Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
das zu deinem Nachtschlaf verhilft.«
»Es ist die Wahrheit. Ich hätte sie retten können, wenn du nicht gewesen wärst.«
»Du scheinheiliger Mistkerl«, geiferte Jaxyn empört und krebste immer weiter im Kreis. »Amaleta starb nicht für eine gute Sache, die du edelmütig verteidigt hast. Sie starb, weil du ihr ein verflucht großes Messer in die Brust gestoßen hast, und dann bist du beiseitegetreten und hast zugesehen, wie sie verblutete, bloß um mich an der Nase herumzuführen. Und wofür? Um ein elendes sterbliches Kind zu retten, das ein Jahr später sowieso tot war? Gezeiten! Du bist ein richtiger Heuchler, Cayal.«
»Lieber ein Heuchler als ein Monster.«
Jaxyn lachte. »Ein Monster? Ich? Hast du Arkady auch erzählt, was du gemacht hast, als du den unsterblichen Helden markiert hast? Vielleicht mal erwähnt, was mit Kordanien geschah?«
»Tryan hat Kordanien vernichtet«, knurrte Cayal.
»Erst nachdem du Lakesh in einen geschmolzenen Schlackehaufen verwandelt hast«, gab Jaxyn zurück, während sie sich weiter wachsam umkreisten, die Augen ständig auf den Gegner gerichtet. »Hast du ihr das auch erzählt? Oder was du in Verinien gemacht hast? Warum Brynden von Kinta verlassen wurde? Weshalb es nördlich des Shevrongebirges nichts als Ödland gibt, seit du und Lukys da wart? Es hätte sie vielleicht auch interessiert, was wir in Paradina gemacht haben. Ach, übrigens, wer hat diese hässliche kleine Auseinandersetzung eigentlich noch mal gewonnen? Ich kann mich nicht erinnern, ob du es warst oder ich. Wie war die Verlustrate? Zweihunderttausend? Oder waren es dreihundert? Verdammt«, fügte er mit einem boshaften Lächeln hinzu, »das hohe Alter muss meinem Verstand geschadet haben.«
»Das würde voraussetzen, dass du welchen hast.«
»Mäßigung, Mäßigung, Cayal«, stichelte Jaxyn. »Die Gezeiten stehen noch nicht hoch genug für einen deiner Anfälle.«
»Ich nehme an, deshalb lässt du es dir hier in Glaeba mit deinem Fürsten gut gehen«, sagte Cayal. »Ich meine, du brauchst ja nicht viel Magie, um dich nach vorn zu beugen und deine Knöchel anzufassen.«
Jaxyn lächelte. »Mich zu beleidigen hilft dir hier nicht raus, Cayal.«
»Was war eigentlich dein Plan, Jaxyn? Wolltest du es dir nur in Lebec gemütlich machen und auf die Gezeitenwende warten?«
»Guter Plan, fand ich«, stimmte Jaxyn zu. »Zumal sich jetzt zeigt, dass ich richtiglag.«
»Deine Ansprüche sind gesunken. Es gab eine Zeit, da hätte ein so kleines Land dich gar nicht interessiert.«
»Es gab auch eine Zeit, da die Menschen auf Amyrantha den unsterblichen Prinzen fürchteten und Ehrfurcht vor ihm hatten«, erinnerte Jaxyn ihn, während sie weiterkreisten, Schritt für Schritt aufeinander abgestimmt. Arkady konnte den Blick nicht abwenden, es war, als sähe sie einem fremdartigen Tanz zu, bei dem nur Cayal und Jaxyn die Schritte kannten. »Und schaut ihn euch jetzt an … ein tragischer Jammerlappen, der sterben will.«
»Was willst du von diesen Menschen, Jaxyn?«
»Dasselbe wie du auch, Cayal. Irgendwo mein müdes Haupt ausruhen, während die Jahre ins Land gehen. Ich mag es lediglich mit etwas mehr Wohlstand als du. Dafür jammere ich auch erheblich weniger, möchte ich hinzufügen.«
Cayal schüttelte den Kopf. Er stand jetzt deutlich aufrechter, obwohl er immer noch Schmerzen zu haben schien. »Das wird nicht leicht, Jaxyn. Diesmal nicht. Die Flut ist für sehr lange Zeit ausgeblieben. Die menschliche Rasse hat sich weiterentwickelt. Sie sind jetzt jenseits von Folklore und Götteranbetung. Sie haben sogar eine rationale Erklärung für die Existenz der Crasii entwickelt. Diese Menschen werfen sich dir nicht mehr zu Füßen, bloß weil du verkündest, dass du ein Gezeitenfürst bist.«
»Das müssen sie auch nicht«, sagte Jaxyn achselzuckend. »Alles, was ich brauche, sind die Crasii. Wenn jeder Gemang im Land seinem menschlichen Herrn den Rücken kehrt und jenen folgt, denen zu dienen sie geschaffen wurden, dann sollst du mal sehen, wie schnell Glaeba fällt.«
Cayal entgegnete nichts darauf, was Arkady erschütterte. Wenn Jaxyn recht hatte, war die Einnahme Glaebas so leicht wie das Aussprechen des Befehls. Was hatte Mathu einmal gesagt? Wir kämen in große Schwierigkeiten, wenn sich die Crasii mal dazu entschließen sollten, zu meutern.
»Und wenn einer der anderen auch ein Auge auf Glaeba geworfen hat?«
»Dann können sie ja gegen mich kämpfen«, erwiderte Jaxyn unbeschwert. »Du fängst
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