Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
können, ehe ich ihm auf die Schliche gekommen bin und sein Geheimnis gelüftet habe.«
Er lehnte sich vor, um das Päckchen Karten mit dem Goldschnitt aufzuheben, das auf der Tagesdecke am Bettrand lag. »Tillys Tarot?«
»Genau.«
»Scheint der Gefangene mit den Karten vertraut?«
»Er scheint mit den Figuren vertraut, die auf den Karten dargestellt sind«, präzisierte sie. »Das ist es ja, was ihn so unheimlich macht. Ich wünschte, du könntest auch einmal mit ihm reden.«
Stellan schüttelte den Kopf. »Es ist schon schlimm genug, dass Declan Hawkes in die Sache involviert ist. Bis wir sicher sind, dass nicht die caelische Königin dahintersteckt, will ich mit Kyle Lakesh so wenig wie möglich in Verbindung gebracht werden. Das Gefängnis untersteht direkt dem Präfekten, nicht mir, und wenn die Leute denken, dass ich mich persönlich in diesen Fall einmische, dann wird das … auffallen.«
»Aber zumindest reden könntest du doch mit ihm …«
Stellan schüttelte entschieden den Kopf. »Es sieht schon seltsam genug aus, dass du ihn besuchst. Wenn ich ihn besuche, brodelt innerhalb weniger Stunden in ganz Lebec die Gerüchteküche. Falls es dich tröstet, Hawkes ist immer noch an dem Fall dran. Er zieht gerade Erkundigungen in Caelum ein. Schon in ein paar Wochen sollten wir mehr wissen.«
»Ein paar Wochen?«
»Du kannst deine Besuche jederzeit abbrechen, Arkady.«
»Nein, ist schon gut. Ich bin aus härterem Holz geschnitzt als irgend so ein Verrückter, der sich für unsterblich hält.«
Stellan lächelte. »Daran zweifle ich nicht im Geringsten. Denkst du, dass ich jetzt lange genug hier war, um den Domestikenklatsch zufriedenzustellen?«
»Ich mache mir mehr Sorgen über die Klatschmäuler in unseren eigenen Rängen. Du musst wirklich ein Wort mit Jaxyn reden, Stellan. Er hat sich beim Abendessen aufgeführt wie ein Volltrottel.«
»Er meint es nicht böse, Arkady.«
»Oh doch, das tut er«, sagte sie und wandte sich wieder ihren Notizen zu.
»Ich werde mit ihm reden«, versprach er und fragte sich, ob Arkady Jaxyn jemals akzeptieren würde. So wie auf ihn hatte sie bisher auf keinen seiner Liebhaber reagiert. Vielleicht hatte sie einfach Angst. Er hatte schon früher Liebhaber gehabt, aber sie waren gekommen und gegangen, ohne den fürstlichen Haussegen zu stören. Jaxyn war anders; er war länger geblieben, war mehr Teil ihres gemeinsamen Lebens geworden als alle anderen zuvor. Stellan wusste so gut wie Arkady, dass sich Jaxyn durch ihre Beziehung den Lebensstandard erkaufte, den er nicht mehr missen wollte, aber im Gegensatz zu seiner Gemahlin sah Stellan auch die guten Seiten des jungen Mannes und hatte Hoffnung, dass Jaxyns Liebe zu ihm die materiellen Aspekte ihrer Beziehung überwog. »Hat er etwas zu dir gesagt?«
»Worüber?«
»Ich habe mit ihm über meinen nichtexistenten Erben gesprochen.«
»War das klug?«
Stellan zuckte die Achseln. »Es ist ja nicht so, als ob Jaxyn mein dunkles Geheimnis nicht kennt, meine Liebe.«
»Auch wieder wahr.«
»Er hat vorgeschlagen, dass er womöglich dazu bereit wäre, mir einen Erben zu zeugen.«
Arkady sah nicht einmal von ihren Papieren auf. »Ich hoffe, du hast ihm geantwortet, dass ich mir lieber rostige Nadeln in die Augäpfel stechen lasse.«
»Ich habe ihm gesagt, er soll sein Glück versuchen.«
Dieses Mal sah sie auf. »Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
Er lächelte. »Natürlich habe ich ihm gesagt, dass er bei dir keine Chancen hat.« Sein Lächeln schwand, und er fügte ernst hinzu: »Aber mit Mathu im Haus dachte ich, dass es ganz klug wäre, wenn Jaxyn dir eine Weile den Hof macht.«
Arkady hob die Augenbraue. »Du setzt deinen Liebhaber auf mich an, um den Verdacht von dir abzulenken? Also ich kann mich gar nicht erinnern, so ein Ehegelübde abgelegt zu haben.«
»Mathu wäre sicher nicht erbaut, meine Liebe, wenn er denkt, dass du eine Affäre mit Jaxyn Aranville hast. Aber das würde uns nicht den Fürstenthron kosten. Ich bezweifle, dass er noch verständnisvoll wäre, wenn er die Wahrheit herausfände.«
»Dann schick Jaxyn weg, Stellan. Das ist hier die naheliegende Lösung.«
»Die Liebe hält sich nicht an die Vernunft, Arkady.«
»Und du hast es anscheinend darauf angelegt, diesen Sinnspruch persönlich zu beweisen.«
Er lächelte sie hoffnungsvoll an. »Wirst du nett zu ihm sein? Für mich?«
»Was genau verstehst du unter nett?«.
»Keine Ohrfeigen und Kniestöße ins Gemächt, wenn er dir zu nahe
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