, sage ich. »… eigentlich will ich das nicht.«
Sein Lächeln erstarrt. »Und warum nicht?«
»Ich bin noch nicht bereit.«
»Vielleicht kann ich da etwas Überzeugungsarbeit leisten«, sagt er. Wieder küsst er mich. Das Bett knarrt.
Aber alle Schmetterlinge sind davongeflattert.
Ich schubse ihn weg.
»Was ist los?«, fragt er.
»Was soll denn los sein?«
»Immer schiebst du mich weg.«
»Immer? Als würde ich das jeden Tag machen.«
»Wovor hast du Angst?«
»Ich habe keine Angst«, sage ich. »Aber wir gehen erst seit fünf Wochen miteinander aus.«
»Eben: ganze fünf Wochen.«
»Nein: erst fünf Wochen. Das ist gar nichts.«
»Wie lang brauchst du denn?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls länger als fünf Wochen.«
Dave schaut mich an. »Du willst überhaupt nicht mit mir schlafen, stimmt’s?«
»Wie bitte?«
»Was ist denn los?«
»Nichts ist los.«
»Warum sagst du immer ›nichts ist los‹?«
»Weil nichts los ist.
»Ich merke doch genau, dass etwas nicht stimmt«, sagt Dave. »Spuck’s schon aus.«
Ich würde gern mal wieder im Schlafanzug vor dem Fernseher abhängen. Und ich würde meine Hausaufgaben gern mal wieder vor Mitternacht erledigen. Natürlich sollte mir die Zeit mit meinem Freund wichtiger sein. Aber das ist schwierig, wenn die Schmetterlinge nicht so richtig flattern. Wären sie ständig in meinem Bauch, würde ich vielleicht mit Dave schlafen. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich zugeben, dass etwas fehlt. »Es ist so… ich muss meine Hausaufgaben machen.«
»Wir machen immer Hausaufgaben.«
»Das stimmt nicht«, sage ich. »Wir knutschen rum, dann ist es Abend und meine Hausaufgaben mache ich sonst wann.« Ich werfe einen Blick auf das Kondom. »Und jetzt willst du auch noch…«
Auch Dave betrachtet das Kondom. Dann beugt er sich vor. »Ich finde wirklich, dass wir es tun sollten«, flüstert er.
»Warum? Warum ist dir das so wichtig?« Ich weiß, dass Jungs von Sex geradezu besessen sind. Aber Daves Verhalten ist völlig übertrieben. Er bettelt mich ja richtig
Weitere Kostenlose Bücher