Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
wer du willst?«
»Ich bin, was ich sein will. Ich bin Warlock.«
Sie sah zu ihm hoch, erstaunt über seine Beharrlichkeit. »Ich konnte es gar nicht erwarten, meinen Namen zu ändern.«
»Ist Tiji nicht dein Zwingername?«
Sie schüttelte den Kopf und schulterte ihr Gepäck ein wenig höher. »Gezeiten, nein!«
»Es stört dich also gar nicht, dass Hauptmann Phydeau dich gezwungen hat, deinen Namen abzulegen?«
»Ich wurde nicht gezwungen, ich war entzückt«, sagte sie, während sie dahin pilgerten. Es war noch nicht viel Verkehr auf der Straße. Sie kamen gut voran, und niemand, der heute aus Lebec nach Herino aufbrach, würde sie in den nächsten Stunden ein- oder überholen. »Tiji heißt >schlägt im Dunkeln<. Das kommt aus einer der alten Sprachen. Ich weiß nicht genau, aus welcher. Es erschien mir jedenfalls passend. Und es ist um Längen besser, als Ringel genannt zu werden.«
Der große Canide blickte auf sie herab, ein seltenes Lächeln im Gesicht. Sogar seine Rute wedelte kurz. »Ringel, ja? Tja ... wenn ich dich jetzt so ansehe ... kann ich mir gut vorstellen, dass du Ringel genannt wirst. Tatsächlich, es passt zu dir.«
Tiji funkelte ihn an. »Wie schön, dass du dich gut amüsierst.«
»Darf ich dich Ringel nennen?«
»Nicht, wenn du willst, dass ich antworte.«
Das Lächeln des Caniden schwand, und seine Rute senkte sich ein wenig. »Siehst du, genauso fühle ich mich, wenn man Cecil zu mir sagt.«
Sie lächelte zu ihm hoch. »Wenn ich verspreche, dich von jetzt an Warlock zu nennen, könntest du dann mehr als ein Wort pro Meile von dir geben?«
Er schien sehr überrascht von ihrer Bitte. »Mir war nicht klar, dass du dich unterhalten möchtest.«
»Du hast auch nicht gefragt.«
Warlock, zuckte die Achseln und wedelte ganz leicht, gerade genug, um Tiji zu überzeugen, dass er wohl doch nicht so unfreundlich war, wie sie angenommen hatte. »Worüber sollen wir denn reden?«, fragte er.
»Erzähl mir vom unsterblichen Prinzen«, sagte sie.
Sie ereichten Herino drei Tage später und begaben sich auf direktem Weg ins Stadthaus von Lady Ponting. Die Hauptstadt lag auf einer Insel, die sich weit in den Unteren Oran erstreckte, den größten der Großen Seen, die Glaeba von Caelum trennten. Drei breite, majestätische Brücken, deren Steine aus dem hiesigen dunklen Granit geschlagen waren, verbanden sie mit dem Festland. Auf dem einzigen Hügel der Insel dominierte der königliche Palast das Stadtbild. Die Stadt war so stark gewachsen, dass die Bebauung begann, sich auf die Küste des Festlands auszubreiten. Viele Mitglieder der Oberschicht hatten es vorgezogen, sich eine Strandvilla auf dem gegenüberliegenden Festland zu bauen, statt in den beengten und dicht an dicht gebauten Häusern zu leben, mit denen man sich im Stadtkern begnügen musste. Lady Pontings Haus aber gehörte, wie sich herausstellte, zur letzteren Kategorie.
Ziemlich klein und vollgestopft, lag es nur vier Straßen vom Palast entfernt in einer ruhigen und teuren Allee, wo die Grundstücke der meisten Gebäude von hohen Mauern umgeben waren, um die Privatsphäre der Bewohner zu schützen. Tiji und Warlock brauchten den größten Teil eines nassen und ungemütlichen Tages, um es zu finden. Als sie es schließlich aufgespürt hatten, erwies sich, dass die Dame des Hauses nicht zugegen war. Tilly Ponting war in ihr Heim nach Lebec zurückgekehrt, wie der Hausdiener ihnen mitteilte, und wurde nicht vor dem Herbstball zurück erwartet, der in etwa neun Wochen stattfand. Aber wie dem auch sei, man hatte die neuen Sklaven schon erwartet, und der Crasii-Butler hieß sie willkommen, besorgte ihnen Handtücher, um sich zu trocknen, organisierte ein warmes Essen für sie und schickte einen Boten zum Palast, um Declan Hawkes holen zu lassen.
Der Erste Spion des Königs war ein großer Mann, wenn auch nicht so groß wie Warlock, und er ging wie ein Kämpfer oder jedenfalls, als ob er jeden Moment damit rechnete, in einen Kampf zu geraten.
Er war - nach Tijis Kriterien - ausgesprochen symmetrisch. Das war das größte Kompliment, das sie jemandem zugestand, der unter der Würdelosigkeit von Haarwuchs zu leiden hatte, keine Schuppen besaß und seine Hautfarbe nicht nach seinem Willen ändern konnte. Sie wusste, dass menschliche Frauen ihn anziehend fanden, hatte aber seit jeher vermutet, dass das mindestens ebenso sehr an seiner Stellung wie an seinem Erscheinungsbild lag. Menschliche Frauen hatten ja ein ausgesprochenes Faible für
Weitere Kostenlose Bücher