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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Gegensprechanlage, und irgendwie kam es Chris vor, als unterdrücke sie ein Lachen.
    »Habe ich das nicht schon irgendwo gehört?«, murmelte er, schickte ein Gebet zum Himmel, nahm die Koffer und drückte mit der Schulter vorsichtig die Tür auf. Die Schäferhunde sahen ihm interessiert zu, wie er mit raschen Schritten in einem weiten Bogen auf die nähere der beiden Villen zusteuerte. Chris erwartete jeden Moment einen Angriff aus dem Hinterhalt, aber nichts dergleichen geschah. Die beiden Hunde wollten nicht einmal mit ihm spielen, stellte er ein wenig enttäuscht fest.
    Am oberen Ende einer kurzen Steintreppe, die zur Haustür der weißen Villa führte, erwartete ihn eine Frau in einem cremefarbenen Bademantel, die Hände in den Taschen versenkt, und blickte ihm entgegen. Er hatte sich Mrs. B. Bornheim anders vorgestellt. Vor allem jünger. Die Frau, die auf ihn wartete, mochte knapp über sechzig sein, sah jedoch immer noch sehr gut aus. Sie war schmal und zierlich, hatte kurzgeschnittenes, dunkles Haar und einen energischen Zug um den Mund. Ihr Lächeln war sparsam und unverbindlich.
    »Danke für Ihre Mühe. Könnten Sie die Koffer einfach hier in die Halle stellen?« Sie deutete hinter sich und ging dann voran.
    Chris hatte beim Anblick der Villa mit der Wohnfläche eines mittleren Flugzeughangars gerechnet, und er wurde nicht enttäuscht. Die Eingangshalle allein hatte sicherlich die Ausmaße einer herrschaftlichen Stadtwohnung, Terrasse inklusive.
    »Es tut mir leid, aber ich muss eine Identifikation von Ihnen verlangen, damit ich auch sicher sein kann, dass Sie der rechtmäßige Eigentümer der beiden Koffer sind. Das Klingelschild war nicht gerade gesprächig.« Chris sah ihr Lächeln dahinschwinden wie Schnee in der ersten starken Frühjahrssonne.
    »Man kennt uns hier«, entgegnete die Dame des Hauses kühl und machte keine Anstalten, einen Ausweis holen zu gehen.
    »Ich bin nicht ›man‹ und auch nicht von hier«, gab Christopher unbeeindruckt zurück. »Aber ich kann das Gepäck gern wieder mitnehmen und es morgen nochmals versuchen, wenn Ihre Tochter im Haus ist.« Es war ein Schuss ins Blaue, aber er sah sofort, dass er ins Schwarze getroffen hatte.
    Sie biss sich auf die Lippen, und ihr Lächeln war plötzlich wieder da, wie angeknipst. Dann blickte sie ihn mit großem Augenaufschlag an. »Es wird ja keinen Unterschied machen, ob ich oder meine Tochter die Koffer übernehmen.«
    »Im Prinzip nicht, in manchen Fällen aber doch«, antwortete Chris geheimnisvoll.
    Sie sah ihn etwas verwirrt an, zuckte dann mit den Schultern und trat an eine Kommode, auf der ein riesiges Blumenarrangement in den bayrischen Farben gepflegten Patriotismus verbreitete. Als sie sich wieder umwandte, hielt sie ihm mit spitzen Fingern einen Personalausweis unter die Nase. »Zufrieden?«
    »Inga Bornheim, geboren in Oslo«, las Christopher und verschwieg galant das Geburtsdatum. »Und Ihre Tochter?«
    »Bernadette Bornheim«, gab sie zurück und steckte den Ausweis in die Tasche ihres Bademantels.
    »Wohnt sie ebenfalls hier?«, fragte er wie beiläufig und sah sich um.
    »Bernadette ist ins andere Haus gezogen, in die Villa weiter hinten im Park, aber die Adresse ist dieselbe, wenn es darum geht.«
    Chris reichte ihr den Pass ihrer Tochter. »Den hat Bernadette am Parkplatz verloren, und ich habe ihn gefunden. Sie wird ihn vielleicht bereits vermisst haben.«
    Inga Bornheim neigte gnädig den Kopf und steckte den Pass ein. »Danke. Sie finden den Weg nach draußen?«
    Die Audienz schien beendet zu sein.
    »Können Sie mir sagen, warum Ihre Tochter das Gepäck nicht mitgenommen hat, als sie den Flughafen verließ? Die beiden Koffer wurden pünktlich ausgeladen, waren in der gleichen Maschine aus Genf, rechtzeitig in der Gepäckhalle, aber sie ließ sie trotzdem zurück.« Er beobachtete Inga Bornheim genau, während er sprach. Keine Reaktion.
    »Ich weiß es wirklich nicht«, antwortete sie und schüttelte den Kopf. »Manchmal ist Bernadette so zerstreut.«
    »Oder wollte sie die Koffer nicht selbst durch den Zoll bringen?«, bemerkte Chris wie beiläufig.
    Der Ärger flammte nur kurz in ihren Augen auf, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. »Ist das eine Unterstellung?«, gab sie kämpferisch zurück. »Wenn ja, dann sollte ich vielleicht unseren Familienanwalt hinzuziehen.«
    Eine gefährliche Frau, schoss es ihm durch den Kopf. Aber sie war nicht umsonst da, wo sie jetzt stand – auf der gefüllten Seite des

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