Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
deshalb will ich sterben, Lukys«, knurrte Cayal. »Ich hatte schon alles, was ich von euch kriegen konnte. Wo wir gerade dabei sind - du hast mir zwar gesagt, dass wir ein paar von den anderen brauchen, um zu helfen, aber ansonsten hältst du dich immer noch ziemlich bedeckt, was Einzelheiten dieser Wunderkur gegen die Unsterblichkeit angeht, die du entdeckt haben willst.«
Lukys lehnte sich auf die Ellenbogen zurück, streckte seine Füße in den Sandalen aus und entspannte sich, als sei er der sorgloseste Mensch der Welt. »Die Einzelheiten behalte ich für mich, weil ich nicht vorhabe, mich töten zu lassen.«
»Warum sollte man dich töten?« Cayal lachte säuerlich auf. »Ist es etwa gefährlich?«
Lukys warf ihm einen finsteren Blick zu. »Weißt du, diese kleinen Scherze sind mit ein Grund, warum ich dir helfen will, dich umzubringen, alter Junge.«
»Worte reichen nicht aus, um die Tiefe meiner Dankbarkeit auszudrücken.«
»Diesen Ton gewöhne dir lieber ab, Sonnenschein. Du bist schließlich der, der sterben will.«
»Dann sag mir, wie.«
»Das ist nicht nötig. Noch nicht.«
»Und wann, denkst du, ist es nötig?«
»Wenn ich's dir sage.«
Cayal antwortete nicht. Es machte ihn wütend, wie unnachgiebig Lukys in dieser Sache war. Und er hegte auch tiefen Argwohn in Bezug auf seine Motive.
Der Altere merkte wohl, dass Cayal nicht gerade glücklich war. Er streckte den Arm aus und tätschelte ihm die Schulter. »Sei guten Mutes. Das Ende ist nah. Aber wir machen es auf meine Art oder gar nicht. Es ist mir egal, wie du es anstellst, aber du treibst noch ein paar Gezeitenfürsten auf, und zwar welche, die über vergleichbare Kräfte verfugen wie du und ich. Und dann gebe ich dir den Tod, den du dir so sehnlichst wünschst, Romeo. Aber solange du nicht die anderen auf unser Projekt eingeschworen hast, werde ich dir kein Sterbenswörtchen über das Wie verraten. Nur, dass ich es kann.«
27
Tiji konnte unverzüglich bestätigen, dass die kaiserliche Gemahlin eine der untergetauchten Unsterblichen war.
Es war kein besonderer Trick dabei. Jeder Crasii, der auf einige Fuß Entfernung an einen Suzerain herankam, wusste das sofort. Ihre Spezies war einfach so angelegt, war eigens dazu erschaffen, ihre Herrn und Meister auf Anhieb zu erkennen und sich ihnen anzudienen -jeder Canide, jede Felide, selbst die jämmerlichen ungeselligen Amphiden. Natürlich war Tiji eine Ark, was bedeutete, dass ihr der unterwürfige Crasii-Instinkt fehlte. Aber ihre Fähigkeit, einen Suzerain über einen Raum voller Menschen hinweg als solchen zu erkennen, hatte sie nicht eingebüßt.
Das widerwärtige, vertraute Prickeln, das ihr über die Haut rann, sobald sie Arkady Desean in die Gemächer der kaiserlichen Gemahlin gefolgt war, ließ keinerlei Zweifel übrig.
Bei ihrer Ankunft hatte Tiji sich unbemerkt hinter Arkady in die Empfangshalle geschlichen und sich ein gutes Versteck im Schatten einer der zwölf hohen Säulen gesucht, die das beeindruckend verzierte Deckengewölbe trugen. Während die beiden Frauen um den eigentlichen Grund herumredeten, der sie hierher geführt hatte, und stattdessen über Stoffe und alte Freunde plauderten, ließ Tiji ihre Haut mit den Wandgemälden verschmelzen, bis sie praktisch unsichtbar war. Eine solche Oberfläche zu imitieren war einfach, auch wenn sie absolut unbeweglich stehen musste, um die Illusion aufrechtzuerhalten. Ein einfarbiger Hintergrund war zwar schwieriger, aber wenn man es einmal heraushatte, konnte man sich vor ihm sogar unentdeckt bewegen.
Dieses Glück hatte sie hier nicht. Tiji seufzte und richtete sich auf eine lange Wartezeit ein. Denn wenn Kinta diese Halle als Hauptwohngemach nutzte, konnte sie es möglicherweise erst nach Einbruch der Dunkelheit riskieren, das Serail zu verlassen. Schöner Mist, dachte sie. Denn jetzt, wo sie Kinta als Unsterbliche identifiziert hatte, war ihre Arbeit hier getan. Und Tiji hatte andere Pläne.
Zum Beispiel wollte sie unbedingt noch die Kristallstadt besichtigen, bevor es womöglich irgendjemandem einfiel, ihr den Diplomatenstatus wieder abzuerkennen und sie nach Hause zu schicken.
Wie so oft, wenn man absolut still stehen muss und versucht, nicht darüber nachzudenken, begann es Tiji an den allerdümmsten Stellen zu jucken. Um sich davon abzulenken, konzentrierte sie ihre Gedanken ganz auf die Frage, wie sie hier am besten wieder herauskam. Nun, da sie bestätigen konnte, dass Chintara eine Suzerain war, hing alles an
Weitere Kostenlose Bücher