Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
dadurch entging ihm die Wirkung dieser Neuigkeit auf seine Gastgeberin. »Ich hoffe doch sehr, Stellan, dass Euer Kerker ein Ort des Schreckens ist? Es geht ja nicht an, dem kriminellen Element die Inhaftierung allzu pläsierlich zu machen.«
»Glaubt mir, unser Gefängnis ist seinem Zweck durchaus angemessen«, bekundete Stellan, die Augen auf Arkady gerichtet. Sie wusste, er wollte, dass sie ruhig blieb; er betete darum, dass sie ihn jetzt nicht blamierte, indem sie mit dem König einen Streit vom Zaun brach.
Sie packte den Stiel ihres Weinglases so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, und nickte zustimmend. »Ich muss mich dem Lob meines Gemahls anschließen, Euer Majestät«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln, »es ist wirklich der schrecklichste Ort, an dem ich je gewesen bin.«
»Dann solltet Ihr mir dankbar sein, dass ich Euch weitere Unannehmlichkeiten erspare, Arkady«, erklärte der König, offenbar recht zufrieden mit sich. »Außerdem werdet Ihr in den nächsten Wochen sehr viel Anderweitiges zu tun haben.« Der König blinzelte Stellan verschwörerisch zu. »Bald schon habt Ihr keine Zeit mehr für all diesen akademischen Unsinn. Kommt das Essen nicht bald? Dieses Gerede über Kriminelle macht mir mächtig Appetit.«
Sie sah Stellan fast unmerklich den Kopf schütteln, eine stumme Bitte, jetzt nur nichts zu sagen. Im Augenwinkel bemerkte sie, dass Jaxyn lächelte, als ob ihn etwas ungemein amüsierte.
Arkady kochte vor Wut, aber es gab nichts, das sie tun konnte, also stand sie auf. »Würdet Ihr mich für einen Augenblick entschuldigen, Euer Majestät? Es hätte schon längst aufgetragen werden sollen. Ich werde nachsehen, was der Grund für diese Verzögerung ist.«
Ohne die Erlaubnis des Königs abzuwarten floh Arkady aus dem Bankettsaal, sprühend vor Zorn über die willkürliche Entscheidung des Königs, ihre Besuche im Gefängnis von Lebec zu untersagen, und über ihre eigene Hilflosigkeit.
»Arkady!« Stellan war ihr aus dem Bankettsaal gefolgt.
»Stellan! Was bei den Gezeiten ist …«
»Nicht hier«, warnte er und wies mit dem Kinn in Richtung seines Studierzimmers, eine Vorsichtsmaßnahme, die sie nachvollziehen konnte. Sie folgte ihm in sein privates Refugium. Sobald Stellan die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und sie allein waren, bestürmte sie ihn.
»Keine Zeit mehr für all diesen akademischen Unsinn?« y wiederholte sie fassungslos. »Was hast du ihm bloß gesagt, Stellan?«
»Frag lieber, was er zu mir gesagt hat«, erwiderte ihr Gemahl und lehnte sich matt an den Türpfosten. »Reon hat ihm in den Ohren gelegen. Er fordert Wiedergutmachung dafür, dass Mathu hier in Lebec ist.«
»Ich habe dich gewarnt, dass seine Anwesenheit hier nichts Gutes bringt.«
Stellan nickte zerknirscht. »Es ist noch schlimmer, als du denkst. Wir beide werden ins Exil geschickt, meine Liebe. Nach Torlenien.«
Arkady starrte ihn fassungslos an. »Was?«
»Oh, es ist als diplomatischer Posten getarnt, somit bleibt unsere Familienehre intakt, aber Exil ist es trotzdem. Und weil er deshalb ein schlechtes Gewissen hat und Mathu ein romantischer Narr ist, hat der König entschieden, dass als Kompensation Kylia bleiben und seinen Sohn heiraten soll.«
Das musste ein Albtraum sein. Arkady schüttelte ungläubig den Kopf und begann rastlos auf dem Teppich auf und ab zu gehen. In Wirklichkeit musste sie oben in ihrem Schlafgemach sein, und jeden Moment würde sie aufwachen und entdecken, dass sie alles nur geträumt hatte. »Inala hat mir eben von der Verlobung erzählt, bevor du und Enteny hereingekommen seid. Ich dachte noch, sie macht einen Scherz. Es ist eine wahnwitzige Idee. Die beiden kennen sich doch kaum.«
»Gut genug für Mathu, um unsterblich in Kylia verliebt zu sein. Oder zumindest denkt er das. Ich vermute, Kylia geht es ebenso.«
»Sie ist erst siebzehn«, Arkady schnaubte. »Sie hat keinen Schimmer, was sie fühlt. Und Mathu … bei den Gezeiten, erst vor einem Monat hast du ihn aus den Hafenbordellen von Herino gezerrt, und jetzt will er plötzlich heiraten und solide werden? Das halte ich kaum für realistisch.«
»Ich habe versucht, dem König das klarzumachen, Arkady.«
Sie warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Das ist doch ein Albtraum!«
»Jaxyn wird es nicht gut aufnehmen«, stimmte Stellan ihr zu.
Sie sah ihn mit einem Stirnrunzeln an. »Es gibt keine Worte, die auszudrücken vermögen, wie gleichgültig es mir ist, was Jaxyn Aranville von diesem
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