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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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polierten Sportwagen kam, umso beeindruckender erschienen ihm der große Heckflügel, die breit ausgestellten Radhäuser, die geduckte Form. Es war, als würde das Auto mit ihm sprechen, ihm zuflüstern: »Besser, du machst keinen Fehler. Sonst schaffst du es mit mir nicht einmal aus der Garage.«
    Zum ersten Mal zweifelte Christopher, ob es eine so gute Idee gewesen war, den Porsche und nicht den Bus nach Erding zu nehmen, wo Martin wohnte. Nur eine einzige Delle im sündhaft teuren Blechkleid, und die neue Beziehung zu Bernadette wäre schneller zu Ende, als sie begonnen hatte. Sie würde ihn köpfen und ihr Vater den Rest danach noch vierteilen.
    Wenn er überhaupt so freundlich war und ihn nicht gleich scheibchenweise an die Schäferhunde verfütterte.
    Der Innenraum des Sportwagens war eine noble Landschaft in Leder und roch wie ein englischer Clubsessel. Und doch – ein Hauch von Bernadettes Parfum lag noch über allem, und Chris fühlte sich mit einem Mal als Eindringling. Er suchte das Zündschloss, fand es endlich auf der falschen Seite der Lenksäule und startete den Motor.
    In der niedrigen Garage klang es, als sei ein wütender Bär aus dem Winterschlaf erwacht und keineswegs erfreut über die Störung. Als der Porsche die Rampen zur Ausfahrt hinaufröhrte, standen Chris die Nackenhaare zu Berge. Für diesen Wagen brauchte man einen Waffenschein und alle seine Sinne. Sein Respekt vor Bernadettes Fahrkünsten stieg.
    Die fünfzehn Kilometer zu der Einliegerwohnung in dem weißen, gepflegten Einfamilienhaus in Erding legte Christopher, wie es ihm schien, im Tiefflug und einer neuen Rekordzeit zurück. Als er den Porsche neben dem Lieferwagen von Martin abstellte und den Schlüssel abzog, schienen die Schallwellen durch die Nacht zu branden, bevor sie sich in der Dunkelheit verloren.
    Prompt ging hinter zwei Fenstern das Licht an.
    »Womit bist du da? Mit einer Boden-Luft-Rakete?« Martin, in T-Shirt und Shorts, blickte verschlafen ums Eck der Treppe, die aus seiner Wohnung im Untergeschoss in den Garten führte. »Ich dachte schon, ein Gewitter sei im Anzug …«
    »Das wirst du morgen noch früh genug sehen«, erwiderte Chris müde. »Jetzt brauche ich eine Dusche und ein Bett. In sechs Stunden beginnt meine Schicht.«
    Martin beachtete ihn gar nicht. Er schob ihn beiseite, und sein Blick versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen. Dann erkannte er die Silhouette des Porsches. »Oh, heilige Mutter Maria«, flüsterte er, »wo hast du den gestohlen?«
    »Das ist der Wagen meiner Freundin, du Blödmann!«, antwortete Christopher und schloss erschöpft die Augen.
    Martin fuhr überrascht herum. »Seit wann hast du eine Freundin?«
    »Seit gestern.« Chris zog seinen Freund am Ärmel. »Ab ins Bett jetzt, sonst kann ich gleich wieder umkehren und zum Flughafen zurückfahren.«
    »Und dann hat sie dir heute ihren Porsche in die Hand gedrückt? Sie muss den Verstand verloren haben.« Martin war erschüttert. »Oder du hast ihr selbigen im Bett herausgev…«
    »Martin!«, zischte Chris wütend. »Es reicht! Komm jetzt! Ich bin todmüde, und es ist verdammt spät.«
    »Spielverderber«, maulte Martin und ließ sich widerwillig von seinem Freund mitziehen. »Du könntest morgen meinen Transporter nehmen und lässt mir den Por…«
    »… und dann hat der Wecker geläutet und du bist aufgewacht«, unterbrach ihn Chris ungehalten und tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Du hast sie nicht mehr alle! Vergiss es! Gute Nacht!«
    Bevor Chris auf dem Sofa einschlief, dachte er an Bernadette und wie rasch sich doch das Leben ändern konnte. Das Feuer hatte ihm alles genommen, seinen gesamten Besitz. Er besaß nur mehr das, was er am Körper trug. »Und die paar läppischen Kröten auf meinem Bankkonto«, murmelte er und drehte sich auf die Seite. Andererseits stand er vor einer neuen Herausforderung, einer Weggabelung in seinem Leben.
    Mit diesem Gedanken schlief er ein.
    Hätte Christopher Weber geahnt, in welchen tödlichen Strudel er in den nächsten Tagen geraten würde, dann wäre er von einem Alptraum in den nächsten gefallen.
    Oder er wäre schreiend davongerannt.

16. November 1917,
Hotel Les Trois Rois, Basel/Schweiz
    Samuel Kronstein saß im fast leeren Speisesaal des Trois Rois bei einem hervorragenden Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft und duftenden Croissants, das man schon fast opulent nennen konnte. Vor ihm lagen die neuesten Tageszeitungen aus Deutschland und der Schweiz auf einer

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