Falsch
Arbeitsmaschinen …«
Ernst, der auf dem Beifahrersitz hin und her rutschte und versuchte, die beschlagene Frontscheibe mit einem Lappen immer wieder frei zu wischen, machte sich keine Illusionen. »Wir sind alle nur noch lebende Tote«, bekräftigte er. »Wir würden den Einmarsch der Alliierten nie überleben. Vorher würden sie uns an die Wand stellen, mit allen anderen. Wir wissen zu viel, haben zu viel gesehen. Andererseits – ihr glaubt doch nicht, dass wir auch nur einen Tag überleben würden, wenn wir uns mit diesem LKW einfach über die Berge empfehlen würden. Die haben das Kennzeichen, unsere Fotos, alles. Die Feldgendarmerie würde kurzen Prozess machen. Festnehmen, aufhängen.«
»Und zur Abschreckung hängen lassen«, ergänzte Franz lakonisch. »Wäre unter Umständen das Risiko wert. Dann brauchen wir uns nicht zu erschießen.«
»Warum gehen wir wirklich nicht über die Berge?«, wandte Paul ein.
»Wohin genau planst du zu gehen? Nach Italien, in die Arme der Partisanen oder der Heeresgruppe Süd? Nach Norden, heim ins Reich? Nach Osten, mitten in die Schlacht um Wien oder lieber gleich bis zu den russischen Linien?«
»Auf einem abgelegenen Bauernhof verstecken?«, meinte Ernst. »Im Heu unterkriechen und das Ende des Krieges abwarten?«
»Träumer«, murmelte Willi abfällig. »Die meisten Bauern stecken mit den Partisanen unter einer Decke. Die können Wehrmachtssoldaten genauso gut leiden wie einen Fuchs im Hühnerstall.«
»Mitgefangen, mitgehangen.« Ernst ließ die Schultern hängen und legte den Kopf in den Nacken. »Wir können nur auf die Amerikaner hoffen. Oder es geschieht ein Wunder.«
»Du meinst Wunder wie bei den Wunderwaffen?«, erwiderte Franz, schaltete zwei Gänge herunter und nahm die Abzweigung ins Ötztal. »Darauf können wir lange warten.«
Heinz Claessen fuhr durch kleine Ortschaften und Ansiedlungen, die wie ausgestorben schienen. Je näher er dem Inntal kam, umso wärmer wurde die Luft. Nach Umhausen und Farchat verlief die Straße wieder direkt neben der Ache, die inzwischen dank zahlreicher Zuflüsse aus den Bergen und der einsetzenden Schneeschmelze zu einem respektablen Wildbach angewachsen war. Ein leichter Nebel lag in der Luft, der die Straße zunehmend feucht und rutschig machte.
Wenigstens war die Dämmerung endlich über die Berge gekrochen. Sie färbte den Himmel hell und die Schatten blau und vertrieb die Nacht. Das machte das Fahren einfacher.
Der Motor des Opel brummte gleichmäßig, und Claessen begann sich etwas zu entspannen. Er hatte die erste Etappe über die Pässe geschafft, nun würde es einfacher werden.
Doch etwas anderes machte ihm mehr und mehr zu schaffen: Die Augen fielen ihm immer wieder zu, und er musste sich zunehmend konzentrieren, um wach zu bleiben. Einmal wäre er nach einem Sekundenschlaf beinahe von der schmalen Fahrbahn abgekommen und im Graben gelandet, doch im letzten Moment hatte er das Steuer herumgerissen. Der LKW schleuderte und wankte, blieb aber auf der Straße.
Nach dem ersten Schrecken begann Claessen entschlossen, links und rechts nach einem Versteck für den Opel Ausschau zu halten. Er musste endlich schlafen.
Das Tal wurde wieder enger. Zu beiden Seiten erhoben sich die steilen Hänge von Zweitausendern, schienen ganz nahe an die schmale Straße heranzurücken. Ein Wald tauchte auf der linken Seite auf, der sich wie ein schwarzgrüner Teppich über die Hänge des Wildgrats erstreckte.
Wald wäre genau das Richtige, dachte Claessen erfreut und hielt durch das offene Seitenfenster nach einer Abzweigung oder einer schmalen Forststraße Ausschau. Das Rauschen der Ache, die hier eine Steilstufe überwinden musste, übertönte den Motor.
Als Claessen wieder nach vorn schaute, war es zu spät. Die abschüssige, glatte Straße machte im Wald eine scharfe Linkskurve, um dann in einer Spitzkehre die Geländestufe zu überwinden, die das Wasser der Ötztaler Ache in gerader Linie hinunterrauschte.
Der Obersturmbannführer riss verzweifelt das Lenkrad herum und fluchte. Der schwere Opel Blitz schleuderte, stieß dabei gegen einen massiven, steinernen Begrenzungsstein und kippte fast um. Erst im letzten Moment fing sich der LKW wieder, fiel zurück auf seine Räder, federte tief ein und torkelte unkontrolliert über die Straße. Es krachte und zischte, und ein heftiger Schlag ging durch den Opel. Claessen kurbelte vergeblich am Lenkrad, die Vorderräder reagierten nicht mehr. Zischend entwich der Druck aus den
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