Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
kommt. Keine abgehackten Gliedmaßen … so in der Art.«
Sie zögerte, machte eine demonstrative Pause, um über ihre Antwort nachzudenken.
»Arkady …«
»Ach, also gut«, stimmte sie ihm unwirsch zu. »Wenn es denn unbedingt sein muss.«
»Es muss sein.«
Sie seufzte schwer. »Dann werde ich also deinem Liebhaber gestatten, mir schöne Augen zu machen, und es bei blutrünstigen Gedanken belassen, was ich ihm am liebsten antun würde.«
»Du bist wirklich die vollkommene Gemahlin, weißt du das?«, sagte er und stand auf.
»Dass du mir das nur nicht vergisst, mein Lieber.«
Er lächelte und lehnte sich vor, um sie auf den Scheitel zu küssen. »Wir sehen uns morgen früh.«
»Gehst du etwa noch fort?«
»Mathu hat einen Ark-Kampf unten in der Stadt ausfindig gemacht, der um Mitternacht beginnt. Nicht gerade die Art Unterhaltung, die ich schätze, aber wenigstens wird er sich nicht gleich wieder in Schwierigkeiten bringen, solange ich dabei bin.«
»Er ist noch keine Woche hier!«, rief sie aus. »Wie kann er so schnell über solche Veranstaltungen Bescheid wissen?«
»Ich denke, Jaxyn hatte da die Hand im Spiel.«
»Warum überrascht mich das nicht …«
»Gute Nacht, Arkady.«
»Gute Nacht, Stellan.«
Als er den Raum verließ und leise die Tür hinter sich zuzog, waren ihre Gedanken schon wieder so von ihren Notizen in Anspruch genommen, dass sie nicht einmal aufsah.
Der Ark-Kampf, den Jaxyn und Mathu in Lebec aufgespürt hatten, fand in einem kleinen Lagerhaus am Ufer des Sees statt, das beunruhigend an den Blanken Spanten in Herino erinnerte. Im Zentrum des fackelerleuchteten Raums gab es eine roh gezimmerte hölzerne Absperrung, in der sich die mit Sägespänen ausgestreute Kampfarena befand. Stellan sah sich in der überfüllten Halle um und betrachtete dann die Arena, in deren Mitte ein Pfosten in den Boden gerammt war. Stellan wusste, dass der Bär mit einem Hinterbein an den Pfosten gekettet wurde, sodass er mit den Vorderpfoten gerade noch den Rand des Kampfrings erreichte. Dann würde der viel kleinere Crasii-Kämpfer in den Ring gelassen werden und dort bleiben, bis einer von ihnen tot war.
Die Veranstalter hatten für Sitzgelegenheiten gesorgt, sodass man von überall gute Sicht hatte. Alle Bänke waren bereits voll belegt, da die Vorkämpfe des Abends bereits stattgefunden hatten.
Als der Türsteher erkannte, dass es sich bei den drei Adligen um den Fürsten von Lebec persönlich und zwei seiner Freunde handelte, wurden weniger vornehme Gäste unsanft zur Seite geschoben, um Platz am Ring zu machen. Niemand erkannte Mathu, aber Jaxyn war hier offenbar ein viel gesehener Gast und wurde von etlichen der ausschließlich männlichen Zuschauer fröhlich begrüßt. Besonders die Buchmacher schienen von ihrer Anwesenheit entzückt. Wenn Adlige kamen, die sich ihre Spielleidenschaft wirklich leisten konnten, stiegen die Wetteinsätze gewaltig.
»Wer kämpft?«, fragte Mathu und beugte sich über die brusthohe Absperrung, um die Arena zu begutachten. Stellan bemerkte, dass die Sägespäne an mehreren Stellen klumpig waren, ohne Zweifel war bei den früheren Kämpfen des Abends schon Blut geflossen. Sie waren lieber erst zum Hauptkampf gekommen. Selbst Jaxyn langweilte sich schnell, wenn es nur Kampfhähne und tollwütige Hunde zu sehen gab.
»Der Hauptkampf ist ein jelidischer Schneebär gegen eine Felide«, sagte Jaxyn. »Ich setze fünfzig Silberdukaten auf den Bären.«
»Scheint mir kein fairer Kampf zu sein«, bemerkte Stellan. Jelidische Schneebären waren selten in Glaeba und wurden sowohl wegen ihres schneeweißen Pelzes als auch um ihres Unterhaltungswertes willen geschätzt. Es waren riesige Ungeheuer, auf den Hinterbeinen acht Fuß hoch. Die größte Felide, die Stellan je gesehen hatte, war keine fünf Fuß groß gewesen.
Es würde ein kurzer Kampf werden, dachte er. Feliden gab es wie Sand am Meer, und bei dieser hier handelte es sich wahrscheinlich um eine verurteilte Kriminelle, die vom Gericht verkauft worden war, um die Prozesskosten wieder hereinzubringen. Ein jelidischer Schneebär dagegen war eine sehr teure Investition. Stellan bezweifelte, dass man ihn heute Abend einem ernsthaften Risiko aussetzte.
»Wetten wir auf das Ergebnis oder auf die Kampfdauer?«, fragte Mathu, der die Lage offenbar genauso einschätzte wie Stellan.
»Wie ihr wollt«, versicherte ihnen Jaxyn. »Die Buchmacher nehmen Wetten auf beides an.«
Mathu sah Stellan an und schüttelte den Kopf.
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