Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
musste. Sie drehte das Gesicht von den Dünsten weg, und Arryl machte sich daran, die Masse mit dem Stiel im gleichen Muster aufzutragen wie ihr weggeheiltes Brandzeichen. Allerdings war Arkady durch das Wegdrehen ihres Gesichts nun gezwungen, Declan anzusehen.
Sie drehte den Kopf zur anderen Seite und schloss vorsichtshalber die Augen.
»Da sie mit Ambria und Medwen erst mal nach Port Traeker gesegelt sind, verschafft uns das ein paar Tage, bevor sie wieder in der Delta-Siedlung ankommen«, bemerkte Cayal nach einer Weile betont sachlich. Er nahm wohl das Gespräch wieder auf, das Arkady durch ihr Eintreten unterbrochen hatte.
»Hast du vor, sie dort anzugreifen?«, fragte Declan im selben Ton ausdrücklichen Desinteresses an Arkady.
»Das hätte ich«, sagte Cayal und warf Arryl einen Seitenblick zu, »wenn mir nicht gewisse Leute das Versprechen abgerungen hätten, die Verluste unter den Amphiden so gering wie möglich zu halten.«
»Keine Ausnahmen, Cayal …«, sagte Arryl, ohne von ihrer Tätigkeit aufzusehen.
Der unsterbliche Prinz machte ein Geräusch, das irgendwo zwischen verächtlichem Schnauben und verärgertem Schnaufen lag. Dann fuhr er fort, Declan seinen Plan zu erläutern. »Wir müssen warten, bis die Flotte das seichtere Gewässer um Wasserscheid erreicht. Die Kanäle nahe der Delta-Siedlung sind zu tief. Wenn wir ihre Schiffe dort zerstören, müssen die Crasii mit dran glauben. Die haben in flachem Gewässer eine größere Chance, sich aus dem Geschirr zu lösen und davonzuschwimmen.«
»So willst du vorgehen?«, fragte Declan. »Einfach jedes Boot kentern lassen, das den Flussarm hochkommt?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Nun … nicht unbedingt … ich frage mich bloß, was du dir davon versprichst.«
»Ihre Boote zu versenken«, sagte Cayal. »Hast du nicht zugehört?«
»Du versenkst sie also. Und was dann? Werden sie nicht einfach neue Boote schicken?«
»Und wenn? Die versenken wir auch.«
»Und wie lange willst du das durchhalten?«
»So lange wie nötig. Sie werden die Botschaft schon verstehen. Früher oder später.«
»Das sehe ich anders«, sagte Declan. »Ich glaube, sie werden mit zunehmendem Verlust von Leben und Kähnen – da dies hier Senestra ist, vielleicht nicht unbedingt in der Reihenfolge – immer wütender und verbohrter, und am Ende verursachst du dann doch nur die Vernichtung aller Crasii der Feuchtgebiete, nachdem sie längst vergessen haben, warum sie eigentlich gekommen sind.«
»Er hat nicht ganz Unrecht, Cayal«, sagte Arryl. »Und ich würde es begrüßen, wenn wir auch die menschlichen Verluste so gering wie möglich halten.«
»Warum bestehst du nicht gleich darauf, niemandem wehzutun?«, blaffte er. »Nur um die Aufgabe wirklich interessant zu machen.«
»Sehr gut …«
»Das ist nicht witzig, Arryl.«
»Ich habe auch keinen Witz gemacht, Cayal.« Arryl vollendete das Brandzeichen und trat zurück, um ihr Werk auf Arkadys Brust zu bewundern. »Das sollte genügen. Versuch, es nicht anzufassen, bevor es trocken ist. Es wird wahrscheinlich eine Zeitlang jucken wie verrückt.« Sie wandte sich Cayal und Declan zu und stellte die Schüssel mit dem Latex auf den Tisch. »Declan hat recht, Cayal. Jeden zu ermorden, der den Flussarm hochkommt, um Nachforschungen über Cydne Meduras Tod anzustellen, wird Vergeltungsmaßnahmen nach sich ziehen, die den Sinn der ganzen Übung zunichtemachen. Wenn du musst, verteidige unbedingt die Crasii, aber es bringt grundsätzlich nichts, weitere Angriffe zu provozieren.«
»Vielleicht bin ich es aber gar nicht, der etwas provoziert«, sagte er. »Vielleicht haben Ambria und Medwen das längst getan, einfach dadurch, dass sie noch am Leben sind.«
Arkady hielt es nicht mehr aus, sie öffnete die Augen und wandte sich den beiden zu. Über der Debatte zur besten Vorgehensweise schienen die Männer ohnehin das Interesse an ihr verloren zu haben.
»Warum sagt ihr ihnen nicht einfach, wer ihr seid?«, warf sie ein.
Alle sahen sie an.
»Die Gezeiten sind doch am Steigen, oder? Und es ist ja nicht so, als hätten die Senestrer noch nie von Gezeitenfürsten gehört. Sie haben sogar noch Sekten, die euch verehren.«
»Nicht in den Feuchtgebieten«, sagte Arryl. »Dafür habe ich gesorgt.«
»Aber es sind doch auch nicht die Feuchtgebiete, die euch jetzt Sorgen machen. Die Männer, die kommen, um Cydne Meduras Tod an den Crasii zu ahnden, sind aus den Städten, und dort blühen und gedeihen religiöse Sekten. Ich
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