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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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begleitet von einem entschuldigenden Blick.
    »Reden Sie laut, deutlich und deutsch, Himmelherrgottnochmal, und hören Sie auf zu essen!«, fuhr Reinke sie an. »Und ja, verschwinden Sie! Ab nach Hause zu Ragazzo und Bambino! Ich bin auch gleich weg. Bis morgen!«
    Als der General dreißig Minuten später das Kommandogebäude verließ, wartete bereits sein Fahrer mit dem wehrmachtsgrau gestrichenen Steyr. »Nach Hause, Herr General?«, fragte der Chauffeur, und Reinke grunzte zustimmend, während er in den Fond kletterte. Im Wagen war es noch heißer als in der Spätnachmittagssonne.
    »Haben Sie vor, mich zu rösten?«, erkundigte sich der General mürrisch und warf die Uniformjacke neben sich auf die Sitzbank. Das gelbe Kuvert ragte aus der Brusttasche, und Reinke faltete den Uniformrock anders, bevor er sich der Absurdität der Geste bewusst wurde. »Los, verschwinden wir von hier.«
    Reinke freute sich auf sein kühles Domizil in einer alten Villa am Stadtrand, inmitten eines Parks mit riesigen Bäumen und einem Springbrunnen. Doch diesmal dauerte die Fahrt länger als üblich. In einer der schmalen Gassen war ein LKW umgestürzt, der Verkehr staute sich und die Kolonne hinter dem Wagen des Generals wurde immer länger. Doch schließlich erreichten sie die Via San Fernando, und der Chauffeur stieg aus, um das schmiedeeiserne Gittertor zu öffnen.
    Als Reinke die beiden Fiat auf der anderen Seite der Straße bemerkte, war es bereits zu spät. Zwei Schüsse peitschten über die Fahrbahn und trafen den Chauffeur, der stöhnend zusammenbrach. Dann barsten die Scheiben des Steyr in einer Kaskade aus Glassplittern. Eine Garbe aus einer Maschinenpistole fegte erst über den Wagen hinweg, dann allerdings schüttelten die Einschüsse das ganze Fahrzeug. Reinke wollte zu seiner Dienstwaffe greifen, doch er erstarrte in der Bewegung, als die Seitentür aufgerissen wurde und ein Unbekannter seelenruhig eine Handgranate entsicherte und in den Fußraum fallen ließ.
    »Das … das können Sie doch nicht machen«, flüsterte Reinke in völliger Panik.
    »Schöne Grüße aus Meran!«, rief der Unbekannte über seine Schulter dem General zu und rannte los. Dann kam die Explosion und zerriss den Steyr geradezu.
    Zur gleichen Zeit schlugen die ersten Flammen aus den Fenstern im Erdgeschoss der Villa. Drei maskierte Männer kamen aus dem Park gelaufen, rissen das Gittertor auf und stürmten über die Straße. Kaum hatten sie den Fiat erreicht, erschütterten zwei Detonationen das große ehrwürdige Haus.
    Die Flammen hatten das aus allen Hähnen ausströmende Gas entzündet.
    Der Anschlag verwandelte Verona bald in ein Wespennest, in das jemand eine brennende Fackel gesteckt hatte. Die italienischen Faschisten beschuldigten Monarchisten und Kommunisten, verdächtigten die Partisanen und hatten doch keine Ahnung. Die deutschen Stellen verdächtigten alle und jeden, vor allem aber die eigenen Geheimdienste. Die Untersuchungen waren ein einziges Fiasko. Die Benzinkanister, die man im Haus des Generals fand, waren aus Wehrmachtsbeständen, die Sprengstoffexperten tippten auf deutsche Handgranaten. Augenzeugen gab es keine, Opfer außer Reinke ebenfalls nicht. Seine Köchin hatte ihren freien Tag gehabt, sein Diener machte Einkäufe in der Stadt. Über den Grund des Attentats gab es nur Spekulationen. Reinke war höchster Sicherheitsoffizier für Norditalien und seine Tätigkeit geheime Kommandosache. Niemand hatte ihn um den Posten beneidet, keiner wollte ihn nun haben.
    Und – man hatte andere Sorgen. Die Kriegslage verschlechterte sich von Tag zu Tag. Benzin, Fahrzeuge und Menschen waren wertvoll – in dieser Reihenfolge. So verliefen die Untersuchungen rasch im Sand.
    Marietta wartete auf einen neuen Chef und aß. Das Kuvert mit den 200000 Lire war gerade zur rechten Zeit gekommen. Nun konnte sie endlich in die Stadt ziehen – und Claessen wieder beruhigt schlafen …

Hotel Beau Rivage,
Genf/Schweiz
    »Sie sehen, Heinz Claessen war nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt, als ihn der Leiter des Auslandsgeheimdienstes SD , Walter Schellenberg, im Auftrag Himmlers 1943 für die ›Operation Bernhard‹ anheuerte«, stellte Takanashi fest und wartete, bis eine Kellnerin ihm Tee nachgeschenkt hatte.
    »Das ist leicht untertrieben«, warf Alfredo ein. »Ich würde ihn eher als schweres Kaliber bezeichnen.«
    Der Japaner lächelte. »In starken Monaten liefen die Druckmaschinen in Oranienburg auf Hochtouren und schafften bis zu

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