Falsch
sechshundertfünfzigtausend Banknoten, die so perfekt waren, dass es selbst Fachleuten unmöglich war, sie zu erkennen.«
»Sie wissen verdammt gut Bescheid über diese Operation«, meinte Georg und drehte den Totenkopfring zwischen seinen Fingern.
»Ich habe mich auch lange genug damit beschäftigt«, gab Takanashi zurück, »mit Zeitzeugen gesprochen, Bücher gelesen, Berichte studiert. Die ganze Aktion hatte bereits 1939 begonnen, mit einem Befehl Himmlers, der sich offenbar von der Geschichte inspirieren ließ. Bereits zwischen 1790 und 1796 hatten die Briten in großem Stil Falschgeld nach Frankreich gebracht, um die Revolution zu sabotieren.«
»Nicht sehr erfolgreich, wenn ich mich erinnere«, lächelte Fiona.
»Aber alles, was die Deutschen anpacken, machen sie ganz oder gar nicht«, gab der Japaner zu bedenken. »Leider hatte Himmler den Umfang und die Schwierigkeit des Vorhaben anfangs unterschätzt, denn vom Papier über die Wasserzeichen, die Fluoreszenz, die Druckplatten bis zur Abnutzung der Scheine musste alles fehlerlos und originalgetreu kopiert werden. Das Schwierigste war, die eingearbeiteten Sicherheitsmerkmale der Bank of England erst einmal zu erkennen, um sie dann nachmachen zu können. Das Papier der Pfundnoten etwa enthielt neben Leinenfasern die sehr dünne Faser des sogenannten Ramie-Grases, das erst über Umwege vom Auslandsgeheimdienst aus China und Japan besorgt werden musste. Die Operation war jedoch so vorrangig, dass man Fälscher aus den Gefängnissen abstellte, Papiermacher von der Front heimholte und so zwielichtige Gestalten wie Claessen engagierte, um ein weiteres Problem zu lösen: das des Absatzes. Denn die Blüten konnten noch so gut gemacht sein, wenn man sie nicht in Umlauf brachte, hatten sie nur den Wert von Altpapier.«
»Das war die Aufgabe Claessens?«, fragte Finch.
»Und seiner Truppe, einem Haufen von Abenteurern, Kleinkriminellen und Gaunern, die damit beauftragt wurden, Pfundnoten zu wechseln, auszugeben, zu verteilen, auf den internationalen Finanzmärkten zu verkaufen oder damit kriegswichtige Waren zu bezahlen«, antwortete Takanashi nachdenklich. »Schon die ersten vom SD in der Berliner Delbrückstraße gedruckten Pfundnoten waren so gut, dass sie anstandslos von den Spezialisten der Bank of England selbst nach mehrmaliger Nachfrage als garantiert echt bewertet wurden. Ein Ritterschlag für die Fälscher. In drei Jahren entstanden so über einhundertvierunddreißig Millionen Pfund, im Gegenwert mehr als 1,6 Milliarden Reichsmark. Das war eine riesige Summe und entsprach dem Dreifachen der damaligen britischen Währungsreserve. Sie dürfen nicht vergessen, dass der Großteil des Geldes auch tatsächlich in Umlauf gebracht wurde, auf allen Ebenen, und dass Claessen einen maßgeblichen Anteil an der Operation hatte, die auf der höchsten Geheimhaltungsstufe angesiedelt war.«
Der Japaner verstummte und blickte auf den See hinaus. John Finch hatte zum ersten Mal den Eindruck, dass der fanatische Sammler Takanashi die Wahrheit sprach. Aber er ließ sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Gesprächspartner taktierte und nur das erzählte, was allgemein bekannt war.
Was aber verschwieg ihnen Takanashi?
»Dann kam das Kriegsende.« Georg stellte die Schatulle mit dem Ring auf den Tisch zurück und klappte den Deckel zu. »Was geschah mit Claessen und seinen Leuten?«
Der Japaner zuckte die Schultern. »Ich weiß nur, was mit den Fälschern geschah. Sie wurden in die Alpenfestung verlegt, samt einem Satz Druckplatten und den Papiervorräten. Vor dem Einmarsch der Amerikaner im österreichischen Salzkammergut verbrannte man alle Beweise, versenkte die restlichen Banknoten im berühmten Toplitzsee, wo man sie zwanzig Jahre später wiederfand. Die zwei Sätze der Druckplatten blieben meines Wissens verschwunden.« Er sah Fiona und Finch an. »Warum, glauben Sie, war ich so überrascht, als plötzlich der Ring von Claessen in Kolumbien auftauchte? Niemand hatte nach 1945 auch nur eine noch so kleine Spur von ihm gefunden. Es schien, als habe er sich in Luft aufgelöst.«
»Wieso lautete das Datum in dem Ehrenring 2. 7. 43? Was war zu dieser Zeit geschehen? Hatte Himmler Claessen an diesem Tag engagiert?«, wunderte sich Fiona.
»Sehr richtig bemerkt«, stellte Takanashi anerkennend fest, »darüber habe ich auch schon nachgedacht …«
»… und haben nichts davon gesagt«, ergänzte Alfredo. »Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass Sie zwar
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