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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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machen, um seinen Geist nicht einrosten zu lassen«, antwortete Kronstein und sah Solowjov wohlwollend an. »Jeder neue Lebensabschnitt ist eine Herausforderung, das werden Sie auch merken, wenn Sie in ein Russland zurückkehren, das nun hoffentlich das Ihre, aber nicht mehr das meine ist. Ich habe zu lange immer nur dasselbe gemacht. Nun könnten Sie einwenden, ich wäre zu alt, um etwas Neues zu beginnen, doch noch fühle ich mich stark genug. Was genau? Ich weiß es noch nicht. Kommt Zeit, kommt Rat.«
    Damit schloss Samuel Kronstein die Augen und lehnte sich in die Polster zurück.
    Die Formalitäten bei der Einreise waren zur Überraschung Solowjovs rasch erledigt. Die Beamten an der Grenzstelle am Basler Bahnhof waren ausgesucht höflich, freundlich und zugleich effektiv. Sie kontrollierten die Pässe der beiden Männer, stempelten sie und wandten sich dem Nächsten in der Schlange zu. Durch den Zoll wurden die Reisenden aus dem fernen St. Petersburg mit ihrem leichten Gepäck nach einigen allgemeinen Fragen ebenfalls rasch abgefertigt. Niemand interessierte sich für Geld oder Wertsachen oder etwa das Ziel ihrer Reise.
    Als Kronstein und Solowjov auf den geschäftigen Bahnhofsplatz hinaustraten, brach die Dämmerung herein, und es begann zu schneien. Von der anderen Seite des Platzes leuchtete ein rotes Gebäude herüber, das Hotel Schweizerhof, und der junge Russe senkte den Kopf gegen den Wintersturm, um darauf zuzueilen, als Kronstein ihn am Arm zurückhielt.
    »Ich war bereits einige Male in Basel«, erklärte der alte Juwelier leise, »im Auftrag der Zarenfamilie und einiger europäischer Potentaten. Aber das ist eine andere Geschichte.« Er schlang den weißen Schal um seinen Hals und gab einer der wartenden Droschken ein Zeichen. Während Solowjov in die Kutsche stieg, nannte Kronstein dem dick vermummten Kutscher ihr Fahrtziel: »Hotel Les Trois Rois am Rhein.«
    Wenige Augenblicke später war die Droschke in der anbrechenden Dunkelheit und dem dichten Schneegestöber verschwunden.

Lufthansa »Senator Café«,
Flughafen München/Deutschland
    Die Croissants im »Senator Café« mit dem überdimensionalen Neon-Kranich über dem Eingang sahen lecker und frisch aus, die riesigen Champagner-Flaschen dahinter fast schon ein wenig einschüchternd. Christopher Weber, die Kaffeetasse in der Hand, wanderte am Buffet entlang. Sandwiches, kleine Salate, Snacks und Kuchen warteten auf bevorzugte Vielflieger der Lufthansa. Chris war pünktlich gewesen, hatte am Eingang seinen Ausweis vorgezeigt und die Hostess überredet, ihn drinnen auf Bernadette Bornheim warten zu lassen. Nach einem Blick auf die Listen der Business- und Erste-Klasse-Passagiere nach Basel hatte die kleine Blonde in der dunkelblauen Uniform Chris durchgewunken.
    »Eigentlich …«, hatte sie angesetzt, als er an ihr vorbeigegangen war, und ihre Brauen gehoben.
    »Ich benehme mich auch anständig«, versuchte Chris seinen Charme spielen zu lassen. Mit Erfolg. Sie wandte sich leise lachend zwei Neuankömmlingen zu.
    Seine kleine Tasse Kaffee balancierend, wählte Chris einen der kleinen Tische, die von zwei bequemen schwarzen Fauteuils flankiert waren und im Blickfeld des Eingangs lagen. Er setzte sich leise stöhnend. Die heutige Schicht hatte es in sich gehabt, er spürte jeden einzelnen Muskel. Andererseits hatte er sich den ganzen Tag lang genau auf diesen Moment gefreut. Schon am Morgen, als er nach kaum vier Stunden Schlaf vom Wecker aus dem Schlaf gerissen worden war, hatte er es sich eingestehen müssen – er war in das dunkelhaarige Mädchen aus gutem Haus verliebt.
    Bis über beide Ohren.
    Als er Bernadette durch den Eingang kommen sah, einen kleinen Rollkoffer hinter sich herziehend, kribbelte es in seinem Bauch. Sie trug ausgewaschene Jeans, einen dunkelblauen Blazer und Sneakers. Christopher musste sich eingestehen, dass es völlig egal war, was die junge Frau anhatte.
    In seinen Augen sah sie in jedem Outfit hinreißend aus.
    Bernadette, etwas atemlos, ließ ihren Blick über die geschmackvolle Einrichtung mit den ledernen Clubsesseln, über die wenigen Gäste, das Buffet und die Bar gleiten, während die kleine blonde Lufthansa-Angestellte ihren Namen in den Passagierlisten suchte und schließlich auch fand.
    »Sie werden bereits erwartet«, meinte die junge Lufthansa-Frau und musterte Bernadette interessiert von oben bis unten – so von Frau zu Frau. Dann wandte sie sich dem nächsten Gast zu.
    Bernadette Bornheims Augen blickten

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