Falsch
Mrs. B. Bornheim, aber wenn du es sagst …« Dann erzählte er Sabine, wie und wo er den Abschnitt gefunden hatte. »Sie fährt also einen dunkelblauen Porsche 911 Turbo, und das ist das Einzige, was bisher wirklich sicher ist.«
»Und der Rest geht dich nichts an«, stellte Sabine bestimmt fest und wandte sich erneut ihren Listen zu. »Über meinem Kopf hängt das Schild ›Baggage Claim‹ und nicht ›Auskunftsbüro‹. Vergiss den Abschnitt und …« Sie stockte, schaute auf ihre Liste und griff dann erneut nach dem kleinen weißen Zettel. »Moment mal.«
»Was ist los?«, fragte Chris neugierig und beugte sich vor.
»Das ist aber seltsam«, meinte Sabine nachdenklich und tippte mit einem manikürten, langen Fingernagel auf den Flatscreen. Da klingelte ihr Telefon, und bevor Christopher nachfragen konnte, hob sie auch schon ab. »Biggi-Baby, wie schön, dass du wieder mal anrufst. Vor mir steht Chris, der heute am späten Abend eine Party mit Schampus und Brötchen schmeißt. Er lädt alle ein, die dazustoßen wollen.« Sie zwinkerte ihm zu und ignorierte seine abwehrenden Armbewegungen geflissentlich. »Er freut sich schon darauf, dass du auch kommst.«
Christopher stützte den Kopf in die Hände und versuchte den Rest des Gesprächs einfach zu überhören. Biggi war die Plaudertasche des Flughafens, der Schrecken aller Junggesellen, der Schnittlauch auf jeder Partysuppe. Heute Nacht würde er auswärts schlafen. Jede Parkbank war besser, als Biggi zwei Stunden lang ertragen zu müssen.
Sabine legte mit einem maliziösen Lächeln auf und schaute Chris unschuldig an. »Das weiß sicher in ein paar Minuten der halbe Airport«, meinte sie, »damit wird deine Party ein voller Erfolg.«
»Ich weiß nicht, wie ich mich jemals bei dir bedanken soll«, fuhr Chris sie giftig an.
»Nicht nötig, Herr Weber, nicht nötig«, entgegnete Sabine in gönnerhaftem Ton. »Und jetzt zu deinem kleinen Problemfall Mrs. Bornheim.«
»Vielleicht will ich eigentlich gar nichts über sie wissen«, winkte Chris ab. »Vergiss es, Sabine, deine Infos werden mir zu teuer.« Er griff nach dem Ticket-Abschnitt. »Ich such mir lieber einen Kollegen von dir, der mir weiterhilft.«
Sabine pinnte den Abschnitt mit ihrem roten Fingernagel an den Counter, bevor Christopher zuschnappen konnte. »Nicht so schnell, das wird dich interessieren.« Sie drückte zweimal die Enter-Taste und runzelte die Stirn. »Deine Mrs. Bornheim kam aus Basel, allein, Swiss Airlines. Und jetzt kommt’s. Sie hat ihr Gepäck nicht abgeholt. Deswegen habe ich auch ihre Adresse hier im System. Wir müssen sie verständigen.«
»Waren die Koffer im nächsten Flieger?«, erkundigte sich Chris.
»Du hörst mir nicht zu«, gab Sabine zurück. »Sie lagen auf dem Gepäckband und drehten da ihre Runden. Nein, deine Mrs. Bornheim nahm ihre Koffer einfach nicht mit.«
»Dafür verlor sie auch noch ihren Pass am Parkplatz«, warf Chris ein und legte den deutschen Ausweis auf den Counter neben den Gepäckabschnitten. »Etwas verwirrt oder sehr in Eile, das ist alles, was mir dazu einfällt.«
São Gabriel da Cachoeira,
Rio Negro/Brasilien
Das schmutzigweiße Motorboot dümpelte am Ufer der kleinen Bucht von São Gabriel da Cachoeira im leichten Wellengang. Der breite Rio Negro, der wenig später durch eine Landzunge wie in einem Sanduhrglas zusammengepresst wurde, strömte hier noch mit beschaulicher Ruhe, die Touristen vor allem im Abendrot immer wieder zur Kamera greifen ließ. Nur hundert Meter weiter flussabwärts begannen die trügerischen Strudel und Stromschnellen um die kleine Insel Adana, bevor der Fluss sich wieder in seinem Bett ausbreitete und majestätisch in Richtung Manaus weiterfloss.
John Finch fluchte, während ihm in der Hitze der Schweiß in die Augen rann und die Benzindämpfe des undichten Tanks in die Nase stiegen. Das alte Boot, das ihm ein Bankangestellter vor einigen Tagen verkauft hatte, bevor er in die USA zurückkehrte, hatte sich zu einem großen Loch im schwarzen Wasser des Flusses entwickelt, in das er sein Geld hineinschaufelte. Der Kauf war eine Fehlentscheidung gewesen, das wurde ihm mit jedem Tag klarer.
Finch überlegte sich, die Leinen zu kappen und den Seelenverkäufer einfach den Rio Negro hinabtreiben zu lassen. Aber da waren sein Ehrgeiz und seine Sparsamkeit, die ihn davon abhielten. So schraubte er weiter an den Zündkerzen des Außenborders, die offenbar seit mindestens zehn Jahren nicht gewechselt worden waren. Finch
Weitere Kostenlose Bücher