Falsch
zweitens setzt damit auch kein Neugieriger einen Fuß in die Albatross«, meinte Sanzarra, der sich ächzend hinter das Lenkrad klemmte und losfuhr.
Fiona lächelte anerkennend. »Perfekt organisiert, ich bin beeindruckt. Was machen wir aber, wenn es der falsche Gruber ist?«
»Man sollte nicht gleich das Schlimmste annehmen«, wehrte Sanzarra ab, »aber darüber können wir uns noch immer den Kopf zerbrechen, wenn es so weit ist. Ich muss euch übrigens gleich vorweg enttäuschen. Ich habe bei meiner Recherche drei Grubers gefunden, die sich nach dem Krieg in Bogotá niedergelassen haben. Alle drei sind bereits lange tot. Einer starb kinderlos, der andere hatte zwei Töchter, von denen eine noch in der Stadt ist, und einer hatte einen Sohn, der seine Firma übernommen hat. Bei dem fangen wir an. Sein Unternehmen ist eine Frachtagentur, heißt IFAG und hat ihr Büro im Block B des Frachtgebäudes von El Dorado.«
»Du meinst, er arbeitet hier am Flughafen?«, erkundigte sich Finch überrascht.
Sanzarra nickte. »Das macht es einfach«, bestätigte er. »Ich habe den Namen bereits ein paarmal gelesen, aber ich hatte mit der Agentur bisher nie etwas zu tun. Eines der alteingesessenen Unternehmen, seriös und verlässlich, keine Glücksritter, nie Drogen. Die Frachtpapiere der IFAG stimmen immer, was du in Kolumbien als Seltenheit einstufen kannst.«
Durch ein gesichertes Tor mit Doppelschranke und bewaffneten Wachen verließen sie das Vorfeld und bogen auf einer breiten Straße in Richtung Bogotá ein. Der Polizist hatte die Blaulichter ausgeschaltet und folgte den Wegweisern zum Frachtterminal, dessen langgestreckte Gebäude an einer Seite des Flughafens entlang der nationalen Landebahn lagen.
An der Schranke der Security-Kontrolle angekommen, hielt Sanzarra an. Einer der Sicherheitsbeamten schaute kurz auf, nickte und öffnete angesichts des Polizeifahrzeugs den Schlagbaum, doch Sanzarra winkte ihn zu sich.
»Buenos Tardes!« , grüßte der Uniformierte und beugte sich zum Seitenfenster. »Was verschafft uns die Ehre, Miguel?«
»Kannst du nachsehen, ob Georg Gruber noch in seiner Firma ist?«, ersuchte ihn Sanzarra. »Ich möchte nicht umsonst bis unters Dach steigen. Der Lift ist sicher wieder einmal außer Betrieb.«
»Das hält fit und geschmeidig«, erwiderte der Uniformierte nach einem Blick auf Sanzarras Bauch trocken, kontrollierte rasch seine Liste und nickte dann. »Du hast Glück, er sollte noch da sein«, bestätigte er, »ich habe ihn noch nicht ausgetragen. Kann aber nicht mehr lange dauern, wenn du mich fragst. Normalerweise fährt er jeden Tag spätestens um diese Zeit nach Hause. Du kennst den Weg?«
Sanzarra nickte. »Sollten wir ihn aus irgendeinem Grund verfehlen, dann halte ihn auf und ruf mich an.«
»Etwas Ernstes?«, erkundigte sich der Uniformierte wie nebenbei.
»Ach wo«, winkte Sanzarra ab. »Ich habe hier Besuch für ihn und möchte den beiden den Weg in die Stadt ersparen.«
»Alles klar«, antwortete der Sicherheitsbeamte grinsend. »Sollte dir ein rauchender, schnaufender Pick-up entgegenkommen, der mehr Rost als rot ist, dann halt ihn auf. Es ist Gruber …« Damit winkte er sie durch.
Doch der Einzige, der schnaufte, war Sanzarra, als er die Treppen in Block B bis unters Dach gestiegen war. Er schnappte nach Luft wie der Weihnachtskarpfen auf dem Trockenen und ließ ermattet seine Faust einfach gegen die weiße Holztür mit der Aufschrift » IFAG « fallen. Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, trat er ein.
»Wir haben bereits geschlossen!«, rief eine der beiden Sekretärinnen, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.
»Ich bin auch gar nicht hier«, schnaufte Sanzarra ungerührt, blickte in die Runde und sah die Tür im Hintergrund. »Geht’s da hinein zu Ihrem Chef?«
Die beiden Schwestern sahen alarmiert hoch. Der Polizist zog seinen Ausweis aus der Tasche seines Hawaii-Hemds und hielt ihn so, dass beide Frauen ihn sehen konnten.
»Feierabend«, verkündete er. »Auf Sie wartet bestimmt jemand zu Hause, also verspäten Sie sich nicht! Auf Wiedersehen!« Er hielt die Tür zum Gang auf und sah die beiden auffordernd an. Murmelnd und grummelnd räumten die beiden Frauen ihre Arbeitsplätze, packten ihre Handtaschen und warfen Sanzarra böse Blicke zu. Dann verschwanden sie aus dem Büro.
Der Polizist sah ihnen kurz nach, schloss die Tür und drehte den Schlüssel um. »Jetzt sind wir ungestört«, stellte er fest und machte eine einladende Bewegung in Richtung Chefbüro.
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