Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
versklaven, statt zu versuchen, dich in einem dreckigen glaebischen Gefängnis töten zu lassen oder mit diesen Menschen herumzutändeln, denen du dich so überlegen fühlst. Deine Zeit mag wieder kommen, Suzerain, aber nicht jetzt, und bis es so weit ist, verbeuge ich mich vor niemandem, besonders nicht vor dir.«
In den Augen des Gezeitenfürsten blitzte es gefährlich auf, aber er machte keine Anstalten, Warlock anzugreifen. Vielleicht verstand er, dass es sinnlos war. Einen Mitgefangenen anzugreifen würde ihm nur Schläge einbringen, und angesichts des halben Dutzends rauflustiger Feliden keine zehn Fuß über ihm hieß das wohl, dass man ihn in Fetzen riss. Die Gewissheit, dass er eine solche Tortur überleben würde, änderte nichts an der Tatsache, dass sie verdammt schmerzhaft wäre, und Warlock dachte, dass Cayal nicht dumm genug war, um sich dem auszusetzen, nur um dem Gemang einen Kinnhaken verpassen zu können.
»Das wirst du noch bereuen«, warnte Cayal stattdessen.
»Nicht so lange wie du, Suzerain.«
Wenn der unsterbliche Prinz etwas darauf entgegnete, hörte Warlock es nicht. Denn in diesem Moment öffnete sich mit einem rostigen Aufkreischen der Angeln das Tor, ein Wächter erschien und verkündete, dass die Fürstin von Lebec gekommen war, um die Gefangenen zu besuchen.
Sie wurden nicht in ihre Zellen zurückgebracht, sondern zum Amtszimmer des Kerkermeisters. Diese Abweichung von der üblichen Routine beunruhigte Warlock, denn ihm fiel einfach kein Grund dafür ein. Weder er noch Cayal hatten sich etwas zuschulden kommen lassen, und als die Fürstin gestern das Gefängnis verließ, hatte sie einen recht zufriedenen Eindruck gemacht. Er sah zu Cayal hinüber, als sie durch die muffigen, labyrinthartigen Hallen und Gänge geführt wurden, aber die Miene des Suzerain war völlig ausdruckslos. Er schien sich gar keine Sorgen zu machen. Cayal war eben noch nicht lange genug hier, um zu merken, wenn etwas nicht in Ordnung war.
Im Amtszimmer des Kerkermeisters erwartete sie Lady Desean. Warlock sah sich neugierig um, der Geruch nach Möbelpolitur und altem Leder stieg ihm in die Nase und erinnerte ihn an zu Hause.
Nur habe ich kein Zuhause mehr, sagte er sich, nur noch die winzige Zelle im Rückfälligentrakt.
Seit dem Tag seiner Ankunft im Gefängnis von Lebec war Warlock nicht mehr in dieser Amtsstube gewesen. Damals wurde er dem Kerkermeister vorgeführt, der Wert darauflegte, seine Insassen persönlich zu begrüßen und wissen zu lassen, wie schlecht es ihnen bekommen würde, in seinem Verwaltungsreich Unruhe zu stiften. Der Raum sah unverändert aus, und er roch auch unverändert. Arkady Desean jedoch verströmte einen eigentümlichen Angstgeruch, obwohl sie nach außen hin ruhig und gefasst wirkte und auch der Kerkermeister nicht den Anschein erweckte, dass er etwas an ihrem Verhalten ungewöhnlich fand.
»Ich habe Neuigkeiten für euch beide«, verkündete der Kerkermeister und nahm die beiden Gefangenen, die vor ihm strammstanden, genau in Augenschein.
»Ihr habt es endlich begriffen und entlasst mich?«, schlug Cayal vor.
Lady Desean erhob sich und hielt ein zusammengefaltetes Dokument in die Höhe, das mit dem fürstlichen Siegel von Lebec versehen war. Aber seltsamerweise hielt sie es nicht Cayal entgegen, sondern Warlock. »Fast richtig geraten, aber nicht Ihr seid begnadigt worden, Cayal, sondern Euer Haftgenosse.«
Warlock starrte sie an und traute seinen Ohren nicht. Er musste die Fürstin missverstanden haben. Vorsichtig nahm er das Dokument aus ihrer Hand und las es gleich zwei Mal durch, um sich zu vergewissern, dass wirklich darin stand, was sie behauptete. Dann sah er sie fassungslos mit offenem Mund an.
Arkady lächelte. »Schau nicht so überrascht, Warlock. Deine Hilfe war mir in den letzten Wochen sehr nützlich, und ich habe meinen Gemahl auf deinen Fall aufmerksam gemacht. Er hat die Einzelheiten deines Prozesses überprüft. In Anbetracht der mildernden Umstände deines Verbrechens hat er dich begnadigt.«
»Ihr habt den Gemang begnadigt?«, rief Cayal voller Abscheu aus. »Warum? Dafür, dass er Euch nicht angeknurrt hat?«
»Ihr tut nichts dazu, Eure eigenen Chancen auf Begnadigung zu verbessern«, bemerkte der Kerkermeister stirnrunzelnd.
Cayal sah Arkady an. »Und ich werde nicht begnadigt?«
Die Fürstin von Lebec schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Ihr sollt an den Ersten Spion des Königs überstellt werden, Cayal. Ihre Majestät ist der Ansicht,
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