Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
ihr nicht an, aber sie musste entsetzliche Angst haben. Und wenn sie instinktiv vor einem Gezeitenfürsten davonlief, war sie immerhin klüger, als sie aussah.
»Wenn das alles vorbei ist, Ricard Li, dann schuldet Ihr mir so viele Gefallen, dass Ihr mir Abschriften Eurer Spionageprotokolle zukommen lassen werdet, um mir die Mühe zu sparen, Euch selbst auszuspionieren.«
Der ältere Mann lächelte. »Dann macht Ihr es also?«
Declan nickte, und bereute die Geste sofort, nicht nur wegen der Kopfschmerzen, die sie auslöste. »Ich mach's.«
»Na bitte, Euer Hoheit!«, sagte Ricard zur Prinzessin. »Habe ich nicht gesagt, dass ich einen Ausweg für Euch finde? Es ist alles abgemacht. Ihr geht nach Glaeba.«
37
In einem Punkt hatte Declan Hawkes sich nicht getäuscht, dachte Warlock, als er mit Königin Kylias Frühstückstablett die königliche Suite betrat. Nun, da er seine Glaubwürdigkeit als ergebener Sklave der Suzerain einmal unter Beweis gestellt hatte, wurde sie nie wieder angezweifelt. Seit dem Tod von König Enteny und Königin Inala - wo er dabeigestanden und nichts getan hatte, um Hilfe zu rufen oder die Katastrophe zu verhindern - war er kaum von Kylias Seite gewichen. Kein einziges Mal hatte sie auch nur unsicher in seine Richtung geschaut, selbst dann nicht, wenn sie ihre verräterischen Pläne mit ihrem Komplizen Jaxyn Aranville besprach.
Die Unsterblichen waren klug genug, darauf zu bestehen, dass sie im königlichen Palast ausschließlich von Crasii bedient wurden. Weit und breit waren keine menschlichen Ohren zugegen, um Jaxyn oder Diala zu belauschen, wenn sie ihre Verschwörungspläne schmiedeten, keine menschlichen Augen, die ihre Machenschaften mit ansahen, und keine menschlichen Herzen, die für Schuldgefühle oder Gewissensqualen anfällig waren. Die Crasii waren eigens dazu gezüchtet, ihren Herren bedingungslos zu gehorchen, und Warlock hatte seine Loyalität ja bewiesen.
Die Gezeitenfürsten fürchteten nicht, von ihren Sklaven verraten zu werden, weil Crasii dazu gar nicht imstande waren.
Der heutige Morgen war ein typisches Beispiel dafür, wie die Dinge mittlerweile im Palast liefen. Mathu war schon lange fort. Er stand nun immer schon vor Tagesanbruch auf, um sich den vielfältigen Pflichten zu widmen, die ihm als dem ungekrönten König von Glaeba abverlangt wurden. Somit konnte Kylia ihr Frühstück im Bett einnehmen und tat das meist in Gesellschaft von Jaxyn Aranville.
Soweit Warlock das beurteilen konnte, schliefen die beiden Unsterblichen nicht miteinander. Er vermutete, dass Diala Jaxyn nicht genug vertraute, um mit ihm zu schlafen - woran sie gut tat. Aber vielleicht war es ja auch gerade andersherum. Vielleicht war es Jaxyn, der ihr nicht über den Weg traute. Durchaus möglich, wenn man bedachte, was der unsterbliche Prinz Warlock und der Fürstin von Lebec über diese Frau erzählt hatte - die unter den Mitgliedern ihrer eigenen Spezies als die Lakaienmacherin bekannt war.
Jetzt jedenfalls saß die künftige Königin von Glaeba an einen Berg Kissen gelehnt in ihrem Bett, während Jaxyn auf einem Stuhl am Fenster hockte und mit ihr plauderte. Mit einer höflichen Verbeugung stellte Warlock das Tablett auf ihrem Schoß ab.
»Darf es sonst noch etwas sein, Euer Majestät?«
Er hatte aufgehört, sie >Hoheit< zu nennen, schon seit man sie etwa eine Stunde nach dem Unglück unterhalb des geborstenen Anlegestegs am Ufer des Unteren Oran gefunden hatte, wo sie zusammengebrochen war. Obwohl sie schluchzte und sichtlich verstört war, wusste Warlock, dass sie nur Theater spielte. Vermutlich war sie schon über Bord gesprungen, als die Barke zum ersten Mal gegen den Anlegesteg krachte. Diala war unsterblich, sie konnte nicht ertrinken. Aber sie hätte wohl Schwierigkeiten gehabt, zu erklären, warum ihre gebrochenen Knochen schon innerhalb einer Stunde wieder heil waren, oder warum man dabei zusehen konnte, wie ihre Platzwunden aufhörten zu bluten und sich schlossen.
»Warte da drüben, bis ich fertig bin«, sagte sie und winkte in Richtung der einen Ecke des Raumes. »Dann kannst du das Tablett in die Küche zurückbringen.«
Es war Dialas Gewohnheit, ihre Sklaven warten zu lassen, während ' sie aß. Noch demütigender war es, nach dem Essen ihre Reste angeboten zu bekommen. War lock hatte sich schon mehrmals überwinden müssen, sie sich einzuverleiben. Stolz konnte in seiner Position tödlich sein.
»Wie Ihr wünscht, Euer Majestät.«
Danach ignorierte Diala
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