Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
»Wie lange ist es her, seit sie den Gasthof verlassen haben?«
»Ist jetzt drei, vielleicht vier Stunden her«, sagte der Gastwirt mit einem entschuldigenden Achselzucken. »Ich wäre schon früher hier gewesen, Euer Gnaden, aber sie haben alle Pferde mitgenommen, sogar die, die die Kutsche gezogen haben. Ich musste warten, bis jemand des Weges kam und wir ein Reittier ausleihen konnten, um Euch zu benachrichtige n.«
»Du hast dein Bestes getan, Clyden«, sagte Stellan und überlegte, dass sie mit einem Vorsprung von vier Stunden längst die Berge erreicht haben mussten. »Ich danke dir für das Überbringen der Kunde. Du sagst, der Mann war in Ketten, als sie eintrafen?«
Clyden nickte, aber es war Jaxyn, der das Offensichtliche beim Namen nannte. »Sie hatte deinen caelischen Spion dabei.«
»Wie konnte sie? Ohne meinen ausdrücklichen Befehl würden die Wachen niemals …« Er brach ab, als ihm bewusst wurde, dass später noch Zeit war, zu ermitteln, wie Arkady es fertiggebracht hatte, Kyle Lakesh in ihre Obhut zu bekommen.
»Lass mich sie verfolgen«, bot Jaxyn an und erhob sich.
»D*V^?«
»Ich soll mich doch nützlich machen, hast du gesagt«, erinnerte er ihn. »Also lass mich das übernehmen. Du bleibst hier und unterhältst deine Gäste, während ich mit einem Trupp Feliden und ein paar Spürcaniden in die Berge gehe. Bis zum Morgen habe ich sie zurück.«
Jaxyns Vorschlag war mehr als vernünftig. So gern Stellan selbst in die Berge aufbrechen wollte, um seine Gemahlin zu befreien, war er nicht restlos überzeugt, dass sie tatsächlich entführt worden war. Die blutigen Finger auf seinem Schreibtisch konnten auch bedeuten, dass etwas erheblich Unheilvolleres im Gange war.
»Glaubst du wirklich, dass du sie finden kannst?«
Der junge Mann nickte. »Ich finde sie, Stellan. Du kannst hier jetzt auf keinen Fall weg. Nicht, solange der König und die Königin hier zu Gast sind. Und das Letzte, was du brauchen kannst, ist, dass Enteny und Mathu beschließen, dass sie dir gern helfen würden. Lass mich das erledigen. Für dich und Arkady. Ich kann sie zurückbringen, bevor der König überhaupt davon erfährt.«
Zerrissen vor Unentschlossenheit wandte sich Stellan an Clyden. »Wie ging es Arkady, als sie den Gasthof verließen? War sie besorgt? Musste sie um ihr Leben fürchten?«
Der einarmige Mann zuckte mit den Schultern. »Um ehrlich zu sein, Euer Gnaden, sie wirkte ziemlich fassungslos. Ich bin nicht sicher, ob sie freiwillig mitging, aber er musste sie nicht schreiend und tretend mitschleifen, falls es das ist, was Ihr wissen wollt. Und diese Feliden … keine Ahnung, was dieser Lyle-Bursche denen versprochen hat, aber die haben jedes Mal geradezu geschnurrt, wenn er eine von ihnen nur angesehen hat.«
»Ein Grund mehr, das Ganze diskret zu behandeln, Stellan«, fügte Jaxyn mit aufreizend gesundem Menschenverstand hinzu. »Wenn deine Feliden zu Arks geworden sind, können wir es uns nicht leisten, dass das öffentlich bekannt wird. Es würde auf jeden Crasii in Lebec abfärben, ganz zu schweigen von der Wirkung auf den Marktwert deiner übrigen Crasii.«
»Ich bin gerade mehr um Arkady besorgt als um den Wert meiner Sklaven«, wies ihn Stellan zurecht, leicht verärgert, weil Jaxyn den wirtschaftlichen Verlust über Arkadys Wohlergehen stellte. Traurigerweise beurteilte er die Lage vollkommen richtig, so ungern Stellan sich das auch eingestand. »Allerdings hast du recht damit, dass die Angelegenheit diskret gehandhabt werden muss. Clyden, würdest du eine Zeit lang Stillschweigen bewahren, wenn ich es von dir verlange?«
Der alte Mann nickte. »Wenn Ihr vorhabt, sie zu suchen, Euer Gnaden, werde ich Euer Geheimnis für mich behalten, solange Ihr wollt.«
Stellan nickte und wandte sich seinem Liebhaber zu. »Dann geh, Jaxyn. Finde Arkady und diesen caelischen Verbrecher. Und mach dir keine Mühe damit, ihn lebend zurückzubringen. Er ist jetzt sowohl ein entflohener Sträfling als auch ein Entführer. Selbst wenn Caelum nicht abgestritten hätte, dass er zu ihnen gehört, hat er jedweden Rechtsschutz verwirkt, als er sich über die Gesetze stellte.«
»Ich finde sie, Stellan«, versprach Jaxyn. Er wirkte auf einmal selbstsicherer, als der Fürst ihn je erlebt hatte. Mit einem gefährlichen Lächeln fügte er hinzu: »Vertrau mir, ich sorge schon dafür, dass der unsterbliche Prinz genau das bekommt, was er verdient.«
40
Arkady war zutiefst erschüttert von den Geschehnissen
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