Falsch
ihn Kronstein. »Frühstücken Sie in Ruhe fertig, dann lassen Sie uns zur Bank gehen und die Steine in ein sicheres Depot bringen.«
Die Bank La Roche & Co. war die älteste Privatbank in Basel und besaß seit jeher einen ausgezeichneten Ruf, der nach und nach weit über die Grenzen der Schweiz gedrungen war. Das historische Haus »Zur hohen Sonne« unweit des Basler Münsters in der Rittergasse 25 war eine der ersten Adressen, wenn es um diskrete und effiziente Bankgeschäfte ging. Der Schneefall hatte aufgehört, und so hatten Kronstein und Solowjov beschlossen, den Weg durch die Innenstadt zur Bank zu Fuß zurückzulegen.
»Es ist noch gar nicht lange her, da wurde Benedikt La Roche erster Generaldirektor der Eidgenössischen Post«, erzählte der alte Juwelier, als er sich bei Solowjov unterhakte. »Er beteiligte sich auch aktiv an der Finanzierung der Schweizer Eisenbahn, die ihm ein großes Anliegen war. Was die bekannt guten internationalen Beziehungen der Bank betrifft, so sind sie recht früh bis an den Zarenhof vorgedrungen.«
Es war sonnig, aber kalt, und der Atem stand in weißen Wolken in der Morgenluft. Das Pflaster der alten Gassen war vielerorts nach wie vor schneebedeckt und trügerisch glatt. Kronstein vermisste seinen Stock schmerzlich. Das war auch der Grund, warum er vor einer schmalen, goldverzierten Ladenfassade anhielt. In den beiden nur sparsam bestückten Schaufenstern lagen neben Herrenhüten, Handschuhen und Schals auch Spazierstöcke mit den verschiedensten Griffen.
»Sie verzeihen den kurzen Halt, aber ich fühle mich mit Stock bei diesem Wetter doch eindeutig sicherer«, nickte Kronstein und betrat, gefolgt von Solowjov, das Geschäft, in dem es nach feinem Tuch und einem etwas extravaganten Rasierwasser roch.
Zwanzig Minuten später hatte sich Kronstein für einen Ebenholzstock mit silbernem Griff entschieden, der einen Greif darstellte. »Wir lassen Ihre Initialen selbstverständlich kostenlos für Sie eingravieren, Exzellenz«, betonte der Verkäufer, nachdem er die Geldscheine in der Kasse deponiert und sich verneigt hatte. »Wenn Sie mir vielleicht Ihre Visitenkarte …?«
Kronstein nickte. »Ich wohne im Trois Rois, Suite 265. Wie lange wird es dauern?«
»Ich lasse Ihnen den Stock noch heute Abend durch einen Boten zustellen, Exzellenz«, antwortete der Verkäufer und warf verstohlen einen Blick auf die Karte. Dann notierte er die Nummer der Suite auf der Rückseite und lächelte. »Sie werden mit unserer Arbeit zufrieden sein. Viele Prominente, ja selbst gekrönte Häupter wie …«
Kronstein unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Ich schätze Diskretion über alles, selbst wenn es nur um Kleinigkeiten geht. Ich will nicht wissen und ich will nicht, dass man weiß.«
Der Verkäufer verneigte sich noch tiefer. »Selbstverständlich, Exzellenz, selbstverständlich. Ich hoffe, Sie beehren uns bald wieder.«
Als Kronstein und sein Begleiter den kleinen Laden verlassen hatten, verschwand der Verkäufer kurz hinter einem schweren Samtvorhang, gab einige Anweisungen an seinen Gehilfen und tauchte wenige Augenblicke mit Hut und Mantel bekleidet wieder auf, die Visitenkarte Kronsteins in der Hand. Er warf einen kurzen Blick darauf, dann steckte er sie ein, öffnete die Tür, blickte sich rasch um und eilte über die verschneite Straße davon.
Pjotr Solowjov saß in einem etwas altmodisch eingerichteten Raum mit verblasster Textiltapete, einer unbequemen Sitzgarnitur aus braunem Leder mit Messingknöpfen an der Vorderseite und wartete. Zwei Porträts mit ernsten, würdevoll blickenden Männergesichtern hingen links und rechts der doppelflügeligen, gepolsterten Eingangstür. Zwei Stehlampen versuchten vergeblich, der Kälte zum Trotz eine anheimelnde Atmosphäre zu verbreiten. Aber die Eisblumen auf den Fensterscheiben hatten längst den Kampf gegen den zu klein dimensionierten Ofen gewonnen, der nur in einem gering bemessenen Umkreis etwas Wärme abstrahlte.
Solowjov spürte die Kälte an seinen Beinen hochsteigen, stand auf und rieb sich die Hände. Dann stellte er sich vor den kleinen Ofen und hoffte, dass Kronstein bald fertig sein würde. Der alte Juwelier hatte sich für ein mittelgroßes Schließfach sowie ein Konto bei »La Roche & Co.« entschieden, die dazu notwendigen Verträge unterzeichnet, hatte Solowjov bedeutet zu warten und war dann mit einem der Direktoren im Souterrain verschwunden.
Gerade als der junge Russe fröstelnd überlegte, dass man in Basel
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