Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
unerwarteten Vorlieben und Eigenschaften in sich vereinigte. Und verdammt kompetent war sie auch. In fast allem, was sie sich vornahm. Sie hatte eine ganz eigene Art, sich der Probleme anzunehmen, die sich ihr stellten, aber niemand hörte ihr zu. Die anderen fanden ihre Ideen nur seltsam. Sogar Sjöberg, was Sandén besonders störte. Wie Sjöberg, der warmherzigste und liebevollste aller Menschen, jemanden wie Gäddan nicht mögen konnte, war ihm ein Rätsel. Aber es amüsierte Sandén auch ein bisschen, dass Sjöberg seine Skepsis gegenüber dem guten Verhältnis zwischen ihm und Gäddan nur schwer verbergen konnte. Ja, im Grunde wirkte er sogar ein bisschen eifersüchtig.
Jetzt saßen sie nebeneinander hinter Sandéns Schreibtisch und hatten die Vergrößerung vor sich liegen, Maßstab 1:5.
»Nietzsche«, sagte Gerdin. »Der Philosoph.«
Sandén schaute sie fragend an.
»Ach, ich habe einfach das Erste gesagt, was mir eingefallen ist. Dafür sind es auch viel zu viele Zeichen. Aber das Erste müsste ein N sein, und dann haben wir später noch I, E, T, Z.«
»Heinz«, sagte Sandén. »Wie der Ketchup.«
»Ja, das auch«, lachte Gerdin. »Aber ich frage mich, ob es nicht mehr Ziffern als Buchstaben sind. Sollen wir sie einen nach dem anderen durchgehen und alle Möglichkeiten notieren?«
»Das klingt vernünftig«, sagte Sandén und griff nach Stift und Schreibblock. »Das Erste muss ein N sein.«
»Sehe ich genauso. Davon gehen wir jetzt erst einmal aus. Danach haben wir ein S oder eine Fünf.«
Sandén schrieb.
»Eine Neun oder Sieben vielleicht?«, fuhr Gerdin fort.
»Und ein Ball?«
»Genau, schreib ›Ball‹. Oder O Schrägstrich Null. Dann kommt ein I oder eine Eins.«
»Und eine Neun oder eine Vier. Oder was glaubst du, Gäddan, gibt es einen Buchstaben, der so aussieht?«
»Kaum. Dann wieder ein I oder eine Eins. Ein S oder eine Fünf. Und dann eine Birne.«
»Eine Sechs vielleicht?«, schlug Sandén vor. »Oder ein richtig verwischtes A.«
»Und dann eine fliegende Kiste.«
»Vergiss nicht, dass es mit der Hand geschrieben wurde«, erinnerte sie Sandén. »Vielleicht ein schlampiges D, das oberhalb der Zeile gelandet ist?«
»Oder ein O.«
»Dafür sieht es ein bisschen zu eckig aus, findest du nicht?«
»Ja«, antwortete Gerdin. »Dann vielleicht ein H, bei dem die Füße ineinandergeflossen sind?«
»Anschließend haben wir ein C, G oder E, würde ich sagen.«
»Ein I oder eine Eins.«
»Und eine Sieben. Oder ein T?«
»Und dann wieder der Ball«, übernahm Gerdin mit einem Lächeln. »Schreib O oder null. Obwohl, vielleicht könnte es ein Pluszeichen sein?«
Sandén notierte sämtliche Möglichkeiten.
»Eine Fünf oder ein S, eine Neun oder eine Vier«, sagte er.
»Und dann ein kleiner Punkt«, sagte Gerdin. »Was könnte das denn sein?«
»Vielleicht gehört es gar nicht dorthin«, spekulierte Sandén. »Vielleicht ist es nur ein Klecks, der unabsichtlich dort gelandet ist.«
»Dann sollte diese Stelle ursprünglich leer bleiben, aber das glaube ich nicht. Vielleicht ein Apostroph?«
»Gute Idee, das schreibe ich auf.«
»Ein Z oder eine Zwei.«
»Eine Sechs oder ein G?«
»Und dann wieder so ein schwebender Punkt. Aber dicker.«
»Ein U vielleicht?«, riet Sandén. »Oder ein H. Oder ein noch breiter verschmiertes Apostroph.«
»Vielleicht sind es Anführungszeichen.«
»Wie machen wir jetzt weiter?«
Gerdin dachte ein paar Sekunden nach, bevor sie antwortete.
»Ich glaube, ich hacke ein Perlscript zusammen, das sämtliche Kombinationen der Zeichen erzeugt, die wir als möglich erachtet haben.«
Sandén begriff kein Wort von dem, was sie gesagt hatte.
»Du sprichst in Zungen, meine liebe Gäddan. Bitte zurückspulen und noch einmal von vorne beginnen.«
»Ich schreibe ein Computerprogramm, das alle Ziffern und Buchstaben, die wir erraten haben, durchprobiert. Damit bekommen wir eine Liste mit allen denkbaren Kombinationen dieser Zeichen. Wenn man eine Weile auf diese Liste starrt, dann wird es vielleicht einfacher, ein Muster zu erkennen, sich eine Vorstellung zu machen, worum es sich da eigentlich handelt. Soweit klar?«
»Ich glaube, ja. Aber … du kannst einfach so ein Computerprogramm ›zusammenhacken‹?«
»Überhaupt kein Problem«, sagte Gerdin beiläufig. »Ich habe schon ziemlich oft an derartigen Sachen herumgebastelt. In einem früheren Leben. Als ich nichts Besseres zu tun hatte.«
Mit einem resignierten Lächeln schüttelte Sandén den
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