Falsch
Beobachter entdecken.
Er überquerte die Straße in der Absicht, mit dem Rezeptionisten des Beau Rivage zu sprechen, als das Geräusch quietschender Reifen ihn aus seiner Gedankenwelt riss. Ein dunkler Geländewagen schoss um die Ecke und hielt direkt vor dem Hoteleingang. Den Mann, der voller Energie aus dem Auto sprang, sich kurz umsah und dann in die Lobby stürmte, kannte Llewellyn nur zu gut.
Egon Zwingli war eingetroffen.
Der Major grinste schadenfroh bei dem Gedanken, dass der Schweizer in wenigen Augenblicken erfahren würde, dass die Südamerikaner bereits abgereist waren.
»Ein klein wenig zu spät«, murmelte Llewellyn, »aber knapp verpasst ist auch vorbei.«
In diesem Moment kam Zwingli auch schon wieder durch die Drehtür, das Handy am Ohr. Ohne sich umzusehen, sprang er in den SUV und startete.
»Verdammt!«, murmelte der Major und sprintete zu seinem Wagen.
Genfer See,
zwischen Genf und Lausanne/Schweiz
Das auf Hochglanz polierte Riva-Schnellboot schien über den Genfer See zu fliegen und zog eine lange weiße Spur im dunkelblauen Wasser hinter sich her. John Finch erinnerte der Wind im Gesicht an seinen letzten Flug in einem offenen Doppeldecker. Er hatte seine Lederjacke angezogen und lehnte sich gegen den Fahrtwind, der immer wieder Kaskaden von Wassertropfen über das schlanke Boot schleuderte.
»Was für ein wunderbarer Tag!«, rief ihm Georg vergnügt zu, der die Fahrt ebenso genoss. »Und was für eine ausgezeichnete Idee von dir, den Seeweg nach Lausanne zu nehmen!«
»Nur ein Hubschrauber wäre noch schneller, aber der war in der Kürze der Zeit nicht aufzutreiben«, rief Finch Georg über den Fahrtwind zu. »Wir hatten Glück, dass der Empfangschef Besuch von seinem Freund mit dem Schnellboot hatte und der einem Ausflug nach Lausanne nicht abgeneigt war.« Er beugte sich zu Gruber. »Wir müssen unsere Verfolger unbedingt abhängen, sonst schaut uns unentwegt jemand über die Schulter oder vollendet die Aktion von São Gabriel.«
Georg nickte ernst. »Der Vorteil eines Schnellboots auf offenem See liegt auf der Hand. Man kann uns nicht unbemerkt verfolgen.«
Der Fahrer wandte sich an Finch und zeigte auf eine wasserdichte Karte, die er vor sich auf einem Klemmbrett aufgespannt hatte. »Wir sind etwa hier, nach Lausanne sind es noch rund vierzig Kilometer, also eine halbe Stunde Fahrt. Das Beau Rivage Palace liegt an der Place du Port, also direkt am See. Wir können an einer Mole unmittelbar davor anlegen, dann sind Sie zu Fuß in wenigen Minuten im Hotel. Soll ich jemanden von Ihrer Ankunft verständigen?«
John Finch schüttelte den Kopf. »Nein, danke, mir ist etwas Diskretion im Moment lieber«, entgegnete er entschieden. »Aber ich bin für jede Minute, die wir früher da sind, dankbar.«
A1 zwischen Genf und Lausanne,
Höhe Chavannes-de Bogis/Schweiz
Der Fahrer des LKW -Zugs hatte die Baustelle auf der A1 in Fahrtrichtung Lausanne zu spät gesehen, dann falsch reagiert und war so fast ungebremst in die Absperrungen gekracht. Nachdem er gegen zwei fahrende Autos geprallt war, schleuderte der Anhänger gegen eine tonnenschwere Dampfwalze und stürzte um. Mehr als fünfzehntausend leere Bierflaschen ergossen sich über die beiden Fahrbahnen wie eine Lawine aus Glas.
Während die Feuerwehr den schwerverletzten Fahrer aus seiner Kabine schneiden musste und sich Kräfte des Straßendienstes um die Beseitigung der Tonnen von Scherben bemühten, wurde die Autobahn für mehr als eine Stunde komplett gesperrt.
Fünf Minuten vor dem Unfall hatte Soichiro Takanashi die Baustelle unbehelligt passiert, gefolgt von dem silbernen Golf, der seit Genf einen sicheren Abstand hielt.
Zwingli und Lewellyn hatten weniger Glück. Sie standen, wenige Autos voneinander entfernt, für fünfundsiebzig Minuten in dem kilometerlangen Stau, eingezwängt zwischen Müttern, die versuchten, ihre quengelnden Kleinkinder zu beruhigen, und Rentnern, die sich bemühten, so unauffällig wie möglich auf den Grünstreifen der Autobahn zu pinkeln.
11. April 1945,
Ötztal-Straße bei Habichen, Tirol/Ostmark
»Könntet ihr kurz anhalten?«, meinte Willi von der Rückbank, als Franz den LKW bergauf über die Hauptstraße lenkte. »Ich muss mal …«
»Keine schlechte Idee«, erwiderte Franz, »ich glaube, ich habe im Halbdunkel sowieso die Abzweigung zum Piburger See übersehen und wir müssen umdrehen. Währenddessen hast du genügend Zeit. Das sollte für deine kleine Blase reichen …«
»Zu
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