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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Platten.«
    »Gut«, nickte Claessen. »Du hast die Adresse in Linz? Nach den letzten Berichten des Oberkommandos der Wehrmacht solltest du durchkommen. Die Amerikaner stehen am Rhein und sind noch weit weg von Österreich, die Franzosen auch und die Russen im Osten brauchen dich nicht zu interessieren.«
    »Ich wollte, ich wäre schon am Ziel«, murmelte Hanna und nahm Mantel und Hut. »Was ist, wenn sie mich schnappen?«
    »Dann wirst du dich erfolgreich durch ein amerikanisches Gefangenenlager vögeln und bald wieder draußen sein«, gab Claessen ungerührt zurück.
    »Schwein!«, zischte Hanna, stieß ihn wütend beiseite und rauschte an ihm vorbei die Treppe hinunter.
    Der Motor des Mercedes 170 V sprang nach den ersten Umdrehungen des Anlassers an und lief beruhigend gleichmäßig. Das elegante, zweifarbige Cabriolet hatte die kriegsbedingt abgedunkelten Scheinwerfer, die nur einen Bruchteil des Lichts durchließen, um feindlichen Fliegern kein Ziel zu bieten.
    »Bis nach Innsbruck kannst du die Scheinwerfer offen lassen, in der Nacht fliegen die Amis keine Angriffe auf die Pässe. Danach wirst du abdunkeln müssen. Aber dann wird es auch schon wieder hell«, beruhigte Claessen Hanna, die hinter das Steuer geschlüpft war, während Paulsen die Koffer einlud. »Frag mich nicht, wohin ich fahre. Ich melde mich in Linz bei dir, wenn alles vorüber ist.« Er zog an seiner Zigarette, und die Glut erleuchtete sein Gesicht gespenstisch »Solltest du nichts mehr von mir hören, dann trink einen auf mich und vergiss es. Dann hab ich es nicht geschafft.«
    Damit schlug er die Tür zu, winkte kurz und sah dem Wagen nach, wie er aus dem Hof rollte, nach rechts bog und die schmalen Serpentinen vor dem Schloss in Angriff nahm.
    » Der gute Ruf einer Frau beruht auf dem Schweigen mehrerer Männer . Maurice Chevalier«, murmelte Claessen kopfschüttelnd, als er in Gedanken versunken zum Eingang des Schlosses hinüberschlenderte. »Bei dir müssen Legionen schweigen, mein Kind.«
    Gerade als er die Doppeltür aufstoßen und seine Koffer holen wollte, hörte er den Klang einer Wehrmachts- BMW . Das charakteristische Geräusch kam näher, und wenige Augenblicke später bogen zwei Motorräder auf den Hof ein, kurz vor einem Opel-»Blitz«-Allrad- LKW . Die Soldaten auf den beiden BMW s waren schwer bewaffnet und mit Staub bedeckt.
    »Wer zum Teufel kommt jetzt zu Besuch?«, fragte sich Claessen. »Heute gibt sich alles ein Stelldichein auf Labers, entweder per Telefon oder ad personam …«
    Der uniformierte Fahrer, der aus dem LKW stieg, war groß, schlank und hatte einen Verband um den linken Oberarm, durch den das Blut sickerte. Er salutierte mit jener nachlässigen Art, die desillusionierte Militärs auszeichnete.
    »Ich suche Obersturmbannführer Claessen«, stellte er fest, während er sich kurz umblickte und der Eskorte einen Wink gab. »Nicht gerade ein Zeltlager der HJ hier. Netter Schuppen, nur etwas abgelegen.« Er grinste wie ein Schuljunge und strich sich eine widerspenstige Locke aus der Stirn. »Wissen Sie, wo ich Claessen finden kann?«
    »Vielleicht«, gab Claessen vorsichtig zurück. »Wer fragt?«
    »Leutnant Rösler vom Stab General Kesselring mit Fracht, Wagen und Depesche. Und bevor Sie weiter fragen …« Er deutete auf den Verband. »Scheiß-Partisanen. Die schießen auf alles, was sich bewegt und wehrmachtsgrau ist. Ich habe einen Mann meiner Eskorte verloren auf der Straße vor Bozen.«
    »Dann kommen Sie rein und nehmen Sie Ihre Männer mit«, lud ihn Claessen ein. »Sie haben mich gefunden, auch wenn es gar nicht so aussieht. In der Bar gibt es Getränke, und Paulsen wird Ihnen schnell etwas zu essen machen.« Er streckte die Hand aus. »Und während Sie in unserem bescheidenen Luxus schwelgen, würde ich gern die Nachricht lesen. Sie haben unverschämtes Glück, ich bin eigentlich schon gar nicht mehr hier.«
    »Wären wir das nicht alle gern? Nicht mehr hier?«, grinste der Leutnant, zog einen dicken Umschlag hervor und reichte ihn Claessen. »Aber mit der Zeit werden die Optionen immer weniger, Obersturmbannführer.« Er verschwand mit den Männern der Eskorte im Schloss.
    »Wem sagen Sie das?«, murmelte Claessen und riss das Kuvert auf. »Stündlich …«

Quai du Montblanc,
Genf/Schweiz
    Llewellyn fand einen freien Parkplatz fast genau gegenüber dem Haupteingang des Beau Rivage, in der Rue Adhémar-Fabri, im Schatten einiger Bäume. Er stellte den Mercedes so ab, dass er vom Fahrersitz das

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