Falsch
Diesmal war es Ernst. Schalldämpfer waren inzwischen in Medellín Standard bei den Schießereien um diese Nachtzeit, wollte man nicht innerhalb weniger Minuten die Polizei auf dem Hals haben. Wenn man Pech hatte, dann geriet man an jene Handvoll Beamte, die unbestechliche Idealisten waren …
Alfredo hechtete um die Ecke, in die schützende Dunkelheit einer Nebengasse, stolperte über Sperrmüll, wäre fast gefallen, fing sich doch wieder und sprintete weiter. Er riss seine Waffe aus dem Gürtel, als er hinter sich das Aufheulen eines schweren Motors, begleitet vom Aufjaulen quietschender Reifen, hörte. Er bog nochmals ab, war nun hinter dem Einkaufszentrum und rannte immer in Richtung des Cerro Nutibara, eines Hügels und Erholungsgebietes mitten in der Stadt. Dort versprachen Büsche, Bäume und die Dunkelheit Schutz.
Wenn er es überhaupt jemals bis dahin schaffte …
Er rannte die Calle 34 B entlang, die genau in Richtung des Hügels führte. Vor ihm lag eine große Querstraße mit hohen Büschen und einer Grünfläche zwischen den Fahrbahnen. Allerdings galt es, noch rund zweihundert Meter zu sprinten, und der Scheinwerferkegel der Limousine hatte ihn bereits wieder fest im Griff.
Alfredo ging auf volles Risiko und wechselte die Straßenseite, als er ein verrostetes Metalltor sah, von einer einsamen Straßenlaterne beschienen, das einen Spalt offen stand. Der Lenker des schwarzen Mercedes erkannte seine Chance, gab Gas und wollte den Sicario einholen und überfahren. Die Kugeln pfiffen Alfredo um die Ohren und schlugen in die Hauswände ein. Irgendwo ging ein Fenster zu Bruch, und eine laute Stimme begann loszuschreien. Wenige Sekunden bevor ihn der schwere Mercedes erreicht hätte, schlüpfte Alfredo zwischen den Torflügeln hindurch in einen stockdunklen Hof. Er stieß Abfalleimer um, hastete weiter und sah vor sich eine niedrige Mauer, die er mit einem Aufschwung bewältigte.
Draußen quietschten Reifen, zornige Stimmen schallten durch die Nacht.
Als er sich auf der anderen Seite der Mauer fallen ließ, landete er weich in einem Blumenbeet. Hinter ihm, im dunklen Hof, war einer seiner Verfolger ebenfalls über die Eimer gestürzt und offensichtlich in die Müllberge gefallen, die sich daraus ergossen. Die Flüche waren so drastisch, dass Alfredo lächeln musste. Dann rannte er vorsichtig weiter, hastete durch einen Hausflur und stieß eine Tür auf. Vor ihm, mitten auf der Fahrbahn, lag der Grünstreifen der Carrera 65 D.
Weiter links, an der Ecke, stand der Mercedes wie ein schwarz glänzendes, sprungbereites Raubtier und wartete auf ihn.
Der Sicario zögerte keinen Moment. Den Kopf tief gesenkt, stürmte er über die Straße und verschwand blitzschnell hinter einem dichten Busch. Aber sein Verfolger hatte ihn bereits erspäht. Der Motor heulte auf, und diesmal war der Fahrer entschlossen, sich nicht mehr abhängen zu lassen, er raste einige Meter gegen die Einbahn und entschied sich dann für ein gewagtes Manöver. Mit einem entschlossenen Lenkradeinschlag brachte er die Limousine zum Schleudern, die über die Begrenzungen des Grünstreifens rumpelte und genau auf die Büsche zusteuerte, hinter denen der Sicario verschwunden war. Der schwere Mercedes brach wie ein Panzer durch die Wand aus Grün, Zweige peitschten, und dann war er auch schon auf der anderen Spur der Straße, wie durch ein Wunder unbeschädigt.
Doch damit war das Glück der Verfolger aufgebraucht. Der Fahrer sah gerade noch den Rücken Alfredos, der in einem schmalen Gang zwischen den Häusern im Dunkel verschwand. Er hielt den Mercedes an, schoss dem Sicario wütend durch das offene Seitenfenster nach, als ein Polizeiwagen mit überhöhtem Tempo um die Ecke raste, nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und seitlich in den Mercedes krachte, der noch immer quer über die Fahrbahn stand.
Das Einsatzfahrzeug der Polizei, ein Kleinwagen französischer Herkunft im Erprobungseinsatz der Stadtverwaltung, zerschellte an der Karosserie des Mercedes wie an einem Steinblock. Glas splitterte, Airbags sprangen auf, und das Vorderteil des Streifenwagens schob sich zusammen wie eine Ziehharmonika.
Der unverletzte Fahrer des Mercedes stieß die Tür auf, sprang aus der Limousine und schrie wütend auf die Polizisten ein, die benommen auf ihren Sitzen kauerten. In diesem Augenblick brach auch der zweite Mann durch die Büsche des Grünstreifens, erfasste die Situation mit einem Blick, hob seine Pistole und tötete die beiden Beamten mit zwei
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